Chrisam-Messe am Gründonnerstag im Petersdom

Der Geist des Herrn steht am Ursprung unseres Dienstes

 Der Geist des Herrn steht am Ursprung unseres Dienstes  TED-016
21. April 2023

»Der Geist des Herrn ruht auf mir« (Lk 4,18): Mit diesem Vers begann die Verkündigung Jesu, und mit demselben Vers begann das Wort Gottes, das wir heute gehört haben (vgl. Jes 61,1). Am Anfang steht also der Geist des Herrn.

Und über ihn möchte ich heute mit euch nachdenken, liebe Mitbrüder, über den Geist des Herrn. Denn ohne den Geist des Herrn gibt es kein christliches Leben, und ohne seine Salbung gibt es keine Heiligkeit. Er ist der Hauptakteur, und es ist schön, heute, am Tag der Einsetzung des Priestertums, zu erkennen, dass er am Ursprung unseres Dienstes steht, am Ursprung des Lebens und der Lebendigkeit eines jeden Hirten. Tatsächlich lehrt uns die Heilige Mutter Kirche zu bekennen, dass der Heilige Geist »lebendig macht«1, wie Jesus sagte: »Der Geist ist es, der lebendig macht« (Joh 6,63); eine Lehre, die vom Apostel Paulus aufgegriffen wurde, der schrieb: »der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig« (2 Kor 3,6), und der vom »Gesetz des Geistes und des Lebens in Christus Jesus« (Röm 8,2) sprach. Ohne ihn wäre die Kirche auch nicht die lebendige Braut Christi, sondern allenfalls eine mehr oder weniger gute religiöse Organisation; sie wäre nicht der Leib Christi, sondern ein von Menschenhand errichteter Tempel. Wie also kann die Kirche aufgebaut werden, wenn nicht ausgehend von dem Umstand, dass wir »Tempel des Heiligen Geistes« sind, der »in uns wohnt« (vgl. 1 Kor 6,19; 3,16)? Wir können ihn nicht außen vor lassen oder ihn in irgendeiner Andachtszone parken, nein, er gehört ins Zentrum! Wir müssen jeden Tag sagen: »Komm, denn ohne dein Wirken kann im Menschen nichts bestehen.«2

Der Geist des Herrn ruht auf mir. Jeder von uns kann dies sagen; das ist keine Anmaßung, es ist wirklich so, denn jeder Christ, insbesondere jeder Priester, kann sich die folgenden Worte zu eigen machen: »Denn der Herr hat mich gesalbt« (Jes 61,1). Liebe Brüder, ohne Verdienst, aus reiner Gnade haben wir eine Salbung empfangen, die uns zu Vätern und Hirten in Gottes heiligem Volk gemacht hat. Bleiben wir also bei diesem Aspekt des Geistes: der Salbung.

Nach der ersten »Salbung«, die im Schoß Marias erfolgte, kam der Geist am Jordan auf Jesus herab. Danach wurde, so sagt der heilige Basilius, »jede Handlung [Christi] mit der gleichzeitigen Anwesenheit des Heiligen Geis-tes vollzogen«3. In der Tat hat er in der Kraft jener Salbung gepredigt und Zeichen gewirkt, durch sie »ging eine Kraft von ihm aus, die alle heilte« (Lk 6,19). Jesus und der Geist wirken immer zusammen, so dass sie wie die beiden Hände des Vaters sind4 – Irenäus sagt das –, die sich uns entgegenstrecken, uns umarmen und aufrichten. Und durch sie sind unsere Hände gezeichnet, die vom Geist Christi gesalbt sind. Ja, liebe Brüder, der Herr hat uns nicht nur auserwählt und auf die ein oder andere Weise gerufen: Er hat in uns die Salbung seines Geistes eingegossen, desselben Geistes, der auf die Apostel herabkam. Brüder, wir sind Gesalbte.

