Das Goethe-Institut in Rom

Sympathie und Interesse an der deutschen Kultur

 Sympathie und Interesse an der deutschen Kultur  TED-010
11. März 2022

Via Savoia 15 im Stadtteil Salario in Rom, eine noble Kulturadresse. Dort befindet sich das Goethe-Institut, gegründet 1955. Das Hauptgebäude ist eine Villa vom Anfang des 20. Jahrhunderts zwischen Bäumen und Sträuchern, drinnen aber modern eingerichtet. Ein weiterer Bau beherbergt einen weitläufigen Kunst-Ausstellungsraum und das Auditorium für Kulturveranstaltungen, Konzerte, Theaterstücke, Filme und Vorträge. Darunter liegt die städtische »Europäische Bibliothek« Roms mit Lesesaal und Leihbüchern in vielen Sprachen. In früheren Jahren waren in Teilen des Gebäudekomplexes erst Klassen der Deutschen, dann der Schweizer Schule untergebracht. Es wurde also immer schon viel Deutsch gesprochen in der Via Savoia. In den letzten zwei Jahren der Pandemie allerdings wenig – viele der rund 50 Mitarbeiter arbeiteten zuhause. Ebenso
die Teilnehmer der Sprachkurse, die durchzuführen die bedeutendste Aufgabe für
das offizielle Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland im Ausland ist mit Prüfungs-system und anerkannten Zertifikaten. Hauptsitz in München, 158 Niederlassungen weltweit, allein sieben Goethe-Institute in Italien.

Vielseitig ist das Angebot. Dank der vielen Online-Kurse gab es im Pandemiejahr 2021 in Rom mit 1.300 Deutschlernenden gar 100 mehr als im Jahr 2019. Standardkurse finden in Präsenz statt, weitere im digitalen Klassenraum vor dem Computer. Beliebt sind auch Online-Gruppenkurse, bei denen jeder Teilnehmer lernt, wann und wie er will, seine Aufgaben aber vom Sprachlehrer korrigiert bekommt und 50 Minuten pro Woche Live-Treffen mit der ganzen Gruppe auf dem Bildschirm hat. »Das sind vor allem berufstätige Teilnehmer, die schnell Deutsch lernen müssen, aber nicht viel Zeit haben«, erzählt Programmleiterin Corinna Wilke. Die Live-Treffen fänden dann frühmorgens, abends oder in der Mittagspause statt. Corinna Wilke: »So kann auch jemand, der außerhalb Roms in einem kleinen Städtchen lebt, mit derselben Goethe-Qualität bei uns lernen.« Eigens für italienische Deutschlehrer werden Seminare veranstaltet. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl gibt es jährlich 25 Stipendien für Studenten der Päpstlichen Universitäten und Hochschulen. Sie sind sehr gefragt. Interessenten mit Grundkenntnissen können sich für einmonatige Intensivkurse in Deutschland – jeweils über die Vatikan-Botschaft – bewerben. Deutsch-Anfänger können neunmonatige Sprachkurse am römischen Institut belegen.

Doch es geht im Goethe-Institut nicht nur um das Erlernen der Sprache. Auch um Kultur- und Bildungsdialog, ferner um den Dialog mit außereuropäischen Kulturen vor allem im Mittelmeerraum. »Sympathie für und Interesse an Deutschland zu wecken und zu erhalten«, das ist ein weiteres Ziel. Online-Newsletter, darunter auch ein Kultur-Magazin, die man gratis abonnieren kann, tragen dazu bei. Schwerpunkte des Kulturprogramms sind Begegnungen zwischen Künstlern und Intellektuellen. Gäste waren in vergangenen Jahren der Philosoph und Soziologe Jürgen Habermas, die Choreografin Sasha Waltz und der Autor Daniel Kehlmann, ebenso wie die inzwischen verstorbenen Italiener Andrea Camilleri (Schriftsteller) und der Filmkomponist Ennio Morricone. Deutsche Filme werden in Originalsprache auch in italienischen Einrichtungen gezeigt.

Bis Mai verlängert ist die hochinteressante Ausstellung »L’inarchiviabile« (Das Unarchivierbare) auf zwei Etagen im Kunstraum Goethe, die gratis besichtigt werden kann. In Zusammenarbeit mit dem Museum für Zivilisation Rom und einem Migranten-Erinnerungsarchiv geht es dabei um das Erbe von Kolonialismus insbesondere im künstlerischen Bereich und in Museen, um sogenannte »transkulturelle Achtsamkeit« sowie generell um eine pluralis-tische Vision in der Gesellschaft. Originelle Werke von fünf Künstlern, Italienern ebenso wie Afrikanern, sind ausgestellt. Etwa »Vermisst in Benin« (heute Nigeria) ist der Titel von Fotodrucken, Videos und Postern des in Berlin lebenden Künstlers Emeka Ogboh. So beklagt der Nigerianer, dass Bronzekunst aus Benin, geplündert von den britischen Kolonialherren, auf dem Umweg über England letztlich im Völkerkunde-Museum von Dresden gelandet ist. Camilla Casadei Maldini und Luca Capuano haben die verfügte Beschlagnahme eines Rettungsschiffs mit Flüchtlingen an Bord vor Lampedusa in einem Wandteppich festgehalten.

Die Afro-Italienerin Binta Diaw veranschaulicht mit der Installation »Schwarzes Blut« die heutigen skandalösen Zustände rund um ausgebeutete afrikanische Tomatenpflücker in Süditalien. Echte Tomaten, schwarz angemalt und dem natürlichen Prozess des Zerfalls ausgesetzt, sind ausgestellt. Eines ihrer Objekte auf einem Sockel ist leider verschwunden. Es erlebte ein ähnliches Schicksal wie eine Fettecke des berühmten deutschen Künstlers Joseph Beuys. Jene war einst, als »Abfall« eingestuft, von einem Hausmeister weggeworfen worden. Binta Diaws organische Kunst wurde als »Speiserest« von einer übereifrigen Putzfrau entsorgt…

Von Christa Langen-Peduto