Gedanken zum Sonntag - 20. November: Christkönigsfest

Gemeinschaft gestalten

 Gemeinschaft gestalten  TED-046
18. November 2022

»Es lebe der König!« Das Ereignis wird weltweit für Aufsehen sorgen, denn die Krönungen von Königen sind selten geworden. Wie wird das sein? In der Sprache der altehrwürdigen Riten, die seit Jahrhunderten den Monarchen und die, die mit ihm feiern, in die Pflicht nehmen? Oder der heutigen Zeit, und ihren Ausdrucksformen angepasster, damit aus Altem heraus Neues, Sinngebendes entsteht? Beim König und seiner Krönung geht es ja nicht einfach nur um den Monarchen und seine Ehre. Es geht um den Dienst, den er für sein Volk ausübt. Es geht um seinen Einsatz, einer Gesellschaft und ihrem Zusammenleben eine Erzählung zu geben, in der sich jeder und jede finden kann, eine Identifikation, die unterschiedliche Ansichten überbrückt und zum Frieden beiträgt.

Wenn alle gemeinsam sich mit dem König und seinem Dienst identifizieren, dann schenkt ihm das auch die Möglichkeit diese Gemeinschaft zu gestalten. Eine große Verantwortung, die nur von einem hohen Maß an Integrität und Vertrauenswürdigkeit leben kann. Das hören wir dieses Jahr auch in der ersten Lesung aus dem zweiten Buch Samuel zum Christkönigsfest. Es sind eben alle Stämme Israels, die zu David nach Hebron kommen, und die in ihm den erkennen, der glaubwürdig Hirte für sein Volk ist, weil er
die Grunderzählung des Volkes Israel verkörpert: Die Heilsbotschaft, dass Gott selbst als
Hirte die Menschen zum Leben in Fülle führen möchte. Ganz anders ist das Bild, das sich im Evangelium nach Lukas zum Fest am letzten Sonntag im Jahreskreis bietet. Viele sind nicht mehr da, in jener Stunde, als Jesus am Kreuz stirbt. Die Bezeichnung als König ist entweder ein reiner Spotttitel unter einem Geflecht aus Dornen geworden oder der Hinweis auf ein Verbrechens, für das er zu verurteilen war. Und so sind auch hauptsächlich noch Spötter oder Verbrecher da.

Jesus aber bleibt der Christus, der Gesalbte, der in seiner ganzen Existenz, die sich gerade im letzten Atem seines Lebens verschenkt, dafür steht, dass Gott der Hirte ist, den selbst der Tod nicht davon abhalten kann, keinen verloren gehen zu lassen. Der Schächer zu seiner Rechten ist der Letzte – im wahrsten Sinn des Wortes – dem sich Jesus bei Lukas zuwendet. Eine Zuwendung, die das hier und heute dieser Welt hineinträgt in die Ewigkeit der Heimat beim Vater, und die so alles schenkt: Vergebung, Erlösung, ewiges Leben. Das ist Chris-tus, der König: »Der Frieden gestiftet hat am Kreuz durch sein Blut.« (Kol 1,20)

Michael Max,
Rektor des Päpstlichen Kollegs
Santa Maria dell’Anima in Rom