Assisi/Vatikanstadt. Papst Franziskus reiste am Samstag,
24. September, nach Assisi, wo er an der Abschlussveranstaltung
der Initiative »The Economy of Frances-co« teilnahm. Rund 1.000 Teilnehmer waren dort zu einem dreitägigen Treffen zusammengekommen. Der Papst selbst hatte vor drei Jahren zu diesem Austausch junger Wirtschaftswissenschaftler und Unternehmer mit etablierten Ökonomen angeregt. Der Titel verweist auf Franz von Assisi. Bislang fanden zwei (wegen der Pandemie vorrangig digitale) Treffen statt.
Im Veranstaltungsort, dem »Lyrick-Theater«, stellten die Teilnehmer dem Papst zunächst in einer künstlerischen Umsetzung in Video, Musik, Akrobatik und Tanz einige Fragen zur gegenwärtigen Situation und mögliche Veränderungen vor, über die sie in den vergangenen beiden Tagen debattiert hatten. »Wächter, wie lang ist noch die Nacht?«, das Zitat aus
Jesaja 21 war das Leitmotiv der Aufführung. Eine »Prozession der Fragen«, bestehend aus jungen Leuten mit Laternen, durchquerte den Saal. Eine Ukrainerin stellte die Frage: »Wie lange ist noch Krieg? Wann wird das unermessliche Leid unseres Volkes und aller Länder im Krieg ein Ende haben?« Andere Fragen betrafen die Rechte der Frauen und Kinder, die Rechte der indigenen Völker. »Wann wird sich die Wirtschaft, die tötet, in eine Wirtschaft des Lebens verwandeln?« war eine zentrale Frage. Es gehe darum, die Fragen zu hören und Antworten zu suchen, so die Jugendlichen. Dabei war das dreitägige Treffen ein Ort, an dem Lösungen gefunden, aber vor allem Ideen in Projekte umgewandelt werden konnten. Die Arbeitsgruppen waren bereits vor der Pandemie-Zwangspause organisiert worden, und die Jugendlichen hatten Zeit, sich kennenzulernen und digital Kontakte zu knüpfen.
Im folgenden Teil der Veranstaltung erzählten einige Teilnehmer von ihren Träumen und Erwartungen, von der Arbeit, von Projekten und Ideen. Eine der Moderatorinnen dankte Papst Franziskus: »Danke, dass Sie an uns geglaubt haben, dass Sie uns aufgerufen haben, der Wirtschaft eine Seele zu geben; dass Sie uns Franz von Assisi als ein Vorbild aufgezeigt haben, an dem wir uns orientieren können, um Brüderlichkeit zu lernen; danke, dass Sie uns daran erinnert haben, dass wir die Gegenwart sind und nicht nur die Zukunft.« Eine junge italienische Wirtschaftswissenschaftlerin erzählte auf der Bühne von ihrem Weg. Es habe zwei entscheidende Momente gegeben: die Veröffentlichung der Enzyklika Laudato si’ und das Schreiben des Papstes vom Mai 2019, in dem er die Jugendlichen nach Assisi eingeladen und sie aufgerufen habe, die Wirtschaft zu überdenken. Ein junger Geschäftsführer aus Benin brachte anschließend seine Überzeugung zum Ausdruck, dass »das Geheimnis des Fortschritts darin besteht, Probleme in Chancen umzuwandeln«. Sein Unternehmen sei auf eine integrative und partizipative Wirtschaft ausgerichtet, die die Umweltprinzipien respektiert und zur sozialen Gerechtigkeit beiträgt. Das Problem eines Unkrauts, der Wasserhyazinthe, habe Möglichkeiten zu einer Neuverwertung dieser invasiven Pflanze eröffnet, die in organischen Kompost, Kunstgegenstände, organischen Kohlenstoff, saugfähige Fasern und Biogas umgewandelt werde. Des Weiteren berichteten ein Ökonom aus Argentinien, eine Umweltaktivistin aus Thailand, ein Wirtschaftswissenschaftler aus Kenia, eine Frauenrechtlerin aus Afghanistan und ein junger Landwirt aus Polen. Zuletzt folgte das Zeugnis von Andrea, der seit neun Jahren im Gefängnis ist und dank eines Wiedereingliederungsprojekts Physik studieren und arbeiten kann. Er dankte Papst Franziskus »für die Hoffnung, die Sie uns täglich durch Ihre Worte geben, für die Würde, die Sie uns geben. Ich bin ein schuldig gewordener junger Mann, aber ich bin auch ein junger Mann im Sinne von Franziskus. Zu Beginn meiner Inhaftierung im Jahr 2013 habe ich Ihnen einen Brief geschrieben, in dem ich Sie um Vergebung für meine Taten bat, und ich habe unerwartet schnell eine Antwort erhalten. Dank dieser Vergebung konnte mein Leben neu beginnen…«
Nach den Zeugnissen unterstrich Papst Franziskus in seiner an mehreren Stellen in freier Rede ergänzten Ansprache, dass eine neue Wirtschaft »eine Wirtschaft des Friedens« sein müsse, die vor allem »die Armen in den Mittelpunkt« stelle.
Zum Abschluss wurde der »Pakt« verlesen, den die Jugendlichen in den drei Tagen gemeinsam erarbeitet hatten. Lilly, eine der jüngsten Teilnehmerinnen der Konferenz, unterzeichnete ihn im Namen aller gemeinsam mit dem Papst. Darin verpflichten sich die »jungen Wirtschaftswissenschaftler, Unternehmer, Changemaker aus der ganzen Welt«, dass sie als Einzelne und gemeinsam so leben wollen, »dass die Wirtschaft von heute und morgen eine vom Evangelium geprägte Wirtschaft wird«. Diese Wirtschaft sei keine Utopie, sondern werde bereits aufgebaut.
Die Ansprache von Papst Franziskus finden Sie auf den
Seiten 8 und 9