Liebe Brüder, Priester, Diakone und
Seminaristen,
liebe gottgeweihte Frauen und Männer,
guten Abend und einen schönen Festtag!
Ich freue mich, gerade heute, am Fest der Darstellung des Herrn, bei euch zu sein, einem Tag, an dem wir in besonderer Weise für das gottgeweihte Leben beten. Wir alle warten wie Simeon auf das Licht des Herrn, damit es das Dunkel unseres Lebens erhellt, und mehr noch wünschen wir uns alle, die gleiche Erfahrung zu machen, die ihm im Tempel von Jerusalem zuteilwurde: Jesus in unseren Armen zu halten. Ihn in den Armen zu halten, sodass wir ihn vor unseren Augen und an unserem Herzen haben. Indem wir Jesus in den Mittelpunkt stellen, verändert sich die Sicht auf das Leben und wir fühlen uns selbst inmitten von Sorgen und Mühen von seinem Licht umhüllt, von seinem Geist getröstet, von seinem Wort ermutigt und von seiner Liebe gestützt.
Ich sage das und denke dabei an die Begrüßungsworte von Kardinal Ambongo, dem ich danke. Er hat von »enormen Herausforderungen« gesprochen, die es zu bewältigen gilt, wenn man als Priester oder Ordensangehöriger in diesem Land wirkt, das von »schwierigen und oft gefährlichen Bedingungen«, einem Land, das von so viel Leid geprägt ist. Dennoch, so erinnerte er, gibt es so viel Freude daran, dem Evangelium zu dienen, und es gibt viele Berufungen zum
Pries-tertum und zum gottgeweihten Leben. Hier zeigt sich die Fülle der Gnade Gottes, die gerade in der Schwachheit wirkt (vgl.
2 Kor 12,9) und die euch dazu befähigt, zusammen mit den Laien in den oft schmerzhaften Situationen eures Volkes Hoffnung zu wecken.
Die Gewissheit, die uns auch in den Schwierigkeiten begleitet, ist durch Gottes Treue gegeben. Mittels des Propheten Jesaja sagt er: »Ja, ich lege einen Weg an durch die Wüste und Flüsse durchs Ödland« (43,19). Ich habe mir überlegt, euch einige Gedanken ausgehend von diesen Worten Jesajas zu unterbreiten: Gott öffnet Wege in unseren Wüs-ten und wir als geweihte Amtsträger und Personen des geweihten Lebens sind dazu gerufen, ein Zeichen dieser Verheißung zu sein und sie in der Geschichte des heiligen Volkes Gottes zu verwirklichen. Aber wozu sind wir konkret berufen? Dem Volk als Zeugen der Liebe Gottes zu dienen. Jesaja hilft uns zu verstehen, wie.
Durch den Mund des Propheten erreicht der Herr sein Volk in einem dramatischen Moment, als die Israeliten nach Babylon deportiert und versklavt worden sind. Von Mitgefühl bewogen, will Gott sie trösten. Dieser Teil des Buchs Jesaja ist nämlich auch als »Buch des Trostes« bekannt, weil der Herr Hoffnungsworte und Heilsverheißungen an sein Volk richtet. Als Erstes erinnert er an das Band der Liebe, das ihn mit seinem Volk verbindet: »Fürchte dich nicht, denn ich habe dich ausgelöst, ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir! Wenn du durchs Wasser schreitest, bin ich bei dir, wenn durch Ströme, dann reißen sie dich nicht fort. Wenn du durchs Feuer gehst, wirst du nicht versengt, keine Flamme wird dich verbrennen« (43,1-2). So offenbart sich der Herr als Gott des Erbarmens und versichert, uns nie allein zu lassen, immer an unserer Seite zu sein, Zuflucht und Kraft in allen Schwierigkeiten zu sein. Gott ist erbarmungsvoll. Die drei Namen Gottes, die drei Züge Gottes sind Barmherzigkeit, Erbarmen und Zärtlichkeit. Sie alle machen die Nähe Gottes aus: ein naher, erbarmungsvoller und liebevoller Gott. Liebe Priester und Diakone, gottgeweihte Männer und Frauen, Seminaristen: Durch euch will der Herr auch heute sein Volk mit dem Öl des Trostes und der Hoffnung salben. Und ihr seid aufgerufen, euch zum Echo dieser Verheißung Gottes zu machen, daran zu erinnern, dass er uns geformt hat und wir zu ihm gehören, den Weg der Gemeinschaft zu ermutigen und sie im Glauben zu begleiten, hin zu jenem, der bereits an unserer Seite geht. Gott lässt nicht zu, dass die Wasser uns überfluten oder das Feuer uns verbrennt. Sehen wir uns als Überbringer dieser Verkündigung inmitten des Leids der Menschen. Das ist es, was es bedeutet, Diener des Volkes zu sein: Priester, Ordensschwestern, Missionare, die die Freude der befreienden Begegnung mit Jesus erfahren haben und sie anderen weiterschenken. Erinnern wir uns daran: Das Priestertum und das gottgeweihte Leben vertrocknen, wenn wir sie leben, um uns des Volkes »zu bedienen«, statt »ihm zu dienen«. Es ist kein Beruf, um Geld zu verdienen oder eine soziale Stellung zu erhalten, auch nicht, um die eigene Familie zu versorgen, sondern es ist die Sendung, Zeichen der Gegenwart Christi zu sein, seiner bedingungslosen Liebe, der Vergebung, mit der er uns versöhnen will, des Mitgefühls, mit dem er sich um die Armen kümmern will. Wir sind dazu gerufen worden, unser Leben für unsere Brüder und Schwes-tern hinzugeben und ihnen Jesus zu bringen, den einzigen, der die Wunden des Herzens heilt.
