Heiliger Stuhl revidiert die »Doktrin von der Entdeckung Amerikas«

Größeres Bewusstsein für früheres und heutiges Leid

Pope Francis is welcomed after arriving at Edmonton International Airport, near Edmonton, Alberta, ...
07. April 2023

Vatikanstadt. In einem am Donnerstag, 30. März, veröffentlichten Dokument hat sich der Heilige Stuhl von der historischen Idee der Entdeckung Amerikas durch die Europäer distanziert. In der gemeinsamen Erklärung des Dikasteriums für die Kultur und die Bildung und des Dikasteriums für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen heißt es, dass die »Entdeckungs-Doktrin« nicht Teil der Lehre der katholischen Kirche sei.

Die entsprechenden päpstlichen Schreiben aus dem 15. Jahrhundert seien »nie als Ausdruck des katholischen Glaubens« angesehen worden. Die katholische Kirche erkenne an, dass diese sogenannten Bullen nicht angemessen die Rechte und die Würde der indigenen Völker widergegeben hätten. Zugleich betont die Erklärung, dass mehrere Päpste, Bischöfe und Ordensleute schon damals für die Rechte der indigenen Bevölkerung eingetreten seien. Dies sei auch heute die Position der Kirche.

In den letzten Jahren habe sich der Kontakt der Kirche mit Indigenen deutlich intensiviert. Dank ihrer Hilfe habe »die Kirche ein größeres Bewusstsein für deren früheres und heutiges Leid erlangt, das auf die Enteignung ihrer Ländereien … und auf die von den damaligen Regierungsbehörden geförderte Politik der Zwangsassimilierung zurückzuführen ist, die darauf abzielte, ihre Kulturen zu vernichten«, so die gemeinsame Erklärung zur »Doktrin der Entdeckung«.

Die Entdeckungs-Doktrin, die nie ausdrücklich als kirchliche Lehre formuliert, aber weithin als gültig angenommen wurde, ging von der Idee aus, dass Amerika im 15. Jahrhundert von den Europäern entdeckt worden sei. Daher wurde auch die Aufteilung der »Neuen Welt« unter den Kolonialmächten England, Frankreich, Spanien und Portugal als rechtmäßig angesehen und mit päpstlichen Schreiben beglaubigt. Eine Folge war die kulturelle Unterdrückung der indigenen Völker, die bis ins 20. Jahrhundert andauerte.

Die katholischen Bischofskonferenzen Kanadas und der USA begrüßten die gemeinsame Erklärung in schriftlichen Stellungnahmen und kündigten weitere wissenschaftliche Studien zu dem Thema an.

Beim letzten Papstbesuch in Kanada im Juli 2022 (siehe Foto) hatten Indigene vom Papst eine Abkehr von der »Entdeckungs-Doktrin« (»Doctrine of Discovery«) gefordert. Diese habe zur Enteignung und Unterdrückung der amerikanischen Ureinwohner durch die Kolonialmächte beigetragen.