Gedanken zum Sonntag - 15. Mai: 5. Sonntag der Osterzeit

Liebt einander!

 Liebt einander!  TED-019
13. Mai 2022

Kurz und bündig, so bringt Jesus das auf den Punkt, worauf es ankommt: »Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander!« (Joh 13,34). Diesen Worten geht die Fuß-waschung voraus, in der Jesus sichtbar macht, was es bedeuten kann, zu lieben: sich klein zu machen und einen demütigen Dienst zu verrichten. Und wie Jesus selber diesen Dienst an uns Menschen bis zur letzten Konsequenz gezeigt hat, folgt ja dann in der Erzählung seines Leidens und Sterbens die Liebe bis zur Vollendung.

Ein Christ weiß sich von Gott geliebt. Deshalb kann er wiederum auch seine Mitmenschen lieben. Das zeichnet uns als Chris-ten aus. Das ist Merkmal unserer Zugehörigkeit zum gekreuzigten und auferstandenen Herrn. Was wir aus Liebe tun, sollte uns mehr auszeichnen als das, was wir aus Überzeugung sagen. Oft ist es aber in unserem Leben genau umgekehrt. Dort ist die Theorie oftmals wichtiger als die Praxis, das Gesagte wichtiger als das, was wir tun und sind. Immer wenn wir in der Kirche nach unserem Glauben gefragt werden, werden wir nach dem Glaubensbekenntnis gefragt, also nach Worten und Wahrheiten. Wir fragen aber nicht nach der Liebe. Wir fragen nicht, ob Menschen die Liebe ganz konkret im Alltag leben, ob sie sich geliebt wissen und sich über die Liebe definieren, die sie weiterschenken, weil Gott uns zuerst geliebt hat. Die Liebe – oder vielmehr: das Lieben – machen wir nicht zur Voraussetzung, um zu unserer Gemeinschaft zu gehören. Nicht die Taten zählen. Die Worte des Glaubensbekenntnisses zu sprechen, das genügt, um dazuzugehören. Genügt uns das? Blicken wir auf die Chris-ten der frühen Kirche. Für diese war »Liebe« weniger ein Substantiv als ein Verb. Die Christen der frühen Kirche hat man an ihrer Lebensweise erkannt, sie liebten und schenkten sich in Liebe zu Christus und zu ihren Mitmenschen hin. Wie sie miteinander umgingen, war selbst für die, die sie verfolgten, oft bewunderungswürdig. So wie sie sich von Gott und Jesus geliebt wussten, so liebten sie einander.

Daran hat man die Jüngerinnen und Jünger der ersten Christengemeinden erkannt. Liebe zeichnet uns Christen in unserem innersten Wesen aus. Möge Gott uns helfen, dass wir »Liebe« nicht allzu oft sagen, aber immer öfter tun.

Br. Immanuel Lupardi OSB, Missions-benediktiner der Abtei St. Ottilien in Oberbayern und seit 2021 Theologiestudent am Päpstlichen Athenäum Sant’Anselmo in Rom.