Christentum und Entstehung des modernen Europa
Nach den Monographien über Martin Luther und Kaiser Karl V. legt Heinz Schilling, emeritierter Professor für Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit der Humboldt-Universität in Berlin, nun seine Geschichte des Christentums in den Jahrhunderten des Aufbruchs in die Moderne vor, eine »Entstehungsgeschichte der modernen Welt aus den Wurzeln des Christentums«. Mit zahlreichen Beispielen zeichnet er in vier Großabschnitten nach, wie aus der einen lateinischen Christenheit das multikonfessionale Europa der Frühen Neuzeit hervorging. Zunächst beschreibt er die Hauptentwicklungslinien des lateinischen Christentums von der Spät-antike über das Mittelalter bis hin zu den Voraussetzungen des im
14. Jahrhundert einsetzenden Wandels. Im zweiten Teil setzt sich der Verfasser mit Renaissance und Reformationen als zwei gegensätzlichen und komplementären Epochen auseinander, gefolgt von der »Epoche der Konfessionalisierung« als einer »ersten Sattelzeit der Moderne, auf die dann deren endgültiger Durchbruch in Aufklärung und Revolutionszeit folgte«. Der vierte Teil schließlich behandelt »Erfahrungsfelder christlichen Lebens in der Frühen Neuzeit«, wie frühneuzeitliche Konfessionsmigration und deren Beitrag zur Entstehung der modernen Welt oder Religion als Garant weltlicher Ordnung. Der »Epilog« ist dann der Christenheit im modernen Europa gewidmet, nachdem sich das frühneuzeitliche Europa der christlichen Mächte in das moderne Staateneuropa verwandelt hatte. Das Zeitalter des Konfessionalismus war religions- und geistesgeschichtlich von Aufklärung, Liberalismus und Nationalismus abgelöst worden, was schließlich zur Pluralität unserer Gegenwart führte.
Heinz Schilling, Das Christentum und die Entstehung des modernen Europa. Aufbruch in die Welt von heute, Freiburg im Breisgau (Herder) 2022; ISBN der gebundenen Druckausgabe: 978-3-451-38544-5; 480 S., 28 Euro.