Schauen wir also auf sie, auf die Apostel. Jesus hat sie erwählt, und auf seinen Ruf hin verließen sie ihre Boote, ihre Netze, ihre Häuser und so weiter... Die Salbung durch das Wort hat ihr Leben verändert. Mit Begeis-terung folgten sie dem Meister und begannen zu predigen, in der Überzeugung, dass sie später noch größere Dinge vollbringen würden; bis dann die österlichen Tage kamen. Da schien alles zu enden: Sie gingen so weit, den Meister zu verleugnen und zu verlassen. Wir brauchen keine Angst zu haben. Lasst uns mutig auf unser eigenes Leben und unsere Fehler schauen. Sie gingen soweit, dass sie ihren Meister verleugneten und im Stich ließen, Petrus der erste. Sie wurden sich ihrer Unzulänglichkeit bewusst und erkannten, dass sie ihn nicht verstanden hatten: Das »Ich kenne diesen Menschen nicht« (Mk 14,71), das Petrus nach dem letzten Abendmahl im Hof des Hohepriesters aussprach, ist nicht nur eine impulsive Verteidigung, sondern ein Eingeständnis geistlicher Unwissenheit: Er und die anderen hatten sich vielleicht ein erfolgreiches Leben im Gefolge eines Messias erwartet, der Menschenmengen anzog und Wunder vollbrachte, aber sie sahen den Skandal des Kreuzes nicht ein, der ihre Gewissheiten erschütterte. Jesus wusste, dass sie es nicht allein schaffen würden, und deshalb versprach er ihnen den Beistand des Heiligen Geistes. Und es war genau jene »zweite Salbung« zu Pfingsten, die die Jünger verwandelte und sie dazu brachte, die Herde Gottes zu hüten und nicht mehr sich selbst. Und das ist der Widerspruch, den es aufzulösen gilt: Bin ich Hirte des Volkes Gottes oder meiner selbst? Und da ist der Geist, der mich den Weg lehrt. Es war jene Salbung mit Feuer, die ihre auf sich selbst und ihre eigenen Fähigkeiten konzentrierte Religiosität auslöschte: Nachdem er den Geist empfangen hatte, verflüchtigen sich die Ängstlichkeit und die Wankelmütigkeit des Petrus; Jakobus und Johannes, die vor Sehnsucht brennen, ihr Leben hinzugeben, hören auf, nach Ehrenplätzen zu streben (vgl. Mk 10,35—45), unser Karrierestreben, Brüder; die anderen bleiben nicht mehr eingeschlossen und ängstlich im Abendmahlssaal, sondern gehen hinaus und werden Apostel in der Welt. Es ist der Geist, der unser Herz verwandelt, der es auf jene andere, neue Ebene bringt.

Brüder, einen ähnlichen Verlauf nimmt unser priesterliches und apostolisches Leben. Auch für uns gab es eine erste Salbung, die mit einem Ruf der Liebe begann, der unser Herz erobert hat. Seinetwegen haben wir die Anker gelichtet und auf diese echte Begeisterung kam die Kraft des Geistes herab, die uns weihte. Danach kommt nach Gottes Zeitplan für einen jeden die österliche Phase, die den Augenblick der Wahrheit darstellt. Und das ist ein Moment der Krise, der verschiedene Formen annimmt. Alle erleben früher oder später Enttäuschungen, Mühen, Schwächen angesichts des Ideals, das sich unter den Anforderungen der Wirklichkeit abzunutzen scheint, ein gewisser Alltagstrott macht sich breit, und bestimmte Prüfungen, die man sich vorher nur schwer vorstellen konnte, lassen die Treue schwieriger erscheinen als in früheren Zeiten. Diese Phase – dieser Versuchung, dieser Prüfung, die wir alle hatten, haben und haben werden –, diese Phase stellt für diejenigen, die die Salbung erhalten haben, einen entscheidenden Grat dar. Man kann ihn auf eine schlechte Weise verlassen, in eine gewisse Mittelmäßigkeit abgleiten und sich müde in einer »Normalität« fortschleppen, in die sich drei gefährliche Versuchungen einschleichen können: die des Kompromisses, wobei man sich mit dem begnügt, was man tun kann; die der Surrogate, bei der man versucht, mit etwas anderem als mit unserer Salbung »aufzutanken«; die der Entmutigung – sie ist die am meisten verbreitete –, bei der man unzufrieden aus reiner Gewohnheit weitermacht. Und hier liegt die große Gefahr: Während der Schein gewahrt bleibt – »Ich bin Priester« –, verkrümmt man sich in sich selbst und schlägt sich lustlos durchs Leben; der Duft der Salbung verleiht dem Leben keinen Wohlgeruch mehr; und das Herz weitet sich nicht, sondern verengt sich eingewickelt in Ernüchterung. Das ist ein Destillationsprozess, verstehst du? Wenn das Priestertum langsam in den Klerikalismus abgleitet und der Priester vergisst, dass er ein Hirte des Volkes ist, um ein Staatskleriker zu werden.