Um unsere Berufung auf diese Weise zu leben, müssen wir uns immer wieder Herausforderungen stellen und Versuchungen überwinden. Ich möchte kurz bei diesen drei verweilen: die geistliche Mittelmäßigkeit, die weltliche Bequemlichkeit und die Oberflächlichkeit.
Zunächst ist die geistige Mittelmäßigkeit zu überwinden. Wie? Die Darstellung des Herrn, die im christlichen Osten das »Fest der Begegnung« genannt wird, erinnert uns an die Priorität unseres Lebens: die Begegnung mit dem Herrn, vor allem im persönlichen Gebet, denn die Beziehung zu ihm ist die Grundlage unseres Wirkens. Lasst uns nicht vergessen, dass das Geheimnis von allem das Gebet ist, denn der Dienst und das Apostolat sind nicht in erster Linie unser eigenes Werk und hängen nicht allein von menschlichen Mitteln ab. Und ihr werdet mir sagen: Ja, das stimmt, aber die Verpflichtungen, die pastoralen Dringlichkeiten, die apostolischen Mühen, die Müdigkeit und so weiter bergen das Risiko, dass nicht ge-nügend Zeit und Energie für das Gebet bleibt. Deshalb möchte ich einige Ratschläge mit euch teilen: An erster Stelle sollten wir uns an bestimmte liturgische Gebetsrhythmen halten, die den Tag prägen, von der Messe bis zum Brevier. Die tägliche Eucharis-tiefeier ist das schlagende Herz des Priester- und Ordenslebens. Das Stundengebet ermöglicht es uns, mit der Kirche und mit Regelmäßigkeit zu beten: Vernachlässigen wir es nie! Ein weiterer Ratschlag: Wie wir wissen, können wir uns nicht auf das rituelle Gebet beschränken, es ist vielmehr nötig, jeden Tag eine intensive Gebetszeit vorzusehen, um mit dem Herrn von Herz zu Herz zu verweilen: ein längerer Moment der Anbetung, der Betrachtung des Wortes Gottes, das Rosenkranzgebet; eine innige Begegnung mit demjenigen, den wir über alles lieben. Wir dürfen außerdem die Beichte nicht vernachlässigen: Wir haben es immer nötig, dass uns vergeben wird, damit wir Barmherzigkeit schenken können. Außerdem können wir, wenn wir mitten in der Aktivität sind, auf das Herzensgebet zurückgreifen, auf kurze »Stoßgebete« – sie sind ein Schatz, die Stoßgebete – Worte des Lobes, des Dankes und der Anrufung, die wir dem Herrn gegenüber wiederholen, wo immer wir sind. Das Gebet dezentriert uns, es öffnet uns für Gott und stellt uns wieder auf die Füße, weil es uns in seine Hände gibt. Es schafft in uns den Raum, um Gottes Nähe zu erfahren, damit sein Wort uns selbst und durch uns den Menschen, denen wir begegnen, vertraut wird. Ohne Gebet kommt man nicht weit. Um die geistliche Mittelmäßigkeit zu überwinden, dürfen wir schließlich nie müde werden, die Gottesmutter anzurufen – sie ist unsere Mutter – und von ihr zu lernen, Jesus zu betrachten und ihm zu folgen.
