Beitrag des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz

Die zentrale Zukunftsfrage

Deutsche Bischöfe beim Ad-limina-Besuch im Petersdom im Vatikan am 14. November 2022.?
02. Dezember 2022

Wir Bischöfe sind dankbar, zum Abschluss des »Ad-limina«-Besuchs in Rom diese Gelegenheit für ein interdikasterielles Treffen zu bekommen. Wir sehen es als gute Gelegenheit gegenseitiger Wertschätzung in dieser Stunde unserer Kirche: der Kirche in Deutschland, eng verwoben mit der Weltkirche. Wir wollen miteinander über Erfahrungen und Ergebnisse des Synodalen Weges der Kirche in unserem Land reflektieren. Gestern hat uns der Heilige Vater bei der Audienz in seinen Antworten deutlich gemacht: Die Kirche lebt aus Spannungen, darum gehören Spannungen zu einer lebendigen Kirche unterwegs. Das ist ein guter Hinweis für unser heutiges Gespräch.

Zu Beginn ist es mir ein Anliegen, einen doppelten Dank auszusprechen: Es ist gut, dass der Heilige Vater den weltweiten synodalen Prozess ins Leben gerufen hat. Als mehrjähriger Weg, dessen dritte Etappe gerade mit dem vor wenigen Wochen hier in Rom vorgestellten Dokument begonnen hat, ist er – wie der ganze Prozess – ein Weg des Miteinander-Redens und Aufeinander-Hörens. Wir danken dem Heiligen Vater für die theologische Suchbewegung nach dem, was Synodalität ist, wie er in seiner historischen Rede zum 50. Jahrestag der Errichtung der Bischofssynode 2015 formuliert hat.

Heute sind wir hier, um über den Synodalen Weg in Deutschland zu sprechen. Ehrlicherweise muss ich sagen: Bei diesem Gespräch fehlen wesentliche Personen und Träger des Synodalen Weges in unserem Land. Denn wir Bischöfe sind Teil einer Synodalversammlung mit 230 Personen – Gläubige, die sich mit großem Engagement für ihre Kirche einsetzen. Das Synodalpräsidium besteht aus zwei Bischöfen und zwei Laien. Leider hat also ein Großteil der Synodalen – insbesondere die Laien – keine Gelegenheit, wie wir sie heute haben. Und darum stehen unsere Überlegungen, Diskussionen, gemeinsamen Perspektiven und möglicherweise Wegweisungen unter dem Vorbehalt, dass sie mit allen im Synodalen Weg besprochen, vergemeinschaftet und angeeignet werden.

Mein zweiter Dank gilt dem Brief des Heiligen Vaters »an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland« vom 29. Juni 2019. Er drückt seine Hirtensorge für unsere Ortskirche aus. Die Perspektive der Worte des Papstes ist die Zeitenwende, der Umbruch, von dem er spricht. Dem schließen wir uns ganz an. Denn wir suchen einen Weg der Umkehr und Erneuerung. Und Papst Franziskus hat uns sein Verständnis von Synodalität dargelegt. Sie alle hier dürfen gewiss sein, dass uns dieser Brief beim Synodalen Weg begleitet hat. Bereits in der Präambel unseres Statuts hat er Aufnahme gefunden. In 80.000 Exemplaren wurde er zur Grundlage vieler Gespräche mit Bistümern, Gruppen und Verbänden. In Deutschland sind wir bereits seit mehr als 50 Jahren synodal unterwegs bei wichtigen Schritten und Entscheidungen. Mit unserem jetzigen Prozess sind wir in eine neue Phase eingetreten. Und wir möchten Synodalität auch in Zukunft dauerhaft üben. Es mag sein, dass wir zentrale Hinweise des Briefes noch nicht wirklich ausreichend integriert haben, aber für die Zukunft wollen wir das mehr und besser lernen.

