»Ich komme aus der Hölle von Libyen…« Mit gebrochener Stimme und unter Tränen begann Meskerem aus Eritrea über das von ihr Erlebte zu sprechen, musste aber abbrechen. Sie war in Begleitung ihres Mannes und ihrer Tochter gekommen und überreichte dem Papst den Text mit ihrer Leidensgeschichte: Mit 15 Jahren hatte sie gemeinsam mit ihrer älteren Schwester ihre Heimat verlassen. Da diese zum Militärdienst einberufen worden war, habe die Mutter die beiden weggeschickt, um ihr Leben zu retten. Zu Fuß gelangten sie in den Sudan, anschließend mit einem Jeep nach Libyen. Es folgten die dramatischen Erfahrungen in den libyschen Lagern, die etwa zehn Jahre dauerten. Ihre Schwester verschwand eines Tages spurlos. Sie selbst wurde Opfer von Ausbeutung und Gewalt, lernte aber auch ihren zukünftigen Ehemann Suleiman kennen und brachte ein kleines
Mädchen zur Welt, das nun glücklich lächelnd neben ihr stand.
Nach Meskerem erzählte Anna, die aus Aleppo stammt, von ihrer Flucht vor dem Krieg in Syrien im Jahr 2016. Mit ihrem Mann suchte sie bis 2020 Zuflucht im Libanon, als die Explosion im Hafen von Beirut sie erneut obdachlos machte. »Wir machten uns auf die Suche. Wir hörten von den humanitären Korridoren, es klang wie ein Traum für uns: eine Chance, in Frieden und Ruhe zu leben, zu arbeiten und sich in die Gesellschaft einzubringen, eine Chance für Pamela«, ihre Tochter, »ein normales Leben zu führen«.
Nach den beiden Flüchtlingen sprach auch ein Italiener, der auf Initiative seines Schwiegervaters eine syrische Familie bei sich aufgenommen hat. Die humanitären Korridore seien ein großes Geschenk für das oft alt und resigniert wirkende Europa, unterstrich er: »Wir sind hier, um genau das zu bezeugen – und ich glaube, dass meine Worte auch für all jene gelten, die in Italien und Europa Menschen aufgenommen haben: Aus Aufnahme und Integration kann eine kulturell und menschlich bereicherte Gesellschaft entstehen. Eine veränderte Welt.«