Normen zur Bekämpfung von Missbrauch bestätigt

31. März 2023

Vatikanstadt. Papst Franziskus hat das vor drei Jahren »ad experimentum« approbierte Motu proprio Vos estis lux mundi aktualisiert. Die Vorschriften zur Bekämpfung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche treten am 30. April endgültig in Kraft. In dem am 25. März veröffentlichten aktualisierten Motu proprio wird geregelt, wie im Fall von Missbrauchs-Verdachtsfällen vorzugehen ist, und es klärt auch die Zuständigkeiten im Einzelfall. Die wichtigste Neuerung in der neuen Fassung betrifft den zweiten Teil mit den Bestimmungen über die Verantwortung von Bischöfen, Ordensoberen und Klerikern, die mit der Leitung einer Teilkirche oder einer Prälatur betraut sind. Hinzugefügt wurden nun auch die »Laien«. Die Regeln in der aktualisierten Fassung gelten nun auch für Laien, »die Leiter von internationalen Vereinigungen von Gläubigen sind oder waren, die vom Apostolischen Stuhl anerkannt oder gegründet wurden«. Auch sie machen sich nun strafbar, wenn sie durch »ihre Handlungen oder Unterlassungen die kanonischen und zivilrechtlichen Ermittlungen« gegen mutmaßliche Straftäter behindern oder umgehen. Mit dieser Erweiterung reagiert der Papst auf Verdachtsfälle in den geistlichen Bewegungen, die nicht von Klerikern, sondern von Laien geführt werden.

Zahlreiche weitere Änderungen wurden vorgenommen, um den Text der Miss-brauchsverfahren mit anderen normativen Reformen zu harmonisieren, die seit 2019 eingeführt wurden, insbesondere mit der Überarbeitung des Motu proprio Sacramentorum sanctitatis tutela (2021 geänderte Normen), mit den Änderungen von Buch VI des Codex des kanonischen Rechts (2021) und mit der neuen Konstitution über die Römische Kurie Praedicate Evangelium (2022). Dazu gehört zum Beispiel die Norm in Bezug auf »schutzbedürftige Erwachsene«. Während früher von »sexuellen Handlungen mit einem Minderjährigen oder einer schutzbedürftigen Person« die Rede war, spricht die neue Fassung von »einem Vergehen gegen das sechste Gebot des Dekalogs, das mit einem Minderjährigen oder mit einer Person, die dauerhaft einen unvollkommenen Gebrauch der Vernunft hat, oder mit einem schutzbedürftigen Erwachsenen begangen wird«. »Schutzbedürftiger Erwachsener« wird definiert als »jegliche Person, die sich in einem Zustand der Gebrechlichkeit, der körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung oder des Entzugs der persönlichen Freiheit befindet, die ihre Einsichts- oder Willensfähigkeit oder ihre Fähigkeit, sich der Straftat zu widersetzen, dauerhaft oder vorübergehend faktisch einschränkt«.

Konkretisiert wurden auch die Regelungen zu Anlaufstellen für Betroffene und Personen, die einen mutmaßlichen Missbrauch anzeigen. Bistümer müssen nun leicht zugängliche »Einrichtungen oder Ämter« zur Verfügung stellen. Die Vorgängerversion hatte nur die Einrichtung von dauerhaften »Systemen« gefordert. Zeugen von mutmaßlichem Miss-brauch dürfen gemäß dem neuen Motu proprio nicht zur Verschwiegenheit verpflichtet werden. Diese Regel galt bislang nur für mög-liche Betroffene und derjenigen, die Meldung erstatten. Ebenso wird »der legitime Schutz des guten Rufs und der Privatsphäre aller Beteiligten« gestärkt, sowie die Unschuldsvermutung für Beschuldigte, gegen die noch ermittelt wird.

Die Untersuchungen der gemeldeten Vorfälle müssen vom Bischof oder dem jeweiligen Inhaber der kirchlichen Leitungsgewalt an dem Ort durchgeführt werden, an dem die mutmaßlichen Taten stattgefunden haben. Die 2019 eingeführten Verfahren legten genau fest, wie mit Missbrauchsberichten umzugehen ist, und stellen sicher, dass Bischöfe und Ordensobere – jetzt auch die Laien an der Spitze internationaler Vereinigungen – rechenschaftspflichtig und durch eine allgemein gültige Rechtsvorschrift verpflichtet sind, Missbrauchsfälle zu melden, von denen sie Kenntnis erlangt haben.

Das Dokument umfasst in der ursprünglichen wie in der neuen Fassung nicht nur Missbrauch und Gewalt gegen Kinder und schutzbedürftige Erwachsene, sondern auch sexuelle Gewalt und Belästigung, die aus dem Missbrauch von Autorität resultieren. Das umfasst auch jeden Fall von Gewalt gegen Ordensfrauen durch Kleriker sowie den Missbrauch von volljährigen Seminaristen oder Novizen.

Das aktualisierte Motu proprio Vos estis lux mundi ist Ergebnis einer knapp vierjährigen Erprobungsphase und Beratungen mit Bischöfen und Vatikanbehörden. Der Kinderschutzexperte und Jesuit Hans Zollner be-grüßte das verschärfte Gesetz gegen Miss-brauch in der katholischen Kirche (Siehe das Interview auf Seite 12).