Ich sage aber auch ehrlich, dass es Verwunderung ausgelöst hat, dass der Brief des Papstes auf den eigentlichen Ausgangspunkt des Synodalen Weges, nämlich den sexuellen Missbrauch, den mangelhaften Umgang damit durch kirchliche Autoritäten, die Vertuschung durch Bischöfe und auch die anhaltende Intransparenz in der Bearbeitung durch römische Stellen keinen Bezug nimmt. Liebe Schwestern und Brüder, ich darf darauf hinweisen: Heute ist der vom Papst initiierte jährliche Gedenktag für die Betroffenen sexuellen Missbrauchs in der Kirche. Für die meis-ten von uns Bischöfen ist nach der MHG-Studie von 2018 deutlich: Alle Bemühungen um Evangelisierung werden wenig fruchten, wenn nicht zuvor radikale Ehrlichkeit über Fehler und systemische Mängel in unserer Kirche dazu führen, konsequent, strukturell und bis hinein in die kirchliche Praxis und Lehre nach Umkehr und Erneuerung zu suchen. Nicht zuletzt haben nämlich bisherige Strukturen zum verheerenden Skandal sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen geführt. Mich erstaunt schon der Eindruck aus einigen Gesprächen der vergangenen Tage, dass dies nicht alle unsere Gesprächspartner teilen.

Wir haben als Kirche viel Vertrauen verspielt und nur noch wenig Glaubwürdigkeit. Der Skandal des sexuellen Missbrauchs darf in keiner Weise kleingeredet oder relativiert werden. Zuallererst muss es uns um den Schutz von Minderjährigen gehen und darum, dass Missbrauch nicht mehr vorkommt. Durch ihn ist die Kirche bis ins Mark hinein verletzt. Die Autorität von uns Bischöfen wurde durch eigenes Verschulden fragwürdig. Diese Stunde ist eine der schwersten Krisen der Kirche und zugleich eine der schwersten Krisen des sakramentalen Dienstamtes der Priester und Bischöfe. Glaubwürdigkeit und Autorität müssen uns von den Gläubigen wieder neu zugeschrieben werden. Nur so wird das Amt in der Kirche überhaupt wieder fruchtbar wirken können. Aber neues Vertrauen werden wir nur gewinnen, wenn sich die Ausübung unseres Dienstes stark verändert, indem wir Klerus, Ordensleute und Laien an Beratungen (decision making) und Entscheidungen (decision taking) ernsthaft und spürbar beteiligen. Und das gilt nicht nur für die Kirche in unserem Land, sondern ebenso für die Weltkirche. Wir bitten eindringlich darum, dass Sie uns in dieser Not hören.

Warum der Synodale Weg?

Wir als Bischöfe haben gehört und das hat uns dazu geführt, dass wir einen wichtigen Schritt gegangen sind und gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken den Synodalen Weg der katholischen
Kirche in Deutschland gestartet haben. Die
dort behandelten Themen sind letztlich Konsequenzen aus der »Missbrauchs-Studie« (MHG-Studie), die wir Bischöfe in Auftrag gegeben hatten und deren Ergebnisse im Jahr 2018 vorlagen. Wesentlicher Inhalt der Studie ist, dass verschiedene Faktoren in der Kirche, die eng verwoben sind mit der Art und Weise, wie wir als Kleriker unsere Ämter verstanden und gelebt haben, Missbrauchs-Taten befördert und Missbrauchs-Ahndung behindert haben.

Wir mussten erkennen, dass es der Umgang mit Macht und die Ausnutzung von Abhängigkeit waren, die zu Missbrauch geführt haben. Man kann es auch Klerikalismus nennen – vor dem Papst Franziskus immer wieder warnt –, denn ein autoritär-klerikalistisches Amtsverständnis hat zu Vertuschung missbräuchlichen Verhaltens und zur Schonung des Systems geführt. Es standen die Schonung und der Schutz der Institution im Mittelpunkt, die Interessen und der Schutz der Betroffenen kamen zu kurz.

Missbrauch ist nicht nur ein individuelles Fehlverhalten. Missbrauch hat auch systemische Gründe. Die Art und Weise, wie Bischöfe, Personalverantwortliche in Diözesen, Amtsbrüder und bisweilen auch Gemeinden mit Tätern und Opfern umgegangen sind, hat gewiss unbeabsichtigt Tätern den Eindruck vermittelt, dass ihre Taten nicht so schwerwiegend seien, und hat andere nicht davon abgehalten, Missbrauchstaten zu begehen. Zu diesem Ergebnis kommt übrigens auch der Abschlussbericht zum sexuellen Miss-brauch, den die Französische Bischofskonferenz in Auftrag gegeben hat.1

Insofern sind die Befassung mit Macht in der katholischen Kirche, die Befassung mit der katholischen Sexualmoral und auch das Nachdenken über die priesterliche Lebensform (= Themen von drei der vier Foren des Synodalen Weges) Konsequenzen aus der Notwendigkeit zur Aufarbeitung, Aufklärung und Prävention von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen und seiner auch systemischen Ursachen. Diese Ursachen wollen wir aufbrechen, um wieder neu Vertrauen der Menschen in und außerhalb der Kirche zu gewinnen.

