Botschaft des Papstes an die Teilnehmer einer Konferenz über Kirchenlehrerinnen und Patroninnen Europas

Weibliche Heiligkeit in Kirche und Welt

 Weibliche Heiligkeit in Kirche und Welt  TED-011
18. März 2022

Herzlich grüße ich die Organisatoren und Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Internationalen Interuniversitären Kongresses zur Feier der Jahrestage der Erklärung von Teresa von Jesus, Katharina von Siena, Thérèse von Lisieux und Hildegard von Bingen zu Kirchenlehrerinnen. Zu diesen Gestalten gesellten sich die europäischen Heiligen Birgitta von Schweden und Teresia Benedicta a Cruce, die zusammen mit Katharina von Siena von Johannes Paul II. zu Mitpatroninnen Europas ernannt wurden (vgl. Spes aedificandi, 3).

Die herausragenden Lehren dieser Heiligen, für die sie zu Kirchenlehrerinnen oder Patroninnen erklärt wurden, gewinnen in der heutigen Zeit aufgrund ihrer Beständigkeit, Tiefe und Aktualität neue Bedeutung und bieten unter den gegenwärtigen Umständen Licht und Hoffnung für unsere zerrissene und unversöhnte Welt. Obwohl sie verschiedenen Zeiten und Orten angehören und unterschiedliche Aufgaben wahrgenommen haben, ist ihnen allen das Zeugnis eines heiligen Lebens gemeinsam. Dem Geist durch
die Taufgnade gefügig, sind sie ihren Glaubensweg gegangen, der nicht durch wechselnde Ideologien motiviert war, sondern von einem unerschütterlichen Festhalten an der »Menschheit Christi«, das ihr Handeln durchzieht. Auch sie fühlten sich manchmal unfähig und begrenzt, »kleine, schwache Frauen«, wie Teresa von Jesus sagen würde, wenn sie vor einer Aufgabe standen, die sie überforderte. Woher nahmen sie die Kraft, sie zu vollenden, wenn nicht aus der Liebe Gottes, die ihre Herzen erfüllte? Wie Thérèse von Lisieux konnten sie ihre Berufung, ihren »kleinen Weg«, ihr Lebensprojekt vollständig verwirklichen. Ein Weg, der für alle zugänglich ist, der Weg der alltäglichen Heiligkeit.

Die Sensibilität der Welt von heute verlangt, dass den Frauen die Würde und der Eigenwert, mit denen der Schöpfer sie ausgestattet hat, zurückerstattet werden. Das Lebensbeispiel dieser Heiligen hebt einige Elemente der Weiblichkeit hervor, die für die Kirche und die Welt so notwendig ist: den Mut, sich den Schwierigkeiten zu stellen, ihre Fähigkeit, konkret zu handeln, eine natürliche Veranlagung, sich für das Schöne und Menschliche einzusetzen, entsprechend dem Plan Gottes, und eine weitsichtige – ja prophetische – Sicht von Welt und Geschichte, die sie zu Hoffnungsspenderinnen und Erbauerinnen der Zukunft werden ließ.

Ihr Einsatz für den Dienst am Menschen war begleitet von einer großen Liebe zur Kirche und zum »sanftmütigen Christus auf Erden«, wie Katharina von Siena den Papst gerne nannte. Sie fühlten sich mitverantwortlich für die Bekämpfung der Sünden und des Elends ihrer Zeit und trugen in völlig harmonischer kirchlicher Gemeinschaft zur Sendung der Evangelisierung bei.

Mögen die Erkenntnisse Eures Treffens ein Ansporn sein, diese »weibliche Heiligkeit« zu fördern, die die Kirche und die Welt fruchtbar macht. Mit diesem Wunsch vertraue ich Euch der Fürsprache der Jungfrau Maria, der Mutter der Kirche, an, und ich segne Euch von Herzen. Bitte vergesst nicht, für mich zu beten.

Rom, St. Johannes im Lateran,
1. März 2022