Aber diese Krise kann auch zum Wendepunkt des Priesterlebens werden, zur »entscheidenden Etappe des geistlichen Lebens, in der die endgültige Wahl getroffen werden muss zwischen Jesus und der Welt, zwischen dem Heldenhaften der Nächstenliebe und der Mittelmäßigkeit, zwischen dem Kreuz und einem gewissen Wohlbefinden, zwischen der Heiligkeit und einer braven Treue zum religiösen Engagement«5. Am Ende dieser Feier werden sie euch einen Klassiker als Geschenk überreichen, ein Buch, das sich mit diesem Problem befasst: »Die zweite Berufung«, es ist ein Klassiker von Pater Voillaume, der dieses Problem anspricht, lest es. Wir alle müssen über diesen Aspekt unseres Priestertums nachdenken. Es ist der segensreiche Moment, in dem wir wie die Jünger an Ostern aufgerufen sind, »demütig genug zu sein, um zu bekennen, dass wir von dem erniedrigten und gekreuzigten Chris-tus besiegt worden sind, und bereitwillig einen neuen Weg zu beginnen, den des Geistes, des Glaubens und einer starken Liebe ohne Illusionen«6. Es ist der Kairos, in dem wir wie die Jünger an Ostern entdecken, dass »das Ganze sich nicht darauf beschränkt, das Boot und die Netze zu verlassen, um Jesus eine gewisse Zeit nachzufolgen, sondern es erfordert, dass wir den ganzen Weg nach Golgota gehen und die Lehre und Frucht dieses Ereignisses annehmen und mit Hilfe des Heiligen Geistes bis zum Ende eines Lebens gehen, das in der Vollkommenheit der göttlichen Liebe enden muss«7. Mit der Hilfe des Heiligen Geistes: Es ist für uns, wie damals für die Apostel, die Zeit einer »zweiten Salbung«, die Zeit eines zweiten Rufes, auf den wir hören müssen, einer zweiten Salbung, bei der wir den Geist nicht in die Begeisterung unserer Träume, sondern in die Zerbrechlichkeit unserer Wirklichkeit hinein empfangen. Es ist eine Salbung, die tief im Innern Wahrheit bringt, so dass der Geist unsere Schwächen, unsere Mühen und unsere innere Armut salben kann. Dann duftet die Salbung von neuem: nach ihm, nicht nach uns. In diesem Moment denke ich in meinem Inneren an einige von euch, die sich in einer Krise befinden – sagen wir mal – die orientierungslos sind und nicht wissen, wie sie in dieser zweiten Salbung des Geistes den Weg wiederaufnehmen können. Diesen Brüdern – ich habe sie vor mir – sage ich einfach: Habt Mut, der Herr ist größer als deine Schwächen, als deine Sünden. Vertraue dich dem Herrn an und lass dich von ihm ein zweites Mal rufen, diesmal mit der Salbung des Heiligen Geis-tes. Das Doppelleben wird dir nicht helfen; auch nicht, alles aus dem Fenster zu werfen. Schau nach vorne, lass dich von der Salbung des Heiligen Geistes umschmeicheln.