Einige werden einwenden, dass die genannten Themen, zu denen man noch die Frage nach der Rolle der Frau in der Kirche – nach meiner persönlichen Einschätzung die entscheidende Zukunftsfrage – hinzufügen muss, schon seit mehreren Jahrzehnten kontrovers diskutiert werden. Manche sprechen in diesem Zusammenhang sogar von einem »Missbrauch des Missbrauchs«, der darauf ziele, eine angebliche Reformagenda durchzusetzen. Ich kann diese Kritik nicht verstehen und frage zurück: Müsste es uns nicht vielmehr beschämen, dass es erst der Aufdeckung des sexuellen und geistlichen Miss-brauchs bedurfte, damit wir uns mit jenen Aspekten der Verkündigung und des kirchlichen Lebens ernsthaft befassen, auf deren Problematik uns viele Gläubige und die theologischen Debatten schon seit Jahrzehnten aufmerksam machen? Heute müssen wir erkennen, dass die kritischen Stimmen nicht Ausdruck des Zeitgeistes, sondern der aufrichtigen Sorge um das Humanum und um
eine glaubwürdige Verkündigung der Kirche sind. Es ist um des Evangeliums willen wichtig, dass wir diesen Stimmen Gehör schenken.

Deshalb haben wir Bischöfe entschieden, einen Synodalen Weg mit dem Volk Gottes in Deutschland zu beschreiten. Wir haben eine Synodalversammlung einberufen, die ein Querschnitt des katholischen Lebens in Deutschland ist. Wir Bischöfe haben unsere Amtsvollmacht nicht aus der Hand gegeben. Aber wir wollen diese Amtsvollmacht im Sinne von Synodalität leben. Ich weiß, dass die oft heftigen Debatten in den Synodalversammlungen manche in der Weltkirche und auch hier in Rom irritiert haben. Einige haben auch öffentlich ihre Sorge geäußert, wohin der Synodale Weg die Kirche in Deutschland führen mag. Hier gibt es manches Unverständnis und manches Missverständnis. Deshalb lassen Sie mich eines an dieser Stelle ganz unmissverständlich sagen:

Der Synodale Weg der Kirche in Deutschland sucht weder ein Schisma noch führt er in eine Nationalkirche. Wer immer von Schisma oder Nationalkirche spricht, kennt weder die deutschen Katholikinnen und Katholiken noch die deutschen Bischöfe. Mich macht traurig, welche Macht dieses Wort bekommen hat, mit dem man uns die Katholizität und den Willen zur Einheit mit der weltweiten Kirche abzusprechen versucht. Dazu gehört leider auch der recht unzutreffende Vergleich mit einer »guten evangelischen Kirche«. Er trifft leider nicht die Intention und Zielrichtung unserer Bemühungen. Denn wir suchen eine bessere katholische, aus der sakramentalen Dimension heraus lebendige Kirche. Diese Bemühungen sind wahrlich anstrengend und sie bringen auch uns Bischöfe deutlich miteinander in Auseinandersetzungen und Spannungen. Ja, in unseren Foren und auf unseren Synodalversammlungen wird gestritten. Es ist wie in einer Familie, wo es auch schon einmal laut wird. Der teilweise emotionale Ton der Debatte ist Ausdruck der Leidenschaft für das Evangelium und der Leidenschaft für die Kirche. Und was wäre eine Liebe ohne Leidenschaft? Doch wir bleiben zusammen.

