Neujahrsempfang für das beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomatische Korps

Die Kultur der Unterdrückung und Aggression überwinden

 Die Kultur der Unterdrückung und Aggression überwinden  TED-002
13. Januar 2023

Vatikanstadt. Papst Franziskus hat die Kriege der Gegenwart als einen »Dritten Weltkrieg in Teilen« bezeichnet. In seiner traditionellen Neujahrsansprache an das Diplomatische Korps in der Sala Regia des Apos-tolischen Palastes sagte der Papst am Montag, 9. Januar: »Heute ist der dritte Weltkrieg in einer globalisierten Welt im Gange, in der die Konflikte zwar nur bestimmte Gebiete des Planeten unmittelbar betreffen, aber im Grunde genommen alle mit einbeziehen.«

In diesem Zusammenhang hob Franziskus hervor: »Das beste und jüngste Beispiel dafür ist gerade der Krieg in der Ukraine mit seiner Spur von Tod und Zerstörung, mit den Angriffen auf die zivile Infrastruktur, bei denen Menschen nicht nur durch Bomben und Gewalt, sondern auch durch Hunger und Kälte ihr Leben verlieren.« Ausdrücklich bezog sich Franziskus auch auf das Konzilsdokument »Gaudium et spes«, wonach »jede Kriegshandlung, die auf die Vernichtung ganzer Städte oder weiter Gebiete und ihrer Bevölkerung unterschiedslos abstellt, ein Verbrechen gegen Gott und gegen den Menschen ist, das fest und entschieden zu verwerfen ist«.

Als weitere Herde des weltweiten Krieges nannte der Papst unter anderem den anhaltenden Krieg in Syrien, aber auch die wachsenden Spannungen zwischen Palästinensern und Israelis. Friede sei möglich, wenn in allen Staaten die »Kultur der Unterdrückung und der Aggression« überwunden werde, die dazu führt, »dass man seinen Nachbarn als einen Feind sieht, den es zu bekämpfen gilt«, hob Franziskus hervor. Unter den Konfliktherden, bei denen der Heilige Stuhl sich für Frieden durch gerechte Lösungen einsetzt, nannte der Papst unter anderem auch Myanmar, den Jemen, mehrere Länder in West- und Zentralafrika sowie die koreanische Halbinsel.

Um kriegerische Eskalationen zu vermeiden, sei eine weltweite Abrüstung nötig, insbesondere bei den Atomwaffen, betonte der Papst. »Leider wird auch heute noch die nukleare Bedrohung heraufbeschworen, wodurch die Welt in Angst und Schrecken versetzt wird. Ich kann hier nur wiederholen, dass der Besitz von Atomwaffen unmoralisch ist. Bei der Bedrohung durch Atomwaffen sind wir alle immer Verlierer«, warnte er. Als »besonders besorgniserregend« bezeichnete Franziskus vor den Botschaftern den Stillstand der Verhandlungen über die Wiederaufnahme des Iran-Atomabkommens. »Ich hoffe, dass so bald wie möglich eine konkrete Lösung gefunden werden kann, um eine sicherere Zukunft zu gewährleis-ten«, sagte Franziskus.

Zugleich bedauerte der Papst in seiner Ansprache die »Schwächung der Demokratie in vielen Teilen der Welt und der Möglichkeit der Freiheit, die sie bietet«. Sie sei »ein Grund zur Sorge«. In diesem Zusammenhang ging Franziskus auch auf die jüngsten Ereignisse in Brasilien ein. Er nannte sie unter den »politischen Krisen in verschiedenen Ländern des amerikanischen Kontinents mit ihren Spannungen und Formen der Gewalt, die die sozialen Konflikte verschärfen«. Neben Brasilien führte der Papst dabei auch Peru und Haiti an.

Die Neujahrsansprache an die beim Heiligen Stuhl akkreditierten Diplomaten gilt als alljährliche außenpolitische Grundsatzrede der Päpste. Derzeit unterhält der Heilige Stuhl diplomatische Beziehungen mit 183 Staaten sowie mit der EU und weiteren internationalen Organisationen, 89 Staaten unterhalten eigene Vatikan-Botschaften in Rom.