Hochwürdigste Exzellenzen,
geschätzte Vertreter des
öffentlichen Lebens,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Brüder und Schwestern!
Ich danke Erzbischof Paglia für seine freundlichen Worte; ich begrüße den Rabbiner Eliezer Simha Weisz und Scheich Abdallah bin Bayyah. Mein Gruß gilt auch den Herren Brad Smith, Präsident von Microsoft; Darío Gil, Global Vice President von IBM; Máximo Torero Cullen, Chef-Ökonom der FAO, den ersten Unterzeichnern des Rome Call, sowie den Mitgliedern der verschiedenen hier anwesenden Delegationen.
Ich bin der Päpstlichen Akademie für das Leben und der Stiftung RenAIssance dankbar für den Einsatz, mit dem sie im Hinblick auf die großen Herausforderungen, die sich am Horizont der künstlichen Intelligenz zeigen, durch den Rome Call eine allgemein anerkannte Ethik fördern. Nach der ersten Unterzeichnung im Jahr 2020 sind beim heutigen Treffen auch jüdische und islamische Delegationen beteiligt, die die sogenannte »künstliche Intelligenz« mit einem von den Worten der Enzyklika Fratelli tutti inspirierten Blick betrachten. Ihre Einmütigkeit, mit der Sie eine Kultur fördern, die diese Technologie in den Dienst des Gemeinwohls aller und der Bewahrung des gemeinsamen Hauses stellt, ist ein Vorbild auch für viele andere. Die Geschwisterlichkeit aller Menschen ist die Voraussetzung, damit auch der technische Fortschritt überall auf der Welt im Dienst von Gerechtigkeit und Frieden stehen möge.
Wir alle sind uns bewusst, dass die künstliche Intelligenz in jedem Bereich des alltäglichen Lebens immer mehr präsent ist, und das sowohl auf persönlicher als auch auf gesellschaftlicher Ebene. Sie hat einen Einfluss darauf, wie wir die Welt und uns selbst verstehen. Die Innovationen auf diesem Gebiet haben zur Folge, dass diese Mittel einen stetig wachsenden Einfluss auf die menschlichen Aktivitäten und sogar Entscheidungen haben. Daher ermutige ich Sie, Ihr Engagement fortzusetzen. Es freut mich, zu erfahren, dass Sie auch die anderen großen Weltreligionen sowie Männer und Frauen guten Willens einbeziehen wollen, damit die »Algorethik«, das heißt die ethische Reflexion über den Einsatz von Algorithmen, über die öffentliche Debatte hinaus auch in der Entwicklung von technischen Lösungen immer stärker präsent ist. Denn jede Person muss in den Genuss eines menschlichen und solidarischen Fortschritts kommen, ohne dass irgend jemand davon ausgeschlossen wird. Es geht also darum, wachsam und aktiv zu sein, um auszuschließen, dass auf Kosten der Schwächsten und Ausgeschlossenen eine diskriminierende Nutzung dieser Mittel Fuß fassen kann. Denken wir immer daran, dass die Art und Weise, wie wir den Geringsten und am wenigsten Beachteten unter unseren Brüdern und Schwes-tern behandeln, etwas aussagt über den Wert, den wir dem Menschen beimessen. Hier wäre das Beispiel der Anträge von Asylsuchenden zu erwähnen: Es ist inakzeptabel, dass die Entscheidung über das Leben und das Schicksal eines Menschen einem Algorithmus anvertraut wird.
Der Rome Call kann ein nützliches Instrument für einen gemeinsamen Dialog mit allen sein, um eine menschliche Entwicklung der neuen Technologien zu fördern. Diesbezüglich möchte ich erneut betonen: »In der Begegnung zwischen verschiedenen Weltanschauungen stellen außerdem die Menschenrechte einen wichtigen Schnittpunkt für die Suche nach einer gemeinsamen Grundlage dar. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt scheint darüber hinaus eine zeitgemäße Reflexion über die Rechte und Pflichten in diesem Bereich notwendig zu sein. Denn die Tiefe und die Beschleunigung der Veränderungen der digitalen Ära werfen unerwartete Probleme auf, die dem individuellen und kollektiven Ethos neue Bedingungen auferlegen« (Ansprache an die Teilnehmer der Vollversammlung der Päpstlichen Akademie für das Leben, 28. Februar 2020). Die im Lauf der Zeit gestiegenen Beitritte zum Rome Call sind ein entscheidender Schritt, um eine digitale Anthropologie mit drei Grundkoordinaten zu fördern: Ethik, Bildung und Recht. Ich versichere Sie meiner Unterstützung für die Großherzigkeit und Dynamik, mit denen Sie sich engagiert haben, und fordere Sie auf, mit Mut und Unterscheidungsvermögen weiterzumachen, auf der Suche nach Wegen, die zu einer zunehmenden Einbeziehung all derer führen, denen das Wohl der Menschheitsfamilie am Herzen liegt.
Ich rufe den Segen Gottes auf Sie herab: Gott segne alle, damit Sie mit Zuversicht, in Frieden und im Geist der Zusammenarbeit, Ihren Weg fortsetzen können. Es begleite Sie auch mein Segen. Und bitte, vergessen Sie nicht, für mich zu beten. Danke!
(Orig. ital. in O.R. 10.1.2023)