Und der Weg zu diesem Schritt der Reifung ist das Eingeständnis der eigenen Schwachheit. Dazu ermahnt uns »der Geist der Wahrheit« (Joh 16,13), der uns dazu bewegt, tief in uns zu gehen und uns zu fragen: Hängt meine Verwirklichung davon ab, wie gut ich bin, von der Aufgabe, die ich erhalte, von den Komplimenten, die ich bekomme, von der Karriere, die ich mache, von den Vorgesetzten oder Mitarbeitern, die ich habe, von den Annehmlichkeiten, die ich mir sichern kann, oder von der Salbung, die mein Leben mit Wohlgeruch erfüllt? Brüder, zur priesterlichen Reife gelangt man durch den Heiligen Geist, sie vollzieht sich, wenn er der Hauptakteur unseres Lebens wird. Dann erscheint alles in einer neuen Perspektive, auch die Enttäuschungen und die Bitterkeit – auch die Sünden –, denn es geht nicht mehr darum, sich besser zu fühlen, indem man etwas in Ordnung bringt, sondern darum, sich vorbehaltlos demjenigen zu
übereignen, der uns mit seiner Salbung durchtränkt hat und bis ins Innerste zu uns herabkommen will. Dann Brüder, entdecken wir neu, dass das geistliche Leben nicht dann frei und freudig wird, wenn man Formen wahrt und einen Flicken aufnäht, sondern wenn man dem Geist die Initiative überlässt und wir im Vertrauen auf seine Pläne bereit sind zu dienen, wo und wie es von uns verlangt wird: Unser Priestertum wächst nicht durch Flickarbeit, sondern durch Überfließen!

Wenn wir den Geist der Wahrheit in uns wirken lassen, werden wir die Salbung bewahren – die Salbung bewahren –, denn die Unwahrheiten – die klerikalen Heucheleien – die Falschheiten, mit denen wir zu leben versucht sind, werden schnell ans Licht kommen. Und der Geist, der »wäscht, was befleckt ist«, wird uns unermüdlich drängen, »die Salbung nicht zu beflecken«, nicht einmal ein wenig. Da kommt einem der Satz von Kohelet in den Sinn, der sagt: »Sterbende Fliegen – da stinkt und gärt sogar das duftende Öl für die Schönheitspflege« (10,1). Es stimmt, dass jede Unlauterkeit – die klerikale Unlauterkeit, bitte – jede Unlauterkeit, die sich einschleicht, gefährlich ist: Sie darf nicht geduldet werden, sondern muss ans Licht des Geistes gebracht werden. Denn auch wenn es stimmt, dass das Herz »arglistig ohnegleichen ist […] und unverbesserlich« (Jer 17,9), so heilt uns doch der Heilige Geist, und nur er allein, von der Untreue (vgl. Hos 14,5). Das ist für uns ein unvermeidlicher Kampf. Es ist in der Tat unverzichtbar, wie der heilige Gregor der Große schrieb, dass »derjenige, der das Wort Gottes verkündet, sich zuerst seinem eigenen Lebenswandel widmet, damit er dann aus seinem eigenen Leben lernt, was und wie er es sagen soll. […] Niemand soll sich anmaßen, nach außen hin etwas zu sagen, was er nicht zuvor im Innern gehört hat«8. Und es ist der Geist, der der innere Lehrmeister ist, auf den wir hören müssen, im Wissen darüber, dass es nichts an uns gibt, was er nicht salben möchte. Brüder, lasst uns die Salbung bewahren: die Anrufung des Heiligen Geistes möge nicht eine gelegentliche Übung sein, sondern der Atem eines jeden Tages. Komm, komm, bewahre die Salbung. Ich als von ihm Gesalbter bin aufgerufen, mich in ihn zu versenken, sein Licht in die undurchsichtigen Bereiche meines Lebens – davon haben wir viele – eindringen zu lassen, um wiederzuentdecken was ich in Wahrheit bin. Lassen wir uns von ihm dazu bewegen, das Unaufrichtige zu bekämpfen, das sich in uns regt, und lassen wir uns von ihm in der Anbetung erneuern, denn wenn wir den Herrn anbeten, gießt er seinen Geist in unsere Herzen ein.

»Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir. Denn der Herr hat mich gesalbt; er hat mich gesandt«, so heißt es in der Prophetie weiter, und er hat mich gesandt, die Frohbotschaft, Befreiung, Heilung und Gnade zu bringen (vgl. Jes 61,1-2; Lk 4,18-19): mit einem Wort, Harmonie zu bringen, wo keine ist. Denn, wie der heilige Basilius sagt: »Der Geist ist Harmonie«, er ist es, der Harmonie schafft. Nachdem ich zu euch von der Salbung gesprochen habe, möchte ich nun etwas über die Harmonie sagen, die ihre Folge ist. Der Heilige Geist ist nämlich Harmonie. Zunächst im Himmel: Der heilige Basilius erklärt, dass »es unmöglich ist, dass all die überirdische und unaussprechliche Harmonie im Dienst Gottes und im wechselseitigen Zusammenklingen der überirdischen Mächte erhalten wird, wenn nicht durch die Autorität des Geistes«9. Und dann auf der Erde: In der Kirche ist er in der Tat jene »göttliche und musikalische Harmonie«10, die alles miteinander verbindet. Aber stellt euch einen Priester vor ohne Harmonie, ohne den Geist: das funktioniert nicht. Er erweckt die Vielfalt der Charismen und fügt sie zu einer Einheit zusammen, er schafft eine Eintracht, die nicht auf Vereinheitlichung beruht, sondern auf der Kreativität der Nächstenliebe. So schafft er Harmonie unter den Vielen. So schafft er Harmonie in einem Priester. In den Jahren des Zweiten Vatikanischen Konzils, das ein Geschenk des Geistes gewesen ist, veröffentlichte ein Theologe ein Werk, in dem er vom Heiligen Geist nicht in einem individuellen, sondern in einem pluralen Sinn sprach. Er lud ein, ihn als eine göttliche Person zu betrachten, die nicht so sehr in der Einzahl, sondern in der »Mehrzahl« ist, als das »Wir Gottes«, das Wir des Vaters und des Sohnes, denn er ist ihre Verbindung, er ist in sich selbst Eintracht, Gemeinschaft, Harmonie11. Ich erinnere mich, als ich diese theologische Abhandlung las – es war während des Theologiestudiums –, war ich empört: Es schien mir wie eine Häresie, denn in unserer Ausbildung verstand man nicht wirklich, was es mit dem Heiligen Geist auf sich hat.

Was er will, ist Harmonie zu schaffen, besonders durch diejenigen, in die er seine Salbung eingegossen hat. Brüder, Harmonie unter uns zu schaffen ist nicht so sehr eine gute Methode zur Verbesserung des kirchlichen Gefüges, es geht auch nicht um einen Gesellschaftstanz, es ist keine Frage der Strategie oder der Höflichkeit: Es ist eine innere Notwendigkeit im Leben des Geistes. Man versündigt sich gegen den Geist, der Gemeinschaft ist, wenn man auch nur leichtfertig zu einem Werkzeug der Spaltung wird, zum Beispiel – und wir kommen wieder zum demselben Thema zurück – das Gerede. Wenn wir zu Werkzeugen der Spaltung werden, sündigen wir gegen den Geist. Und man betreibt damit das Spiel des Feindes, der nicht in die Öffentlichkeit tritt und Gerüchte und Unterstellungen liebt, der Parteienbildungen und Seilschaften fördert und die Sehnsucht nach der Vergangenheit sowie Entmutigung, Pessimismus und Angst nährt. Lasst uns bitte darauf bedacht sein, die Salbung des Geistes und das Gewand der Heiligen Mutter Kirche nicht mit Uneinigkeit, Polarisierungen oder mit fehlender Nächstenliebe und Gemeinschaft zu beschmutzen. Erinnern wir uns daran, dass der Geist, das »Wir Gottes«, die gemeinschaftliche Form bevorzugt: also die Hilfsbereitschaft gegen-über den eigenen Bedürfnissen, den Gehorsam gegenüber den eigenen Vorlieben, die Demut gegenüber den eigenen Ansprüchen.

