In Erwartung einer Hilfe von »oben«, nicht aus dem Himmel, sondern von der italienischen Regierung, die sie von Bonuszahlungen, Förderungen und Steu-ererleichterungen »ausschließt«, oder von der Kirche, mit der mitunter nur mit Mühe ein konstruktiverer und kreativerer Dialog gefunden wird, haben die Ordensfrauen in ganz Italien beschlossen, die Ärmel hochzukrempeln und die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Genau gesagt tun sie das ja seit Jahren, aber dieses Jahr – wo der Winter bevorsteht, vor dem Hintergrund der Energiekrise und bei Gebäuden von bis zu 10.000 Quadratmetern, bei denen die Gefahr besteht, dass sie ungeheizt bleiben, und angesichts der Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Hygieneprodukten und Nahrungsmitteln – bedarf es der »Vernetzung«, damit die Stimme dieser Bevölkerungsgruppe, die trotz der Berufungskrise immer noch recht groß ist, lauter erklingen kann.
Etwa 80 Klarissen, Zisterzienserinnen, Benediktinerinnen und Karmelitinnen und viele weitere Angehörige anderer Orden von Sizilien bis hin zum Trentino haben sich Anfang November in Rom getroffen, um »die Bedürfnisse der Ordensgemeinschaften in Bezug auf Wirtschaftsmanagement, Verwaltung und Steuerfragen besser zu verstehen« und sich über die best practices hinsichtlich der Nutzung der Märkte auszutauschen.
»Rechtlich gesehen sind wir kanonische, vom Apostolischen Stuhl und den Präfekturen anerkannte Körperschaften. Bezüglich Steuervergünstigungen beziehungsweise Zugang zu Fördergeldern usw. sind wir aber ein Nichts«, sagt Sr. Chiara Francesca Lacchini, die Organisatorin des römischen Treffens, das nunmehr zum zweiten Mal stattfindet. Ihre Stimme gleicht jener einer Radiosprecherin, als sie während einer Pause am Telefon mit mir redet, und zwar weder um sich zu beklagen noch um Kontroversen auszulösen. Sie hält schlicht und einfach eine Tatsache fest: nämlich, dass ganze Orden auf sich allein gestellt sind und sich an die Arbeit machen müssen. »So ist es, aber eines muss klargestellt werden: Die Notwendigkeit zu arbeiten ergibt sich aus einem Bedürfnis nach ›mentaler Gesundheit‹, denn die Arbeit hilft dabei, Kräfte auszubalancieren, Energien zu bündeln und eine Kreativität zu entwickeln, die jeder von uns als Gottesgabe pflegt.«
Natürlich ist das Arbeiten auch eine Notwendigkeit: »Man muss ja Geld verdienen«, erklärt die Franziskanerin. »Unser Leben besteht zwar einerseits aus dem Gebet, aber andererseits auch aus Rechnungen, die bezahlt werden müssen, aus medizinischen Bedürfnissen, aus Fortbildung, aus Häusern, die Unterhalt kosten. Und diese Häuser sind nicht etwa 90 Quadratmeter, sondern 2.000 oder sogar 10.000 Quadratmeter groß. Daher ist es für uns sehr wichtig, Einkünfte zu haben.«
Wenn man angesichts der gegenwärtigen Energiekrise ans Heizen denkt, ist das wirklich ein Problem. »Wie bei allen anderen Leuten haben sich auch bei uns die Rechnungen schon in den Sommermonaten verdreifacht, und noch haben wir gar nicht alle Heizungen eingeschaltet! Manche versuchen, das Heizen so weit wie möglich hinauszuzögern oder es zu rationalisieren. Aber denken wir an die Schwestern in den Bergen oder an die Gemeinschaften mit älteren und kranken Schwestern…«. Die Idee lautet, ein »Kartell« mit allen Gemeinschaften zu bilden, um mit einem Versorger zu verhandeln, damit dieser den Energiepreis deckelt: »Hoffen wir das Bes-te, sondern werden wir eine Weile im Kalten sitzen…«
