Gedanken zum Sonntag - 12. Februar: 6. Sonntag im Jahreskreis

Lebendige Gottesbeziehung

 Lebendige Gottesbeziehung  TED-006
10. Februar 2023

In der Tradition der Weisungen und Prophezeiungen des sogenannten Alten Tes-tamentes stehend, betont Jesus als Messias und »neuer Mose«, der die Menschen erlöst und befreit, dass er die bestehenden Normen – wie etwa die zehn Gebote – nicht ändert, sie aber ihrem Vollsinn zuführt. Was bedeutet das?

Zunächst wird dies anhand verschiedener Beispiele konkretisiert (Mt 5, 19-48). So sollen die Menschen etwa nicht nur ihr Wort halten, wenn sie schwören, sondern in jedem Moment ihres Lebens wahrhaftig und au-thentisch sein (Mt 5, 33-37). Dabei wird deutlich, dass es nicht um einen rein äußerlichen Formalismus geht, sondern die ganze Person gefordert ist – nicht nur hinsichtlich ihrer äußeren Handlungen, sondern insbesondere auch mit ihrer inneren Haltung. »Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsche Zeugenaussagen und Lästerungen. Das ist es, was den Menschen unrein macht« (Mt 15, 19-20).

So ist es wichtig, dass wir auch abwertenden oder ablehnenden Gedanken gegenüber, die wir im Inneren ausbilden, achtsam sind. Beispielsweise sollen wir nicht nur nicht töten, sondern im Gegenüber auch stets das Ebenbild Got-tes erkennen. Dementsprechend sollen wir uns bemühen, ihn auch mit Gedanken und Worten zu bejahen, sodass in unseren alltäglichsten Handlungen Gottes barmherzige Liebe konkret sichtbar und erlebbar wird (Mt 5, 21-22).

In den vorausgehenden Seligpreisungen nennt das Matthäusevangelium diese innere Ausgerichtetheit auf das Gute, Wahre und Schöne in Anlehnung an Psalm 24 die Reinheit des Herzens (Mt 5,8). Die Reinheit des Herzens schließt die lebendige Gottesbeziehung mit ein, ist aber auch ein kontinuierlicher Prozess, bei dem der Mensch eine immer größere Sensibilität für die eigenen inneren Regungen entwickelt und zu einer immer größeren inneren Freiheit geführt wird (Gal 5,13). So wird es ihm einerseits erleichtert, die Gesetze in ihrem Vollsinn zu verstehen, und er wird andererseits auch immer mehr dazu befähigt, Christus im Alltag nachzufolgen.

Hannah Hassanein, Theologische
Referentin im Bistum Aachen