Während der Papst in seiner ersten Ansprache seiner 40. Apostolischen Reise, die ihn nach Afrika führte, die Stimme gegen den neuen heimtückischen Kolonialismus erhoben hatte, der den Boden und die Bevölkerung der Demokratischen Republik Kongo wirtschaftlich ausbeutet, verwandelte sich dieser Schrei im zweiten von ihm vor über einer Million von Gläubigen vorgetragenen Text, der Predigt am Flughafen von N’dolo, in einen Ruf der Freude, der Ermutigung und der Hoffnung.
Es gibt keinen Abgrund, aus dem man nicht wieder aufsteigen kann.
Es gibt nichts unwiederbringlich Verlorenes, wenn wir unsere Hoffnung nicht auf uns selbst, sondern auf Christus gründen.
Denn man kann viele Analysen der sozialen und wirtschaftlichen Probleme einer Nation vornehmen, auch der Papst kann sie vornehmen und darüber sprechen, aber letztendlich ist es Jesus, der »deine Wunden [kennt], [d]er die Wunden deines Landes, deines Volkes, deiner Erde [kennt]!« Das rief der Papst, während er die vielen Gläubigen aufrief, sich stets an Jesus zu wenden, an Ihn, der der wahre »Friedensfürst« ist.
Ein Friede, den Jesus seinen Jüngern erst nach der Auferstehung schenkt, denn – so der Papst - »zuerst musste der Herr unsere Feinde, die Sünde und den Tod, besiegen und die Welt mit dem Vater versöhnen; er musste unsere Einsamkeit und unsere Verlassenheit erleben, in unsere Höllen herabsteigen und die Entfernung auf sich nehmen und überbrücken, die uns von Leben und Hoffnung trennte. Nun, da die Entfernung zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und Mensch aufgehoben ist, wird den Jüngern der Friede Jesu geschenkt.«
Diese österliche Szene findet in jeder eucharistischen Feier statt, auch heute, auf kongolesischer Erde, einer Erde, die voll ist von »unseren Höllen«, die er bereits in der ersten, an die Verantwortungsträger gerichteten Ansprache aufgezählt hatte. Wie in den verwundeten, von Schuldgefühlen, Frustrationen, von Traurigkeit und Angst geplagten Herzen der Jünger, so auch in diesem von der Natur, nicht aber von der Geschichte gesegneten Land kann, ja muss ein Wort des Friedens verkündet werden, genau wie Jesus es tut, der »den Frieden [verkündet], während in den Herzen der Jünger vieles zerbrochen ist, er verkündet das Leben, während sie den Tod in sich spüren. Mit anderen Worten: Der Friede Jesu kommt in dem Moment, in dem für sie alles zu Ende schien, in einem gänzlich unerwarteten und unverhofften Moment, als es keine Anzeichen von Frieden gab. So handelt der Herr: Er überrascht uns, er hält uns die Hand hin, wenn wir kurz davor sind unterzugehen, er richtet uns auf, wenn wir am Boden zerstört sind. Brüder und Schwestern, mit Jesus gewinnt das Böse nie die Oberhand, hat es nie das letzte Wort.«
Indem der Papst diese Ostersonntagsszene wieder aufgreift, spricht er den Kongo von heute, dessen Trümmer an, den Ort, wo paradoxerweise der Friede geboren werden kann, und verweist auf drei Quellen des Friedens, drei Quellen, die diesen unerhofften Frieden speisen könnten: die Vergebung, die Gemeinschaft und die Sendung. Auch diese Quellen befinden sich auf einem Feld, das weitgehend mit Trümmern und Wunden übersät ist, aber sie können gerade aus Letzteren neu geboren werden und gemeinsam mit der Hoffnung wieder zutage treten. Vielmehr, so der Papst unter Verweis auf die barmherzige Geste Jesu, der seine Wunden zeigt: »die Vergebung wird aus Wunden geboren. Sie entsteht, wenn die erlittenen Wunden keine Narben des Hasses hinterlassen, sondern zu einem Ort werden, an dem wir für andere Platz machen und ihre Schwächen annehmen. Dann werden Schwächen zu Chancen und Vergebung wird der Weg zum Frieden.« Dann kann man voller Freude ausrufen, die Traurigkeit, die Resignation und den Fatalismus abwerfen, um »der Welt diese unverhoffte und prophetische Verkündigung mitzuteilen«. Und Freude (Esengo in der Ortssprache) war in der Tat das erste Wort der Predigt von Papst Franziskus: »Die Freude, euch zu sehen und zu treffen, ist groß«, rief der Papst, und in einem impliziten Zitat aus dem Evangelium fuhr er fort: »Ich habe mich nach diesem Moment gesehnt, danke, dass ihr hier seid!« Ein langerwartetes Fest: das ist das greifbare Gefühl, das man in diesen ersten Augenblicken der Papstreise in den Kongo verspürt, die vom Enthusiasmus der Menschenmassen begleitet wird, die sich an allen Straßenrändern und am Flughafen N’dolo drängen. Ein Fest, das im Hintergrund ein unbesiegbares Licht offenbart, gerade weil es aus der Dunkelheit der Trümmer eines verwundeten Landes und Volkes entspringt.
Von Andrea Monda