Die zweite Herausforderung besteht darin, die Versuchung der weltlichen Bequemlichkeit zu überwinden, eines bequemen Lebens, in dem wir uns mehr oder weniger mit allem arrangieren und durch Trägheit weitermachen, indem wir unseren eigenen Komfort suchen und uns ohne Begeisterung weiterschleppen. Aber auf diese Weise verlieren wir den Kern der Mission, der darin besteht, aus dem Bereich des Ichs herauszugehen, um auf die Brüder und Schwestern zuzugehen und im Namen Gottes die Kunst der Nähe zu üben. Die Weltlichkeit birgt ein großes Risiko, vor allem in einem Kontext von Armut und Leid: dasjenige, die Rolle auszunutzen, die wir haben, um unsere Bedürfnisse und unsere Bequemlichkeiten zu befriedigen. Es ist traurig, sehr traurig, wenn wir uns in uns selbst verkrümmen und zu kalten Bürokraten des Geistes werden. Statt dem Evangelium zu dienen, sind wir dann damit beschäftigt, unsere Finanzen zu verwalten und ein für uns vorteilhaftes Geschäft zu betreiben. Brüder und Schwestern, es ist skandalös, wenn dies im Leben eines Priesters oder Ordensmannes geschieht, die stattdessen Vorbilder für Nüchternheit und innere Freiheit sein sollten. Wie schön ist es hingegen, reine Absichten zu behalten und frei von Kompromissen mit dem Geld zu bleiben, indem wir die Armut des Evangeliums freudig annehmen und an der Seite der Armen arbeiten! Und wie schön ist es, durch das zölibatäre Leben als Zeichen der vollständigen Verfügbarkeit für das Reich Gottes zu leuchten! Stattdessen soll es nicht so sein, dass in uns jene Laster fest verwurzelt sind, die wir gerne bei anderen und in der Gesellschaft ausreißen würden. Bitte geben wir auf die weltliche Bequemlichkeit acht.
Die dritte Herausforderung besteht schließlich darin, die Versuchung der Oberflächlichkeit zu überwinden. Wenn das Volk Gottes darauf wartet, durch das Wort des Herrn erreicht und getröstet zu werden, werden Priester und Ordensleute gebraucht, die vorbereitet, ausgebildet und vom Evangelium begeistert sind. Uns wurde ein Geschenk in die Hände gelegt und es wäre unsererseits anmaßend zu denken, dass wir die Mission, zu der Gott uns berufen hat, leben können, ohne jeden Tag an uns selbst zu arbeiten und ohne uns angemessen zu schulen, sowohl im geistlichen Leben als auch in der theologischen Bildung. Die Menschen brauchen keine Sakralfunktionäre oder vom Volk losgelös-te Akademiker. Wir sind angehalten, in das Herz des christlichen Geheimnisses einzudringen, die Lehre darüber eingehend zu studieren, das Wort Gottes zu bedenken und zu meditieren; und zugleich für die Sorgen unserer Zeit, für die immer komplexer werdenden Fragen unserer Epoche offen zu bleiben, um das Leben und die Bedürfnisse der Menschen zu begreifen, um zu verstehen, wie wir ihre Hand ergreifen und sie begleiten können. Deshalb ist die Ausbildung des Klerus kein optionales Extra. Ich sage das zu den Seminaristen, aber es gilt für alle: Die Ausbildung ist ein Weg, der immer weiterzugehen ist, das ganze Leben lang. Man nennt dies ständige Weiterbildung: Formung immer, das ganze Leben lang.
Diese Herausforderungen, über die ich zu euch gesprochen habe, müssen wir angehen, wenn wir dem Volk als Zeugen der Liebe Gottes dienen wollen, denn der Dienst ist nur wirksam, wenn er durch das Zeugnis erfolgt. Vergessen wir dieses Wort nicht: das Zeugnis. Nachdem der Herr nämlich Worte des Trostes gesprochen hat, sagt er durch Jesaja: »Wer von ihnen kündigt dies an und wer kann uns sagen, was früher war? Sie sollen ihre Zeugen stellen« (43.9.10). Zeugen. Um gute Priester, Diakone und Gottgeweihte zu sein, genügen Worte und Absichten nicht: Es ist vor allem das Leben selbst, das spricht, das eigene Leben. Liebe Brüder und Schwes-tern, wenn ich auf euch blicke, danke ich Gott, denn ihr seid Zeichen der Gegenwart Jesu, die durch die Straßen dieses Landes zieht und das Leben der Menschen berührt, die Wunden ihres Fleisches. Aber es bedarf noch junger Menschen, die »Ja« zum Herrn sagen, weiterer Priester und Ordensleute, die seine Schönheit mit ihrem Leben aufscheinen lassen.
