Audienz für Mitglieder der »Amitié Judéo-Chrétienne de France«

Den Weg des Dialogs fortsetzen

 Den Weg des Dialogs fortsetzen  TED-051
23. Dezember 2022

Liebe Freunde!

Herzlich heiße ich euch willkommen, die Mitglieder der »Amitié Judéo-Chrétienne de France«, die ihr euer 75-jähriges Bestehen feiert.

Ich möchte zunächst an eine eurer Gründergestalten erinnern, an Jules Isaac, der nach der Tragödie des Zweiten Weltkriegs eine wichtige Rolle bei der Wiederannäherung zwischen Juden und Christen gespielt hat. Er nahm unter anderem an der berühmten Konferenz von Seelisberg teil, die ihre Arbeit mit den bekannten »zehn Thesen von Seelisberg« abgeschlossen hat, von denen einige in der Konzilserklärung Nostra Aetate aufgegriffen worden sind. Von Papst Pius XII. und Papst Johannes XXIII. in Audienz empfangen, hatte Jules Isaac die Ausarbeitung dieses prophetischen Textes gewünscht. Ein Text, der heute noch genauso aktuell ist. Er erinnert an das »Christen und Juden gemeinsame reiche geistliche Erbe« und will »die gegenseitige Kenntnis und Achtung fördern, die vor allem die Frucht biblischer und theologischer Studien sowie des brüderlichen Gespräches ist« (Nr. 4).

Die »Amitié Judéo-Chrétienne de France« hat sich entschieden und aktiv auf diesem Weg der Studien und des Dialogs engagiert, um Juden und Christen zu helfen in der gegenseitigen Kenntnis, im Verständnis, in der Achtung und in der Freundschaft zu wachsen. Ich danke euch für diese Arbeit, die ihr seit 70 Jahren unermüdlich durchführt. Sie hat in hohem Maße dazu beigetragen, Juden und Christen zu helfen, einander als Brüder wiederzuentdecken, als Kinder desselben Vaters, die »den Tag, der nur Gott bekannt ist, erwarten, an dem alle Völker mit einer Stimme den Herrn anrufen und ihm ›Schulter an Schulter dienen‹ (Soph 3,9)« (ebd.).

Der gemeinsam zurückgelegte Weg ist beachtlich, und dafür müssen wir Gott danken, angesichts der Last gegenseitiger Vorurteile und der zuweilen schmerzlichen Geschichte, die wir akzeptieren müssen. Aber die Aufgabe ist noch nicht beendet, und ich ermutige euch, auf diesem Weg des Dialogs, der Geschwisterlichkeit und der gemeinsamen Initiativen weiter voranzugehen.

Denn dieses schöne Werk, das darin besteht, Bande zu knüpfen, ist zerbrechlich und muss immer wieder neu in Angriff genommen und gestärkt werden, vor allem in diesen von Feindseligkeiten geprägten Zeiten, in denen Haltungen der Abkapselung und der Ablehnung des anderen zahlreicher werden, einschließlich des beunruhigenden Aufflammens des Antisemitismus, insbesondere in Europa, wie auch der Gewalt gegen Chris-ten.

Ich sichere euren Initiativen meine Unterstützung zu, wie auch den Initiativen all jener, Juden und Christen gemeinsam, die sich für eine immer größere Geschwisterlichkeit einsetzen. Ich bete, dass eure Arbeiten und euer Einsatz reiche und dauerhafte Frucht bringen mögen. Ich rufe den Segen des Herrn auf euch herab und bitte euch, für mich zu beten. Danke!

(Orig. ital. in O.R. 12.12.2022)