FRAUEN KIRCHE WELT

Die Ideen

Teure Freiheit

 Cara Libertà  DCM-003
04. März 2023

Wir wollten den Frauen, die sich weltweit für den Wandel einsetzen und die heute die Protagonistinnen des Kampfs für Leben und Freiheit sind, begegnen und uns mit ihnen unterhalten. Afghaninnen, Jesidinnen, Iranerinnen, Kurdinnen, Afrikanerinnen, Südamerikanerinnen, Inderinnen, Migrantinnen… So anders als wir und so fern, zugleich aber auch so nah in ihrem Wunsch nach Veränderung, danach, das Leiden in Protagonistentum und die Marginalisierung in einen entscheidenden Impuls zu verwandeln.

Wir gehen dabei auf die einfachste Art und Weise vor: mit den Briefen von zehn italienischen Schriftstellerinnen, die - dessen sind wir uns sicher – auf die eine oder andere Art die entlegensten Orte des Erdballs erreichen werden. Die Sprache der Literatur ist, genau wie die der Freiheit, universell. Die Stimme der Frauen ist heute, obwohl sie in der Welt noch immer unterdrückt wird, stark und imstande, Grenzen jeder Art zu überwinden. Sie gibt vor, angehört zu werden.

Viola Ardone hat an die afghanische Frau geschrieben, der alles genommen wurde, selbst das Gesicht, die sich aber nicht darein schickt, so zu sein, wie sie die Männer gerne hätten: ein Gespenst, das nicht selbst denkt, ein Leben, das nicht lebt. Hinter der Burka steckt sie: sie lebt und denkt. So wie unter dem Hijab die iranischen Frauen stecken, die den Mut haben, auf den Plätzen eine Zukunft zu fordern: der Brief an sie stammt aus der Feder von Silvia Avallone. An die kurdischen Frauen – die ersten, die riefen: »Jin, Jiyan, Ayadi« (Frauen, Leben, Freiheit) ist der Brief von Carola Susani gerichtet.

Von Mariapia Veladiano stammen die an die jesidischen Frauen gerichteten Worte, die die »Mauer der Zerstreutheit« des Westens zum Einsturz gebracht haben, als der Islamische Staat versuchte, ihr Volk auszumerzen.

Und Dacia Marainis Brief ist an die Afrikanerinnen gerichtet, die zwischen einer Rückständigkeit, die sie nach wie vor bestraft, und einer Modernität gefangen sind, die ihnen gleichwohl ihre Rechte vorenthält.

Nadia Terranova schreibt an die Mädchen, die in Kriegszeiten geboren sind, den zarten kleinen Frauchen, die sich einer schwierigen und bösen Welt stellen müssen. Igiaba Scego schreibt an ein Mädchen des Yanomami-Stammes, dessen Ländereien überfallen und ausgeraubt wurden im Zuge des Goldrausches in Amazonien. Elena Janezeck schreibt an die unsichtbaren und ausgegrenzten Migrantinnen.

Maria Grazia Calandrone hingegen lässt die Stimme eines kleinen indischen Mädchens hören, das eine ihr von der Familie aufgezwungene Heirat abgelehnt hat.

Und die Männer? Auch sie sind in dieser Monatsausgabe von »Frauen – Kirche - Welt« vertreten, auch sie sind die Empfänger eines Briefes. Die Worte Edith Brucks wiegen wie Mühlsteine: »Es ist die Schwachheit der Männer«, so schreibt sie, »die die Gewalt, die Vergewaltigung, die Ermordung derjenigen entfesselt, die euch verlassen will. Nicht die Liebe.«