Vatikanstadt. Papst Franziskus empfing die neuen Gardisten und ihre Familien am Vormittag des 6. Mai. An diesem Tag findet jedes Jahr die Vereidigung statt. Dies geschieht in Erinnerung an 147 Schweizergardisten, die im Jahr 1527 bei der Plünderung Roms durch deutsche und spanische Söldner getötet wurden. Bei der Begegnung gedachte der Papst auch des Ex-Gardisten, der am 1. Mai in Trun in Graubünden bei einem Unfall erschossen worden war. Der Gardist hatte von 2018 bis 2021 in der Garde gedient und war erst kürzlich in die Schweiz zurückgekehrt. Im Folgenden die Übersetzung der Ansprache, die der Papst auf Italienisch hielt:
Liebe Offiziere und Mitglieder
der Schweizergarde!
Liebe Brüder und Schwestern!
Eure jährliche Feier mit der Vereidigung der Rekruten ist eine schöne Gelegenheit der Begegnung und der Begrüßung von Eltern und Verwandten, die euch in diesen so bedeutsamen Augenblicken begleiten. Ich heiße euch alle willkommen! Ich grüße und danke Oberst Christoph Graf, dem Kaplan, den Offizieren, auch dem neuen Vize-Kommandanten – willkommen! – den Unteroffizieren und allen Mitgliedern des Korps. Besonders wende ich mich an euch neue Rekruten, die ihr mit der Vereidigung in die große Familie der Schweizergarde aufgenommen werdet. Damit erklärt ihr euch bereit, einige Jahre eures Lebens einer ebenso faszinierenden wie verantwortungsvollen Aufgabe im Zentrum der Weltkirche zu widmen.
Die Orte, an die ihr zur Ausübung eures Dienstes gerufen werdet, sind von einer Geschichte durchdrungen, die von der heldenhaften Opferbereitschaft so vieler Menschen im Dienst für den Apostolischen Stuhl geprägt ist, unter denen nicht wenige Schweizer sind. Seit der Gründung der Schweizergarde haben viele junge Männer den ihr zugewiesenen einzigartigen Auftrag erfüllt, der bis heute andauert. Durch ihren großzügigen und treuen Einsatz haben einige im Laufe der Jahrhunderte auch die härtesten Prüfungen nicht gescheut und sind dabei sogar bis zum Vergießen ihres eigenen Blutes gelangt, um den Papst zu verteidigen und ihm zu ermöglichen, seine Sendung in völliger Unabhängigkeit zu verwirklichen. Mit dieser ihrer höchsten Hingabe haben sie die Pflichten erfüllt, die von den bis heute geltenden Vorschriften vorgesehen sind: die Sicherheit der Person des Papstes und seiner Residenz zu gewährleisten.
Liebe Rekruten, ihr habt euch entschieden, euch einer vornehmlich kirchlichen Aufgabe zu widmen; ich ermutige euch, diese als christliches und gemeinschaftliches Zeugnis zu leben. Eure Tätigkeit wird nämlich nicht individuell, sondern als Gemeinschaft ausgeübt: Nicht umsonst werdet ihr »Korps« der Schweizergarde genannt. Lasst diese gemeinschaftliche Dimension jeden Tag konkret werden, sowohl während der – nicht immer einfachen – Dienststunden als auch im Alltag in der Kaserne, der Momente der Erholung, des Zusammenseins, der Begegnung und des Gebets umfasst. Den Dienst im gemeinschaftlichen Sinn zu verrichten, ist auch eine Herausforderung, weil es darum geht, Menschen unterschiedlichen Charakters und Temperaments sowie verschiedener Sensibilität zusammenzubringen, die gemeinsam eine Wegstrecke zurücklegen sollen. Aber das Ideal, der Kirche in der Person des Nachfolgers Petri zu dienen, stellt eine Kraft dar, die uns anspornt und uns hilft, die unvermeidlichen Augenblicke der Schwierigkeit zu bewältigen.
Liebe Schweizergardis-ten, ich ermutige euch, der Ausbildung immer die nötige Bedeutung beizumessen. Die damit verbundenen Mühen sind unerlässlich, um eine angemessene Eignung und berufliche Kompetenz zu erwerben. Aber an erster Stelle sollte der Aufenthalt in Rom genutzt werden, um als Christen zu wachsen. Ich denke dabei an das geistliche Leben, das es uns ermöglicht, Gottes Plan für jeden von uns zu entdecken. Zugleich ermutige ich euch, die zwischenmenschlichen Beziehungen zu pflegen, sowohl bei der Erfüllung der euch übertragenen Aufgaben als auch in eurer Freizeit, damit sie vom Stil von Brüdern geprägt sind, die sich als Christen bekennen. Ein aufrichtiger und brüderlicher Dialog kann zuweilen ermüdend sein, er kann auch anspruchsvoll sein, aber er ist wichtig für die Entwicklung der Persönlichkeit.
Ich möchte diese Gelegenheit wahrnehmen, um dem gesamten Korps der Päpstlichen Schweizergarde für die gewissenhafte und wertvolle tägliche Zusammenarbeit zu danken, von der ich unmittelbarer Zeuge bin. Der Heilige Stuhl zählt auf euch! Die Vatikanstadt ist stolz auf eure Anwesenheit auf ihrem Gebiet!
Nun möchte ich für einen Moment des Schmerzes und der Trauer innehalten. Ich wünschte, dass hier euer Kollege Silvan Wolf anwesend wäre. Leider ist er von uns gegangen, ein tüchtiger junger Mann, froh und heiter. Ein Unfall hat ihn uns entrissen. Gedenken wir in Stille Silvans und beten wir für ihn.
Ich vertraue euch, eure Familien, eure Freunde und all jene, die anlässlich eurer Vereidigung nach Rom gekommen sind, der Fürsprache der seligen Jungfrau und Gottesmutter Maria, der Schutzpatrone des heiligen Martin und des heiligen Sebastian sowie des Beschützers der Schweizerischen Eidgenossenschaft, des heiligen Nikolaus von Flüe, an und erteile euch von Herzen meinen Segen. Bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Danke.