Wir gehen die Fragen und Probleme, die sich in der Verkündigung und in der Pastoral tagtäglich stellen, in einer theologischen Weise an. Ich sehe die Theologie an unseren Universitäten als einen Reichtum der Kirche an. Das große Engagement der Theologieprofessoren und -professorinnen auf dem Synodalen Weg hilft uns, die Situation der Kirche besser zu analysieren, Argumentationen auszuarbeiten und nach Lösungen zu suchen, die mit guten theologischen Gründen verantwortet werden können. Reichtum kann auch überheblich und selbstgenügsam machen. Schwestern und Brüder, wir wissen um diese Versuchung. Vielleicht ist der eine oder andere ihr auch bisweilen erlegen. Doch der Dienst der universitären Theologie ist für die Kirche unverzichtbar. Wir brauchen das Wissen und die Einsichten der theologischen Disziplinen ebenso wie der Natur- und Humanwissenschaften, um zu zuverlässigen Antworten auf die Fragen unserer Zeit zu kommen. Ich möchte hier ganz bewusst unsere Beschlüsse nennen, denn darum wird es ja nachher gehen:

– Orientierungstext »Auf dem Weg der Umkehr und der Erneuerung. Theologische Grundlagen des Synodalen Weges der katholischen Kirche in Deutschland«

– Grundtext »Macht und Gewaltenteilung in der Kirche, Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag«

– Handlungstext »Einbeziehung der Gläubigen in die Bestellung des Diözesanbischofs«

– Handlungstext »Synodalität nachhaltig stärken«

– Grundtext »Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche«

– Handlungstext »Lehramtliche Neubewertung von Homosexualität«

– Handlungstext »Grundordnung des kirchlichen Dienstes«

Diesen Texten haben auch mehr als zwei Drittel, ja bis zu 85 Prozent der Bischöfe zugestimmt. Sie sind im bisherigen Verlauf unsere Antwort auf das, was wir als Anfragen an die Kirche sehen. Es wird keine neue Kirche gegründet, sondern die Beschlüsse des Synodalen Weges fragen auf der Grundlage der Heiligen Schrift, der Tradition und des letzten Konzils, wie wir heute Kirche sein können – missionarisch und dynamisch, ermutigend und präsent, menschendienlich und einander helfend. Diese Texte wollen unser Beitrag zum Gespräch auf Ebene der Weltkirche sein.

Bei den Beschlüssen differenzieren wir selbstverständlich: Was können wir vor Ort umsetzen, dazu sehen wir uns als Bischöfe ermutigt; und was bedarf der Beratung und Entscheidung auf der Ebene der Weltkirche? Wir sind dankbar, dass mit dem weltweiten synodalen Prozess Raum gegeben ist, die Themen einzubringen.

Umbruchssituation

Die Frage, wie wir heute Glauben leben und Kirche sein können, ist die zentrale Zukunftsfrage. Sie dürfen sicher sein, dass wir beim Synodalen Weg nicht nur über Strukturen sprechen und um den eigenen Kirchturm kreisen. Im Gegenteil: Mit dem Synodalen Weg wollen wir ein Sprechen über Gott in der Öffentlichkeit neu beleben. Unsere Gesellschaft, so säkular und selbst im Umbruch befindlich sie auch sein mag, braucht Religiosität, braucht das öffentliche Zeugnis des christlichen Glaubens und neue Impulse, Gott zur Sprache zu bringen. Auf dem Markt der Sinnanbieter sind wir aber heute nur ein Angebot unter vielen. Dieses Angebot, wenn Sie mir den Begriff gestatten, müssen wir neu sichtbar und erlebbar machen.

Selbst wenn wir Erosionsprozesse einer vergehenden kirchlichen Sozialgestalt (zurückgehendes Ehrenamt, Taufen, Akzeptanz von Kirche in der Öffentlichkeit) wahrscheinlich nicht stoppen können, lassen wir uns nicht entmutigen, nach überzeugenden Gestalten zeitgemäßen Glaubenslebens zu suchen und Menschen neu dafür zu gewinnen. Dies ist keine leichte Aufgabe, immerhin sind zum ersten Mal in der Geschichte unseres Landes Katholiken und Protestanten weniger als 50 Prozent der Bevölkerung. Die Folgen der Corona-Pandemie sind unübersehbar, auch in unserem seelsorglich-pastoralen Leben.

Wir befinden uns in einer Umbruchsituation. Noch hat niemand die eine Lösung anzubieten. Es gibt auch nicht nur einfache Lösungen. Was in dieser Situation gut und richtig ist und was getan werden muss, darum ringen wir in der Bischofskonferenz miteinander. Einig sind wir uns nicht nur darin, dass wir uneinig sind; wir sehen uns alle in der persönlichen und gemeinsamen Verantwortung, diese Situation und diese Zeitstunde der Kirche aktiv mitgestalten und nicht nur reaktiv entgegennehmen zu wollen. Aber wir stehen hier im Gespräch nicht mit einer einheitlichen Meinung als »Block«, es gibt unter uns eine große Bandbreite an Auffassungen und Handlungsoptionen.