Die Harmonie ist nicht eine Tugend unter anderen, sie ist mehr. Der heilige Gregor der Große schreibt: »Wie viel die Tugend der Eintracht wert ist, zeigt der Umstand, dass ohne sie alle anderen Tugenden überhaupt nichts wert sind.«12 Helfen wir uns gegenseitig, liebe Brüder, die Harmonie zu bewahren, die Harmonie zu wahren – das wäre die Aufgabe –, indem wir nicht bei den anderen anfangen, sondern ein jeder bei sich selbst, und wir uns fragen: Tragen meine Worte, meine Äußerungen, das, was ich sage und schreibe, das Mal des Geistes oder das der Welt? Ich denke auch an die Liebenswürdigkeit des Priesters – aber oft sind die Priester, wir … sind ungezogen –: denken wir an die Liebenswürdigkeit des Priesters, wenn die Menschen auch in uns nur unerfüllte Menschen, unzufriedene Menschen finden, Junggesellen, die kritisieren und mit dem Finger auf andere zeigen, wo werden sie dann Harmonie erleben? Wie viele kommen nicht zu uns oder wenden sich ab, weil sie sich in der Kirche nicht angenommen und geliebt, sondern misstrauisch beäugt und verurteilt fühlen! Seien wir in Gottes Namen gastfreundlich und vergeben wir, immer! Und denken wir daran, dass eine abweisende und jammernde Art nicht nur nichts Gutes bewirkt, sondern auch der Verkündigung schadet, weil sie das Gegenteil eines Zeugnisses für Gott darstellt, der Gemeinschaft und Harmonie ist. Das missfällt vor allem dem Heiligen Geist sehr, den wir gemäß der Ermahnung des Apostels Paulus nicht betrüben sollen (vgl. Eph 4,30).

Brüder, ich überlasse euch diese Gedanken, die aus dem Herzen kamen, und schließe mit einem einfachen und wichtigen Wort an euch: Danke. Danke für euer Zeugnis, danke für euren Dienst; danke für das viele verborgene Gute, das ihr tut, danke für die Vergebung und den Trost, den ihr im Namen Gottes spendet: immer vergeben, bitte, nie die Vergebung verweigern; danke für euren Dienst, der oft mit viel Mühe einhergeht und häufig nicht verstanden wird und wenig Anerkennung findet. Brüder, möge euch der Geist Gottes, der diejenigen, die auf ihn vertrauen, nicht enttäuscht, mit Frieden erfüllen und das vollenden, was er in euch begonnen hat, damit ihr Propheten seiner Salbung und Apostel der Harmonie seid.

Fußnoten

1 Großes Glaubensbekenntnis.

2 Vgl. Pfingstsequenz.

3 Über den Heiligen Geist 16,39.

4 Vgl. Irenäus von Lyon, Gegen die Häresien IV,20,1.

5 R. Voillaume, »La seconda chiamata«, in S. Stevan (Hrsg.), La Seconda chiamata. Il coraggio della fragilità, Bologna 2018,
S. 15.

6 Ebd., 24.

7 Ebd., 16.

8 Homilien zu Ezechiel I, X, 13-14.

9Über den Heiligen Geist XVI, 38.

10 Homilien über die Psalmen 29,1.

11 Vgl. H. Mühlen, Der Heilige Geist als Person. Ich – Du – Wir, Münster 1963.

12 Homilien zu Ezechiel I,VIII,8.