Gedanken zum Sonntag - 30. Oktober: 31. Sonntag im Jahreskreis

Möglichkeit der Umkehr

 Möglichkeit der Umkehr  TED-043
28. Oktober 2022

Das heutige Evangelium berichtet uns von Zachäus, dem obersten Zollpächter von Jericho. Er ist sehr reich an materiellen Gütern, wird aber von der Gesellschaft verachtet. Mit einem Zöllner will keiner etwas zu tun haben. Die Tischgemeinschaft mit Zöllnern ist verpönt. Sie werden als unrein angesehen und der Umgang mit ihnen macht unrein. In der Gesellschaft zur Zeit Jesus sind die Begriffe »Zöllner« und »Sünder« eigentlich austauschbar. Sie werden gemieden.

Doch Zachäus hat noch ein anderes Handicap. Er ist klein von Gestalt. Er wird nicht nur von seinen Mitbürgern verachtet, er wird auch übersehen, weil er klein ist. Deshalb klettert er auf den Maulbeerfeigenbaum, um Jesus wenigstens sehen zu können, als der nach Jericho kommt.

Und da geschieht das Unerwartete: Jesus schaut zu ihm auf. Jesus übersieht ihn nicht – ihn, den Verachteten, den Unreinen. Mehr noch: er spricht ihn an und fordert ihn auf, vom Baum herunterzusteigen, sich zu zeigen. Und er sagt zu ihm: »Ich muss heute in Deinem Haus bleiben!« Jesus schaut den Verachteten an und wünscht sich Gemeinschaft mit ihm.

Das kann bei der Menschenmenge, die Zachäus immer verachtet und übersehen hat, nicht ohne Folgen bleiben. Sie reagieren empört! Wie kann das sein?
Jesus kehrt bei einem Zöllner, einem Sünder ein! Jesus, der sucht und rettet, was verloren ist, der sich den Kleinen, den Verachteten und Übersehenen der Gesellschaft zuwendet, spricht ihm die Würde nicht ab, ein Sohn
Abrahams und damit Kind Gottes zu sein. Er sieht ihn. Er spricht ihm Heil und Heilung zu – und bewirkt damit seine Umkehr: »Siehe, die Hälfte meines Vermögens gebe ich den Armen, und wenn ich von jemandem zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück.«

Die Vorurteile der Gesellschaft spielen für
Jesus keine Rolle. Er sieht den Menschen, auch und gerade den Ausgegrenzten. Das Urteil der Menge ist ihm egal. Denn er »ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.« Er spricht jeden an und gibt ihm die Möglichkeit der Umkehr. Zachäus hat sie ergriffen. Ob sie auch die Menschen von Jericho begriffen haben?

P. Dr. Markus Graulich SDB,

Untersekretär des Dikasteriums

für die Gesetzestexte