In euren Zeugnissen habt ihr mich daran erinnert, wie schwierig es ist, die Mission in einem Land zu leben, das reich an so vielen Naturschönheiten und Ressourcen ist, aber durch Ausbeutung, Korruption, Gewalt und Ungerechtigkeit verwundet ist. Ihr habt aber auch vom Gleichnis des barmherzigen Samariters gesprochen: Es ist Jesus, der auf unseren Straßen entlanggeht und vor allem durch seine Kirche stehen bleibt und sich um die Wunden der Unterdrückten kümmert. Liebe Freunde, der Dienst, zu dem ihr berufen seid, besteht eben darin: Nähe und Trost zu schenken, wie ein Licht, das inmitten von so viel Dunkelheit stets brennt. Lernen wir vom Herrn, der nahe ist, immer. Und um Brüder und Schwestern aller sein zu können, seid dies zuerst untereinander: Zeugen der Geschwisterlichkeit, die niemals im Krieg sind; Zeugen des Friedens, die lernen, auch die Besonderheiten der Kulturen und der ethnischen Herkunft zu überwinden, weil, wie Benedikt XVI. in seiner Ansprache an die afrikanischen Priester sagte, »euer Zeugnis eines friedvollen Lebens über alle Stammes- und Volksgrenzen hinaus die Herzen berühren kann« (Nachsynodales Apostolisches Schreiben Africae Munus, 108).
Ein Sprichwort sagt: »Der Wind bricht nicht, was sich zu beugen weiß«. Die Geschichte vieler Völker dieses Kontinents wurde leider gebeugt und durch Verletzungen und Gewalt verwundet. Wenn es daher einen Wunsch gibt, der aus dem Herzen aufsteigt, dann ist es der, sich nicht mehr zu beugen, sich nicht mehr der Überheblichkeit des Stärkeren unterwerfen zu müssen, nicht mehr den Kopf unter das Joch der Ungerechtigkeit senken zu müssen. Aber wir können die Worte des Sprichworts vor allem in einem positiven Sinne aufnehmen: Es gibt ein Sichbeugen, das nicht gleichbedeutend mit Schwäche ist oder damit, feige zu sein, sondern mit Stärke; sich beugen bedeutet dann, flexibel zu sein und die Starrheit zu überwinden; es bedeutet, eine gelehrige Menschlichkeit zu pflegen, die sich nicht in Groll und Ressentiments verschließt; es bedeutet, bereit zu sein, sich ver-ändern zu lassen, ohne sich in den eigenen Ideen und Positionen zu verschanzen. Wenn wir uns vor Gott in Demut beugen, lässt er uns wie er werden, Stifter der Barmherzigkeit. Wenn wir in den Händen Gottes fügsam bleiben, formt er uns und macht uns zu versöhnten Menschen, die es verstehen, sich zu öffnen und Dialog zu führen, andere anzunehmen und zu vergeben, Flüsse des Friedens in die trockenen Steppen der Gewalt hineinfließen zu lassen. Und wenn dann die Winde der Konflikte und der Spaltungen stürmisch wehen, können diese Menschen nicht gebrochen werden, weil sie von Gottes Liebe erfüllt sind. Seid auch ihr so: fügsam dem Gott der Barmherzigkeit, niemals gebrochen durch die Winde der Spaltung.
Schwestern und Brüder, ich danke euch von Herzen für das, was ihr seid und was ihr tut, ich danke euch für euer Zeugnis gegen-über der Kirche und der Welt. Lasst euch nicht entmutigen, ihr werdet gebraucht! Ihr seid wertvoll, wichtig: Das sage ich euch im Namen der ganzen Kirche. Ich wünsche euch, dass ihr immer Kanäle des Trostes des Herrn und freudige Zeugen des Evangeliums seid, eine Prophetie des Friedens in den Spiralen der Gewalt, Jünger der Liebe, die bereit sind, die Wunden der Armen und Leidenden zu heilen. Vielen Dank, Schwestern und Brüder, danke nochmals für euren Dienst und für euren pastoralen Eifer. Ich segne euch und trage euch im Herzen. Und ihr, bitte vergesst nicht, für mich zu beten! Danke.