Perspektive

Deshalb suchen wir Sie als Gesprächspartner, die uns helfen, diese momentane Spannung auszuhalten und zu gestalten. Wir sind in Sorge, dass ein zu schnelles »Auflösen« der Spannungen zu Spaltungen führen könnte, die uns allen nicht weiterhelfen. Wir kommen in der Hoffnung, dass wir gemeinsam einen katholischen Rahmen finden können, innerhalb dessen auch Unterschiede und Ungleichzeitigkeiten ihren Platz haben dürfen.

Die Bischofssynode macht stark, dass es vor allem um das Hören aufeinander geht. Auch dieser Aspekt ist unter der Voraussetzung, dass das Vertrauen gestört ist, zu betrachten. Aber: Hören findet statt; insbesondere in den Synodalforen; ein Forum hat sich sogar eine spezielle Methode angeeignet, um in den spannungsreichen Themen das Aufeinander-Hören zu gestalten und insbesondere die Minderheiten vernehmbar zu machen. Und wir treffen uns im Vorfeld von Synodalversammlungen in Hearings, um gemeinsam die Themen zu vertiefen. Gleichzeitig wird zwischen den Versammlungen an den Texten gearbeitet, so dass jeder die Möglichkeit hat, seine Auffassungen in die Debatte einzubringen.

Wir sind froh, uns mit diesen unseren Anliegen und Spannungen in den weltkirchlichen synodalen Prozess einbringen zu können, der sich im Frühjahr 2023 in der kontinentalen Phase fortsetzt; dankbar, dass durch die Verlängerung der weltkirchlichen Phase auch ein wenig Tempo herausgenommen wurde, was der Vergewisserung untereinander sicherlich dienlich ist. Das Arbeitsdokument lässt die vielfältigen Stimmen der Weltkirche in Originalzitaten zu Wort kommen. Es berichtet von den Erfahrungen der Ortskirchen, den Schwierigkeiten, auf die die Verwirklichung einer synodalen Kirche stößt, aber auch von den Früchten, die die synodalen Prozesse bereits jetzt erbracht haben. Schon nach einem Jahr hat dieser synodale Prozess eine Dynamik ausgelöst, die zu einem neuen Verständnis der Würde aller Getauften, zu einer breiteren Mitverantwortung der Gläubigen für die Sendung der Kirche und zu einer deutlicheren Wahrnehmung der Herausforderungen geführt hat, vor denen wir in der weltweiten Kirche stehen. So hat der synodale Prozess bereits jetzt die Kirche verändert.

Deshalb möchte ich noch einmal betonen: Das römische Arbeitsdokument für die Synode macht deutlich, dass der Synodale Weg der Kirche in Deutschland als Teil einer synodalen Dynamik zu verstehen ist, die die ganze Kirche ergriffen hat. Die Themen, mit denen wir uns in den vier Foren und auf den Synodalversammlungen befassen, werden auch in anderen Teilen der Kirche erörtert. Zudem bietet das Arbeitspapier auch einen wertvollen und beeindruckenden Blick »über den eigenen Tellerrand hinaus« auf die Themen, Fragen und Perspektiven in anderen Teilen des weltweiten Volkes Gottes. Dabei sind viel Gemeinsames, gut Vergleichbares, aber auch in unterscheidender Weise Spezifisches zu entdecken.

Und nun freuen wir uns auf Anfragen, weiterführende Impulse und auf einen brüderlichen Austausch.

Fußnote

1 Vgl. Commission indépendante sur les abus sexuels dans l’Église (CIASE), Les violences sexuelles dans l’Église catholique. France 1950-2020 vom 5. Oktober 2021 (Kap. II. Le questionnement quant aux causes profondes du phénomène des violences sexuelles perpétrées au sein de l’Église catholique, S. 311–345). https://www.ciase.fr/medias/Ciase-Rapport-5-octobre-2021-Les-violences-sexuelles-dans-l-Eglise- catholique-France-1950-2020.pdf. Englische Version: https://www.ciase.fr/medias/Ciase-
Final-Report-5-october-2021-english-version.pdf.

Von Bischof Dr. Georg Bätzing