Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag,
schönen Sonntag!
An diesem Sonntag stellt uns das Evangelium eine der schönsten und faszinierendsten Begegnungen Jesu vor Augen, die Begegnung mit der Samariterin (vgl. Joh 4,5-42). Jesus und seine Jünger machten in der Nähe eines Brunnens in Samarien Rast. Da kommt eine Frau und Jesus sagt zu ihr: »Gib mir zu trinken!« (V. 8). Auf diese Worte möchte ich näher eingehen: Gib mir zu trinken.
Die Szene zeigt uns den durstigen und müden Jesus, den die samaritanische Frau in der heißesten Stunde, zur Mittagszeit, am Brunnen vorfindet und der wie ein Bettler um Erfrischung bittet. Es ist ein Bild für die Erniedrigung Gottes: für die Erlösung entäußert sich Gott in Jesus Christus, er kommt zu uns. In Jesus ist Gott einer von uns geworden, er hat sich erniedrigt. Er ist durstig wie wir, er leidet den gleichen Durst wie wir. Wenn wir diese Szene betrachten, kann jeder von uns sagen: der Herr, der Meister »bittet mich um etwas zu trinken. Er ist durstig wie ich. Er hat meinen Durst. Du bist mir wirklich nahe, Herr! Du bist mit meiner Armut verbunden« – ich kann es nicht glauben! –, »du hast mich von unten geholt, aus meinem tiefsten Inneren, wo mich niemand erreichen kann« (P. Mazzolari, La Samaritana, Bologna 2022, 55-56). Und du bist zu mir gekommen, nach unten, und hast mich von dort geholt, weil du nach mir gedürstet hast und immer noch dürstest. Der Durst Jesu ist in der Tat nicht nur physisch, er drückt die tiefste Sehnsucht nach unserem Leben aus: es ist vor allem ein Durst nach unserer Liebe. Er ist mehr als ein Bettler, er ist ein nach unserer Liebe Dürstender. Und das wird auf dem Höhepunkt der Passion, am Kreuz, deutlich. Dort wird Jesus, bevor er stirbt, sagen: »Mich dürstet« (Joh 19,28). Dieser Durst nach Liebe hat ihn dazu gebracht, hinab zu kommen, sich zu erniedrigen, um einer von uns zu werden.
Doch der Herr, der um etwas zu trinken bittet, ist derjenige, der zu trinken gibt: Bei der Begegnung mit der Samariterin spricht er zu ihr vom lebendigen Wasser des Heiligen Geistes, und vom Kreuz aus strömen Blut und Wasser aus seiner durchbohrten Seite (vgl. Joh 19,34). Jesus, der nach Liebe dürs-tet, stillt unseren Durst durch Liebe. Und er tut mit uns, was er mit der Samariterin tat: Er kommt zu uns in unseren Alltag, er teilt unseren Durst, er verspricht uns das lebendige Wasser, das das ewige Leben in uns fließen lässt (vgl. Joh 4,14).
Gib mir zu trinken. Es gibt noch einen zweiten Aspekt. Diese Worte sind nicht nur die Bitte Jesu an die Samariterin, sondern ein – manchmal stiller – Aufruf, der jeden Tag an uns ergeht und uns auffordert, den Durst der anderen zu stillen. Gib mir zu trinken, sagen uns diejenigen, die in der Familie, am Arbeitsplatz, an anderen Orten, an denen wir uns aufhalten, nach Nähe, nach Aufmerksamkeit, nach Zuhören dürsten. Das sagen uns diejenigen, die nach dem Wort Gottes dürsten und in der Kirche eine Oase finden müssen, wo sie ihren Durst stillen können. Gib mir zu trinken ist der Appell unserer Gesellschaft, wo die Eile, der Wettlauf um den Komsum und vor allem die Gleichgültigkeit, diese Kultur der Gleichgültigkeit, Trockenheit und innere Leere erzeugen. Und – vergessen wir es nicht – gib mir zu trinken ist der Schrei so vieler Brüder und Schwestern, denen das lebensnotwendige Wasser fehlt, während wir weiterhin unser gemeinsames Haus verschmutzen und verunstalten; und auch dieses erschöpfte und ausgedörrte Haus »ist durstig«.
Angesichts dieser Herausforderungen bietet das heutige Evangelium jedem von uns das lebendige Wasser an, das uns zu einer Quelle der Erfrischung für andere machen kann. Wie die samaritanische Frau, die ihren Wasserkrug am Brunnen stehen ließ und sich auf den Weg machte, um die Bewohner des Dorfes zu rufen (vgl. V. 28), werden auch wir nicht mehr nur daran denken, unseren eigenen Durst zu stillen – unseren materiellen, intellektuellen oder kulturellen Durst –, sondern mit der Freude, dem Herrn begegnet zu sein, werden wir den Durst der anderen zu stillen wissen: dem Leben der anderen einen Sinn zu geben, nicht als Herren, sondern als Diener dieses Wortes Gottes, das unseren Durst geweckt hat, das uns beständig dürsten lässt. Wir werden in der Lage sein, ihren Durst zu verstehen und die Liebe zu teilen, die er uns geschenkt hat. Ich möchte mir und euch diese Frage stellen: Sind wir in der Lage, den Durst der anderen zu verstehen? Den Durst der Menschen, den Durst so vieler in meiner Familie, in meiner Nachbarschaft? Heute können wir uns fragen: Habe ich Durst nach Gott? Weiß ich, dass ich seine Liebe brauche wie Wasser zum Leben? Und dann, ich, der ich durstig bin, kümmere ich mich um den Durst der anderen, den geistigen Durst, den materiellen Durst?
Möge die Gottesmutter für uns Fürsprache halten und uns auf unserem Weg beistehen.
Nach dem Angelus sagte der Papst zu den auf dem Petrsplatz versammelten Pilgern und Besuchern aus aller Welt:
Liebe Brüder und Schwestern, Ich grüße euch alle, die Römer und die Pilger aus vielen Ländern, besonders die Gläubigen, die aus Madrid und Split gekommen sind. Ich grüße die Pfarrgruppen aus Padua, Caerano San Marco, Bagolino, Formia und Sant’Ireneo in Rom.
Am kommenden Freitag, 17. März, und Samstag, 18. März, wird erneut in der ganzen Kirche die Initiative »24 Stunden für den Herrn« stattfinden: eine Zeit, die der Anbetung und dem Sakrament der Versöhnung gewidmet ist. Am Freitagnachmittag werde ich in einer Pfarrei in Rom an der Bußfeier teilnehmen. Vor einem Jahr haben wir in diesem Rahmen den feierlichen Akt der Weihe an das Unbefleckte Herz Mariens vollzogen und um die Gabe des Friedens gebetet. Möge unser Vertrauen nicht weniger werden, möge unsere Hoffnung nicht wanken! Der Herr erhört immer die Bitten, die sein Volk durch die Fürsprache der Jungfrau Maria an ihn richtet. Bleiben wir im Glauben und in der Solidarität mit unseren Brüdern und Schwes-tern, die unter dem Krieg leiden, vereint; vergessen wir vor allem nicht das gequälte ukrainische Volk!
Ich wünsche allen einen schönen Sonntag. Bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Gesegnete Mahlzeit und auf Wiedersehen!