Papst Franziskus nimmt an internationalem Religionstreffen in Kasachstan teil

Gott ist Frieden und führt immer zum Frieden

 Gott ist Frieden und führt immer zum Frieden  TED-037
16. September 2022

Vatikanstadt/Nur-Sultan. Papst Franziskus ist am Dienstagnachmittag, 13. September, in Kasachstan gelandet. Begrüßt wurde der Papst auf dem Flughafen in Nur-Sultan von Staatspräsident Kassym-Schomart Tokajew, weiteren Regierungsvertretern sowie den kasachischen Bischöfen.

Anlass der Reise war ein interreligiöses Friedenstreffen, an dem rund 100 Delegationen aus 50 Ländern teilnahmen. Seit 2003, auch als Reaktion auf den islamistischen Terroranschlag vom 11. September 2001 in den USA, lädt die kasachische Regierung alle drei Jahre zum »Kongress der Führer von Welt- und traditionellen Religionen« ein. Das offizielle Motto der Papstreise lautete »Boten des Friedens und der Einheit«. Für Papst Franziskus ist der Kasachstan-Besuch nach Malta und Kanada die dritte Auslandsreise im laufenden Jahr. Insgesamt ist es die 38. Auslandsreise im Pontifikat von Franziskus.

Nach der Ankunft in der kasachischen Hauptstadt fuhr Franziskus in den Präsidentenpalast weiter, wo eine Begrüßungszeremonie und eine private Begegnung mit dem Präsidenten stattfand. Im Anschluss hielt der Papst beim Treffen mit Vertretern von Regierung, Zivilgesellschaft und Diplomatie in der nationalen Konzerthalle die erste Ansprache. Er unterstrich, dass es »an der Zeit sei, das Zuspitzen von Rivalitäten und das Verfestigen einander entgegengesetzter Blöcke zu vermeiden«. Weiter führte der Papst aus: »Wir brauchen Führungspersönlichkeiten, die es den Völkern auf internationaler Ebene ermöglichen, einander zu verstehen und miteinander zu reden, und die einen neuen ›Geist von Helsinki‹ aufkommen lassen.« Um eine stabilere und friedlichere Welt aufzubauen, seien »Verständnis, Geduld und Dialog mit allen nötig. Ich wiederhole: mit allen.«

Das Gastgeberland Kasachstan habe mit seiner Lage an der Grenze zwischen Ost und West die »besondere Berufung, Land der Begegnung zu sein«. Dazu könnten insbesondere die Religionsgemeinschaften einen wichtigen Beitrag leisten. Ausdrücklich betonte der Papst in seiner Ansprache die Religionsfreiheit als »beste Grundlage für ein gutes gesellschaftliches Zusammenleben«.

Der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew dankte Papst Franziskus dafür, dass dieser in »einer kritischen Phase der Menschheitsgeschichte« nach Kasachstan gekommen sei. In seiner Ansprache sagte Tokajew, die Familie der Nationen bewege sich angesichts eskalierender geopolitischer Spannungen am Abgrund. Hinzu komme die rasche Ausbreitung religiöser und ethnischer Intoleranz, die zum »neuen Normalzustand« geworden seien. Vor diesem Hintergrund sei die Teilnahme von Papst Franziskus am Kongress der Weltreligionen in Kasachstan von großer Bedeutung und werde zu dessen Erfolg beitragen. Der Papst stehe für eine starke Botschaft der Inspiration und der Solidarität.

Am folgenden Tag, 14. September, wandte sich der Papst als Hauptredner im Unabhängigkeitspalast mit einem leidenschaftlichen Friedensappell an die Teilnehmer des Kongresses, die um einen großen runden Tisch versammelt waren (siehe Bild). Er führte in seiner Rede aus: »Das Heilige darf nicht zur Stütze der Macht werden und die Macht darf sich nicht auf das Heilige stützen! Gott ist Frieden und führt immer zum Frieden, niemals zum Krieg.« Nachdrücklich wandte sich der Papst auch gegen alle Formen des religiösen Fanatismus und des Fundamentalismus. Zugleich verteidigte der Papst die Religionsfreiheit und erinnerte an deren Unterdrückung in den Jahrzehnten der sowjetischen Herrschaft. Auf der Suche nach dem Frieden seien die Religionen nicht das Problem, sondern Teil der Lösung für ein harmonisches Zusammenleben im Geist der Geschwisterlichkeit, so der Papst. Auch die Demokratien brauchten die Religion, »um auf den Durst der Welt nach Frieden zu antworten und auf den Durst nach dem Unendlichen, der im Herzen eines jeden Menschen wohnt«.

Ein weiteres Thema der langen Grundsatzrede des Papstes war die Zerstörung der na-türlichen Lebensgrundlagen. Angesichts des Klimawandels müsse das gemeinsame Haus der Schöpfung »geschützt werden, damit es nicht der Logik des Profits unterworfen wird, sondern zum Lob des Schöpfers für künftige Generationen erhalten bleibt«. Nach der Ansprache des Papstes und weiterer Teilnehmer fanden private Begegnungen der in Nur-
Sultan anwesenden Religionsdelegationen statt. Darunter befand sich auch eine Delegation des russisch-orthodoxen Patriarchats.

Darüber hinaus feierte Franziskus in Kasachstan eine heilige Messe und traf mit Bischöfen, Priestern und anderen kirchlichen Mitarbeitern des Landes in der katholischen Kathedrale von Nur-Sultan zusammen.

Aufgrund des Redaktionsschlusses unserer Zeitung am Mittwoch finden Sie die Ansprachen des Papstes in der kommenden Ausgabe.