Die Unbeschuhten Karmelitinnen verwandeln einen ehemaligen Bauernhof in ein Kloster

»Lebendig ist der Gott, dem wir dienen«

 »Lebendig ist der Gott, dem wir dienen«   TED-011
17. März 2023

»Lebendig ist der Gott, dem wir dienen«: Viele von uns haben oft über diese Worte des Propheten Elija, des großen Inspirators des Karmelitenordens, meditiert. Uns allerdings hat die Zeit des Baus und Umzugs in das neue Kloster die Gelegenheit gegeben, ihre Gültigkeit auf eine unglaubliche Art und Weise zu erleben. Um mit den Worten von Papst Franziskus zu sprechen: Gott hat uns in die »Randgebiete« berufen, in denen wir aber paradoxerweise den Menschen viel näher sind als im Zentrum der Metropole. Wir können jeden Tag wahrnehmen, wie Gott sich um uns kümmert und wie wir – an einem scheinbar »von allen vergessenen« Ort – für das kontemplative Leben Zeugnis geben und auch zur Fülle des Lebens einladen können. Wir möchten euch nun unsere oft »abenteuerliche« Geschichte vorstellen, an der wir noch immer schreiben…

Wir sind eine kontemplative Gemeinschaft Unbeschuhter Karmelitinnen, die in päpstlicher Klausur lebt. Unser Auftrag besteht im Gebet und im Verzicht für die Anliegen der Kirche und das Heil aller Menschen. Unsere Gemeinschaft, der Karmel
St. Josef in Prag (Tschechische Republik), wurde im 17. Jahrhundert von der Dienerin Gottes Mutter Maria Electa a Jesu gegründet; sie stammte aus Terni in Italien und gründete die Klöster in Wien, Graz und Prag.

2005 beschlossen wir, nach einem geeigneteren Ort für unser Leben zu suchen: Unser Kloster in unmittelbarer Nähe zum Prager Schloss verfügte nur über einen winzigen Garten, da der Bau ursprünglich nicht für Klausurschwestern konzipiert worden war; außerdem nahm in diesem Viertel der Lärm ständig zu. Im Jahr 2018 erwarben wir einen alten Bauernhof in Drasty, einem Dorf in der Nähe von Prag, wo wir Anfang 2020 hinzogen. Unser Kloster in Prag überließen wir unseren Brüdern, den Unbeschuhten Karmeliten. So hat die Errichtung eines neuen geistlichen Zentrums in Drasty angefangen, das uns zum Teil als Kloster dienen und zum Teil der Öffentlichkeit zugänglich sein wird.

Das Areal des Bauernhofs, das der Kirche während der kommunistischen Herrschaft konfisziert worden war, wurde erst 25 Jahre nach der »Samtenen Revolution« zurückgegeben. Der Hof war baufällig und viele dachten, er könne nicht mehr renoviert werden. Es war, als hätte jemand beschlossen, den ehemaligen Landwirtschaftsbetrieb in eine Müllhalde zu verwandeln, auf der dann wilde Vegetation wuchs. Nachdem wir für die gesamte Dauer der Umsetzung des Projekts eine Dispens von der päpstlichen Klausur erhalten hatten, fuhren wir, um zu sparen, ab 2018 immer wieder nach Drasty, um die ers-ten Bauarbeiten vorzunehmen. Am Anfang waren es nur wir, aber dann fing der heilige Josef, dem wir uns schon immer jeden Tag anvertraut haben, an, viele großherzige Helfer zu schicken.

Nach jahrelangem Aufenthalt in einem sehr abgeschlossenen Milieu haben wir die Tätigkeit im Freien mit großer Begeisterung wiederaufgenommen. Im Rückblick erkennen wir, dass Gott uns auf wundersame Weise gestärkt hat. In den ersten Monaten bestand unsere Haupttätigkeit darin, den Müll zu sammeln und auf Container zu laden. Darauf folgte die Beseitigung des Unkrauts und der wild gewachsenen Sträucher: Freischneider und Motorsägen spielten dabei eine wesentliche Rolle. Damals lernten ein paar Mitschwestern sogar, einen Traktor bzw. einen Bobcat-Bagger zu fahren.

Beim Umzug haben wir uns bemüht, so viel wie möglich selbst beziehungsweise mit der Hilfe von ehrenamtlichen Helfern zu machen. Und wiederum gab es eine wichtige Intervention des Herrn: Nach allen Vorbereitungsarbeiten konnten wir mit der Hilfe Gottes und großherziger Menschen in nur vierzig Tagen (eine für uns stark symbolträchtige Zahl) nach Drasty umziehen. Nur einmal mussten wir für einige sperrige Möbel eine Umzugsfirma engagieren. Es waren Tage größter und aufreibender Anstrengung, die uns aber geeint und bereichert haben.

Der Hof verändert sich unter unseren Augen noch immer weiter. Nach dem Tätigwerden einer Baufirma steht nun beispielsweise das ehemals verfallene »Verwalterhaus« wieder als Kulturdenkmal da… Was nun »Haus der Heimsuchung« heißt, soll in Zukunft Gäs-te beherbergen und uns befähigen, Einzelpersonen, Familien und Gruppen den Aufenthalt zu ermöglichen – sowohl zur Erholung als auch für diverse spirituelle Angebote. Momentan leben noch wir Nonnen dort, zumindest bis zur Fertigstellung der für das Kloster unerlässlichen Gebäudeteile.

Nach langer Suche zur Auswahl einer Baufirma begann der Klosterbau im Herbst 2021. Der Komplex wird aus dem ehemaligen Kornspeicher und drei neuen Flügeln bestehen, einschließlich einer der heiligen Therese geweihten Kapelle, die auch der Öffentlichkeit zugänglich sein wird. Ende 2022 war der Rohbau des gesamten Vierecks schon fertig; jetzt konzentrieren sich die Arbeiten auf die Innenräume – auch wenn uns die Geldmittel zu ihrer Fertigstellung noch fehlen. Weitere Informationen finden sich auf www.karmeldrasty.eu/de.

Drasty ist zu unserem Zuhause geworden, zu dem Ort, an dem wir viel natürlicher leben können – in Kontakt mit der Natur und in einer neuen Vertrautheit mit dem Schöpfergott, dessen Hilfe und Schutz wir quasi »greifbar« erfahren haben. Wenn das Klos-ter fertig ist, wird diese Umgebung das Gebet noch weiter fördern und zur Fülle des Lebens mit Gott führen. Wir spüren aber auch jetzt schon seine Gegenwart sehr stark, und so geht es auch vielen anderen Leuten… Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, die schon jetzt zu uns kommen und den beschränkten Raum nutzen, den wir ihnen gegenwärtig zur Verfügung stellen können, sprechen oft von dem Frieden und der Freude, die sie hier erleben. Wir hoffen also, dass Drasty künftig Leben auf die gesamte Umgebung wird ausstrahlen können.

#sistersproject

Von Schwester Marie OCD