Über dieses Thema und über viele andere haben die Schwestern bei ihrer Tagung in Rom gesprochen. »Wir sind vor allem zusammengekommen, um über Fundraising und Kommunikationsmethoden zu reden. Wir haben auch versucht, gemeinsam herauszufinden, ob unsere Gemeinschaften und besonders unsere Immobilien Anspruch auf Gelder aus dem PNRR haben.«1 Es handelt sich um Immobilien von erheblichem historischem und architektonischem Wert, die »derzeit fast leer stehen, dafür aber hohe Betriebskosten verursachen. Viele Gemeinschaften können das nicht mehr stemmen. Das Bedürfnis, zu verstehen, wie eine Spendensammlung funktioniert, ergibt sich vor allem hieraus.«
Im gleichen Sinne haben die Schwestern ihre Erfahrungen in der Arbeitswelt gesammelt. So erzählten etwa die Trappistinnen aus Vitorchiano von ihrem Kosmetiklabor und von den landwirtschaftlichen Betrieben, mit denen sie Produkte herstellen, die dann zum Verkauf angeboten werden. Aus dem Kloster in Potenza kam hingegen der Bericht über eine Bäckereigenossenschaft, die eine der Schwestern geerbt hat. Und die Benediktinerinnen des Klosters Sant’Anna in Bastia Umbra erklärten, sie hätten vor Kurzem angefangen, die Grundstücke in ihrem Besitz beziehungsweise um das Kloster für den Anbau von Oliven, Gerste, Weizen und anderem Getreide nutzen. »Es ist ihnen gelungen, sich mit Firmen zusammenzutun, die das angebaute Produkt kaufen und auf den Markt bringen«, erläutert Sr. Chiara. »Wir arbeiten hart, aber wenn es dann zum Verkauf geht, haben wir keine Umsatzsteuernummer und keinen Zugang zu den Läden; wir müssen immer um freiwillige Spenden bitten, die meistens nicht den Materialkosten beziehungsweise der aufgewendeten Zeit entsprechen.«
Im Falle der Benediktinerinnen wurde sogar ein Markenname erfunden: Bottega delle Monache (Der Laden der Schwestern). »Sie führen nicht weiter aus, um welche Schwes-tern es sich handelt. Die zugrundeliegende Idee ist, dass auch andere, die die Möglichkeit zur Erzeugung ähnlicher Produkte haben, der Marke beitreten können. Es ist nicht mehr meins, es ist unseres«. Für die Franziskanerin ist das der Schlüssel zur Zukunft des geweihten Lebens als solchem: »Synergien schaffen! Bis vor wenigen Jahren waren wir in den verschiedenen Orden immer noch selbstbezogen, aber jetzt haben wir verstanden, dass es zwar unterschiedliche Charismen gibt, dass wir aber in praktischer Hinsicht mit denselben Problemen konfrontiert sind. Daher ist es wichtig, sich zusammenzutun, denn es kann ja sein, dass jemand schon vor uns Lösungswege gefunden hat, die dann zum Gemeingut aller werden können. Dazu kommt, dass zumindest in Italien die Zahl der Ordensfrauen rasch abnimmt, und daher ist angesichts des graduellen Rückgangs das Zusammensein eine große Hilfe.«
So stark, geeint und fähig die Schwestern auch sein mögen, brauchen sie doch Unterstützung. Deshalb appellieren sie an die Regierung: »Uns wurde bewusst, dass wir von allen Fördergeldern und Bonuszahlungen ausgeschlossen sind. Wir bitten darum, dass nach Möglichkeit neue Regeln geschaffen werden, die Situationen wie die unseren mit einschließen, damit die Einnahmen nicht immer nur auf Spenden beruhen«. Von der Kirche fordern die Ordensfrauen einen konstruktiveren Dialog: »Viele Menschen hängen dem Mythos an: Bekommt ihr nicht die Kirchensteuer (den ›Acht-Promille-Fonds‹)?2 Nein, wir bekommen keine direkte Unterstützung. Natürlich fehlt es nicht an Beihilfen seitens der Italienischen Bischofskonferenz (CEI) oder am Beistand einzelner Bischöfe. Aber sagen wir es einmal so: Manchmal ist die Sensibilität größer, manchmal kleiner.«
Fußnoten
1 Der Nationale Plan für Aufbau und Resilienz.
2 Der Acht-Promille-Fonds ist ein Fundraisingverfahren der katholischen Kirche in Italien, mit dessen Hilfe die Bischöfe jährlich über 8.000 Projekte zugunsten der Schwächs-ten in Italien und in aller Welt unterstützen.
#sistersproject
Von Salvatore Cernuzio