Liebe Freunde!
Ich freue mich, euch zu empfangen, und ich begrüße euch sehr herzlich, angefangen beim Nationalpräsidenten. Ich danke ihm für seine so »humanistischen«, tiefen Worte. Danke. Am vergangenen 25. Februar habt ihr den 100. Jahrestag des Italienischen Verbandes zur Tumorbekämpfung (»Lega Italiana per la Lotta contro i Tumori« – LILT) gefeiert: eine Geschichte, die die Wurzeln in einer Vergangenheit hat, die reich ist an bedeutenden Entwicklungen und weitergegeben wird an eine Gegenwart, die von ständigem Einsatz geprägt und offen ist für eine Zukunft aus Erwartungen und Perspektiven. Gestattet mir zu sagen: Alles Gute zum Geburtstag! Und diese guten Wünsche gelten auch den vielen Menschen, für die ihr tätig seid: vor allem den vielen Patienten und auch den Mitarbeitern im Gesundheitswesen und den Forschern.
Euer Verband ist ein historischer Vorgänger der heutigen Palliativbehandlungen, die so wichtig und kostbar sind. Eure Geschichte zeigt die Fähigkeit auf, Aufgaben und Ansätze des Verbandes im Wandel sowohl des Sozial- als auch des Gesundheitssystems neu zu definieren; insbesondere geht es bei euren Tätigkeiten neben Bildung und Information auch um Forschung und Vorbeugung. So tragt ihr dazu bei, jenes »gute Gefüge« herzustellen, aus dem Italien besteht. Angesichts der Wirklichkeit vieler Menschen jeden Alters, die mit der Krankheit konfrontiert sind, habt ihr euch entschieden und entscheidet euch immer wieder, mit ihnen und allen, die für sie Sorge tragen, zu »kämpfen«. Ihr entscheidet euch, euch zum Nächsten zu machen.
In einer Gesellschaft, die von der Kultur der Gleichgültigkeit bedroht ist – die große Krankheit von heute ist die Gleichgültigkeit, das Wegschauen –, ist es nötiger denn je, sich zum Nächsten zu machen. Und das bedeutet für euch, den an einem Tumor erkrankten Menschen nahe zu sein; sie hatten es in diesen letzten beiden Jahren noch schwerer aufgrund der Pandemie, die das Gesundheitssystem in eine Krise gestürzt hat. Weiterhin bedeutet es, den Angehörigen der Kranken nahe zu sein, die fachkundige und tätige Unterstützung brauchen. Und schließlich bedeutet es, den Mitarbeitern im Gesundheitswesen nahe zu sein, die ebenfalls sehr leidgeprüft sind aufgrund der schwierigen Bedingungen, unter denen sie arbeiten mussten.
Die Pandemie hat auch die Vorbeugung und die diagnostischen Prozesse verlangsamt, mit deutlichen Folgen vor allem für die Behandlung der Krankheit, aber auch für die innere Ruhe der Familien und der ganzen Gesellschaft. Auch das bedarf schon jetzt weiterer Vorbeugung und Aufmerksamkeit.
Euer Einsatz ist eine Form der sozialen Nächstenliebe, die ihr als Verband ausübt, in Zusammenarbeit mit den öffentlichen und privaten Körperschaften sowie mit dem Ehrenamt. Die Verbandstätigkeit ist ein wichtiges Zeugnis gegenüber der Gleichgültigkeit, gegenüber einer Sichtweise, die jene ausgrenzen möchte, die nicht vollkommen sind. Ein solches Zeugnis setzt Bildung voraus. Es genügt nicht, etwas zu »tun«. Man muss sich bilden, sich ständig informieren, um auf die Wegwerfkultur zu antworten, die dazu neigt, Verletzlichkeit, Schwäche und Leiden auszugrenzen; es auszugrenzen, um es nicht zu sehen. »Ich erinnere daran, dass das Recht auf Behandlung, und zwar auf Behandlung für alle, stets an erster Stelle stehen muss, damit die schwachen Menschen, insbesondere die alten und kranken Menschen, niemals weggeworfen werden« (Generalaudienz, 9. Februar 2022). Und hinsichtlich dieser »Behandlung für alle« ermutige ich euch, das öffentliche italienische Gesundheitssystem aufrechtzuerhalten, ja sogar voranzubringen. Es darf nicht verlorengehen, es muss wachsen, es muss stärker gefestigt werden, denn es ist ein Geschenk für die Gesellschaft. Denkt an jene Länder, die es nicht haben; und die Menschen, die nicht bezahlen können, haben keine Gesundheitsversorgung. Ihr habt einen Schatz, der gehütet und vorangebracht werden muss. »Das Leben ist ein Recht, nicht der Tod, der angenommen werden muss und nicht verabreicht werden darf. Und dieses ethische Prinzip betrifft alle, nicht nur die Christen oder die Gläubigen« (ebd.)
Gemeinsam können wir jene Kultur eindämmen, die ein »wirtschaftliches« Menschenbild durchsetzen will, wo der Mensch in dem Maße etwas gilt, in dem er produziert und konsumiert. Auch im Leiden und in der Krankheit sind wir dagegen in ganzem Umfang Männer und Frauen, ohne Abstriche, und erkennen uns wieder in jener einheitlichen psychisch-physisch-geistlichen Gesamtheit, die allein den Menschen auszeichnet.
Wie der heilige Johannes Paul II. sagt, gibt es einen »christlichen Abglanz« im Leiden: »Wenn ein Mensch an den Leiden Christi teilhat, dann deshalb, weil Christus sein Leiden dem Menschen geöffnet hat; weil er in seinem Erlöserleiden gewissermaßen selbst an allen menschlichen Leiden teilhat. Wenn der Mensch im Glauben das Erlöserleiden Christi entdeckt, findet er darin zugleich seine eigenen Leiden; im Glauben sieht er sie nun bereichert durch einen neuen Inhalt und eine neue Bedeutung« (Apostolisches Schreiben Salvifici doloris, 11. Februar 1984, 20).
Liebe Freunde, geht voran in eurem Dienst an den Menschen, eurem Motto getreu, das lautet: »Vorbeugen ist leben.« Der heilige Leopold Mandić – ein Großer! –, Schutzpatron der Tumorkranken, möge euch vom Himmel her begleiten. Er ist auch der Schutzpatron der »geistlichen Tumore«, weil er Beichten abnahm und alles vergab. Ein großer Barmherziger. Wir brauchen heute solche Priester. Von Herzen segne ich euch alle, die Mitglieder und eure Familien. Und ich bitte euch: Vergesst bitte nicht, für mich zu beten, denn es brauche es. Danke!
(Orig. ital. in O.R. 4.3.2022)