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Schwester Grazia spricht über ihre Arbeit in einem Flüchtlingscamp

Die Kraft der Liebe macht uns stark

 Die Kraft der Liebe macht uns stark  TED-047
25. November 2022

Schwester Grazia Patthayaporn gehört der Kongregation der Dienerinnen der Kranken vom heiligen Kamillus an, die allgemein als Kamillianerinnen bekannt sind. In einem Interview mit Vatican News sprach Sr. Patthayaporn über ihre Erfahrungen in einem Flüchtlingscamp an der Grenze zwischen Thailand und Myanmar und über ihre Mission in den Bergen unter den katholischen Christen der Karen-Völker.

Die Ordensschwester berichtet uns, dass viele Menschen aus Myanmar fliehen und in drei Camps in den Tak-Provinzen – Maela, Umpiem Mai und Nupo – Zuflucht finden. Die Flüchtlinge werden unter dem Schutz des UNHCR und der thailändischen Regierung aufgenommen. Nach Schätzungen des UNHCR werden über 90.000 Flüchtlinge aus Myanmar in neun Durchgangslagern betreut.

In dem Camp, in dem Sr. Patthayaporn Dienst tut, leben viele Kinder, Jugendliche, ältere Menschen und Kranke. Sie arbeitet mit COERR (Catholic Office for Emergency Relief and Refugees) zusammen, einer Nicht-Regierungsorganisation, die zur Caritas Thailand gehört, und stimmt sich mit dem UNHCR und mit anderen katholischen Organisationen ab, die soziale Dienstleistungen sowohl für Katholiken als auch Nicht-Katholiken anbieten.

Die Arbeit in diesen Bergregionen stellt eine gewaltige Herausforderung dar. »Ich fühle mich sehr klein«, erklärt Sr. Patthayaporn, »aber ich bin überglücklich, dass Gott es mir erlaubt, diese Menschen zu begleiten. Ich liebe sie, und sie spüren auch die Liebe Gottes durch den Dienst, den wir leisten«. Zusammenarbeit und Netzwerkbildung sind nach Auffassung von Sr. Patthayaporn sehr wichtig. »Wir versuchen, unser Bestes zu geben – nicht in unserem eigenen Namen, sondern im Namen Jesu Christi«, fährt sie fort, indem auf alle Menschen als Brüder und Schwestern zugegangen wird. »Das ist es, was uns stark macht… die Macht der Liebe. Ich spüre, dass wir, je mehr wir geben, auch desto mehr empfangen, denn Gott ist unser Mittel, der Beweggrund« hinter allem, was wir tun.

Schwester Patthayaporn sagt, sie entdecke jeden Tag, dass sie »ein kleines Werkzeug Gottes« ist für alle Menschen, denen sie begegnet. »Wir können zuhören, wir können miteinander teilen«, sagt sie. »Wir können auf vielerlei Weise den Menschen helfen, Wege zu finden, um ihre Lebensqualität zu verbessern. Ich weiß, dass das nicht einfach ist, aber gemeinsam können wir große Dinge tun«. Die größte Herausforderung ist Sr. Pat-thayaporn zufolge die geringe Zahl von Katholiken in Thailand. »Aber wir spüren, dass Gott uns bestärkt, und auch die Kirche bestärkt uns« durch Vernetzung.

»Ordensfrau sein ist nicht schwer«, sagt
Sr. Patthayaporn. »Es bedeutet, auf Gottes Liebe zu antworten; dann wird Gott alles tun. Ich muss nur mein Herz öffnen und auf seinen Ruf reagieren, wo auch immer er mich ruft. Das ist die Gnade Gottes. Mein Leben ist durch die Antwort auf den Ruf Gottes immer stärker erfüllt«.

»Die Kranken lieben und ihnen dienen«; so lautet der Leitstern, den Sr. Patthayaporn von der seligen Domenica Brun Barbantini, der Gründerin ihres Instituts, und vom heiligen Kamillus empfangen hat. Durch Erfahrung hat sie dann selbst entdeckt, dass »Menschen in verschiedenen Dimensionen – nicht nur physisch – krank sind. Menschen sind auf unterschiedliche Weise krank. Dienerin der Kranken zu sein, ihre Wunden zu heilen bedeutet, dass ich auf vielerlei Weise auf den Ruf Gottes achten soll«.

»Momentan befinden wir uns in Thailand, an der Grenze zu Myanmar. Wir können die Bomben hören. Jedes Mal, wenn ich sie höre, fange ich einfach an zu beten. Und wir organisieren uns, um das Leid der Menschen zu lindern. Und die Leute spüren, dass etwas von der Liebe Gottes auf sie zukommt… Wir haben wirklich ein offenes Ohr für die Nöte der Menschen und spüren sehr stark, dass Gott uns aufruft, auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen«.

Schwester Patthayaporn erinnert sich, dass sie gerade in Italien war, als sie vom Ausbruch des Krieges in Myanmar erfuhr. »Mein Herz weinte«, gesteht sie, denn sie hatte schon in einem Flüchtlingscamp gearbeitet und wusste, welches Leid auf die Menschen zukommen würde. »Als ich zurückkam, bekam ich die Möglichkeit, zu diesen Leuten zu gehen und sie zu trösten. Ich spüre, dass Gott uns wirklich liebt, insofern er uns die Gelegenheit gibt, zu teilen und neue Wege zu finden, Neuerungen zur Verbesserung« der Art und Weise, wie den Menschen geholfen werden kann. Sie träumt auch von einer »Verbesserung der Lebensqualität der Chris-ten durch Zusammenarbeit mit Nicht-Chris-ten«. Schwester Patthayaporn sieht sich selbst als Brücke bei diesem Vorhaben, da sie mit ihrer Gemeinschaft inmitten von Chris-ten, Muslimen, Buddhisten lebt. Neben der Hilfestellung für Flüchtlinge, die vor dem Krieg in Myanmar fliehen, »gibt es noch ein weiteres Problem«, erklärt Sr. Patthayaporn: »Viele Menschen an der thailändischen Grenze sind Thais. Sie wurden dort geboren, können aber keinen Ausweis bekommen« wegen der langen Reise, die notwendig ist, um die nötigen Dokumente einzureichen. Dass sie den Ausweis nicht besitzen, heißt, dass diese Menschen keinen Anspruch auf die Leistungen für thailändische Staatsbürger erheben können, erläutert
Sr. Patthayaporn.

Die Schwestern haben begonnen, auch in diesem Bereich Hilfe zu leisten, sogar durch »Koordinierung mit den staatlichen Stellen. Die Regierung hat die Möglichkeit zu helfen«, erklärt sie. »Aber manchmal fehlt es ihnen an Nahrung… Auch die Regierung hat ihre Grenzen… Deshalb suchen wir nach neuen Wegen, um zum Wohl dieser leidenden Menschen Dinge zu organisieren«.

»Dass Gott uns seine Weisheit schenkt, macht mich sehr glücklich. Ich muss nichts alleine tun. Auch die Menschen sind glücklich über unsere Zusammenarbeit. Ich würde gerne meine Freude dadurch teilen, dass ich den besten Weg zur Verbesserung unseres Dienstes finde und unseren Gott sehr liebe«.

#sistersproject

Von Sr. Bernadette Reis