Audienz für die Teilnehmer eines Treffens, veranstaltet vom Internationalen Konsortium katholischer Medien »Catholic fact-checking«

Im Dienst der Wahrheit arbeiten

 Im Dienst der Wahrheit arbeiten  TED-007
18. Februar 2022

Liebe Freunde,

willkommen!

Ich empfange euch heute, um gemeinsam mit euch über das Problem der Kommunikation nachzudenken, insbesondere über den Stil christlicher Kommunikatoren angesichts einiger mit der Covid-19-Pandemie in Zusammenhang stehender schwieriger Punkte. Ich danke Herrn Montagne für seine Einführung und begrüße euch alle sehr herzlich.

Bereits der heilige Paul VI. hat in seiner Botschaft zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel im Jahr 1972 gesagt: »Der moderne Mensch vermag leicht einzusehen, dass er seine Verhaltensweisen, Urteile, Standpunkte und seine zustimmenden oder ablehnenden Stellungnahmen vielfach der immer umfassender und rascher vermittelten Kenntnis des Denkens und Verhaltens verdankt, die ihn über die Instrumente der sozialen Kommunikation erreicht« (in O.R. dt., Nr. 19, 12.5.1972, S. 1). Und er merkte hinsichtlich der »überragenden Bedeutung der Nachrichtenübermittlung« an, dass »die Aufgabe des Journalisten ja nicht nur darin besteht, das mitzuteilen, was man unmittelbar sieht, sondern auch darin, Zusammenhänge sowie die Ursachen und Umstände der einzelnen Fakten aufzuspüren, die es zu übermitteln gilt.« Das heißt, dass diese Arbeit methodische Sorgfalt erfordert »in der Prüfung und kritischen Einschätzung der Quellen, der Zuverlässigkeit der beobachteten Daten und deren unverfälschter Wiedergabe […]. Noch ernster wird die Verantwortung, wenn der Journalist, wie es oft geschieht, aufgefordert wird, der einfachen Berichterstattung über die Fakten noch Elemente einer Beurteilung und Orientierung hinzuzufügen« (ebd., S. 1 und 6). Vor einem Jahr konnte ich eine interessante Studie lesen darüber, wie sich der Inhalt eines Berichtes durch die Aufmerksamkeit des Schreibers für das, was er weitergibt, verändert. Das ist interessant. Die Studie stammt von einem Professor, Simone Paganini, der Universität Aachen: Es ist interessant, wie er diese Frage der Veränderung des Inhalts bei der Weitervermittlung von etwas untersucht.

Der Montini-Papst sprach von Kommunikation und Information im Allgemeinen, aber seine Worte erweisen sich mehr denn je als der Realität entsprechend, wenn wir an eine gewisse Desinformation denken, die im Web unserer Tage zirkuliert. In der Tat habt ihr euch vorgenommen, Fake News sowie einseitige und irreführende Informationen über die Impfungen gegen Covid-19 ans Licht zu bringen, und ihr habt begonnen, dies zu tun, indem ihr verschiedene katholische Medien vernetzt und unterschiedliche Experten einbezogen habt. Eure Initiative entstand als Konsortium, das sich vornimmt, sich für die Wahrheit zusammenzuschließen. Und danke, danke dafür.

Zunächst: zusammen. Das ist auch im Bereich der Information grundlegend. Sich vernetzen, Fähigkeiten, Wissen, Beiträge zu bündeln, um angemessen informieren zu können, das an sich ist schon ein erstes Zeugnis. In einer Zeit, die von der Pandemie und vielen Spaltungen – auch in den Meinungen – verletzt ist, ist die Tatsache, als christliche Kommunikatoren vernetzt zu sein, bereits eine Botschaft. Ein Ausgangspunkt, es ist eine Botschaft.

Wir dürfen die Augen nicht vor der Tatsache verschließen, dass sich in der heutigen Zeit neben der Pandemie die »Infodemie« verbreitet, das heißt die Deformierung der Realität, basierend auf der Angst, die in der globalisierten Gesellschaft Echos und Kommentare über verfälschte, wenn nicht sogar erfundene Nachrichten widerhallen lässt. Zu dieser Atmosphäre kann, häufig unbewusst, auch die Vervielfältigung und Anhäufung von Informationen, Kommentaren und sogenannten »wissenschaftlichen« Meinungen beitragen, die Leser und Hörer letztlich verwirren.

Daher ist es wichtig, vernetzt zu sein und sich mit der wissenschaftlichen Krankheitsforschung zu verbünden, die Fortschritte macht und uns erlaubt, diese besser zu bekämpfen. »Wissen soll mitgeteilt werden, Fachwissen soll weitergegeben werden, Wissenschaft soll geteilt werden« (Ansprache an die »Biomedical University Foundation« der Universität Campus Biomedico, 18. Oktober 2021). Das gilt auch für die Impfstoffe: »Es ist dringend notwendig, Ländern zu helfen, die weniger haben, aber dies muss mit weitsichtigen Plänen geschehen und darf nicht nur durch die Eile der reichen Nationen motiviert sein, sich selbst abzusichern. Arzneimittel müssen mit Würde verteilt werden«, bitte, »nicht als erbärmliche Almosen. Um wirklich Gutes zu tun, muss die Wissenschaft und ihre ganzheitliche Anwendung gefördert werden« (ebd.). Daher ist eine korrekte Information, eine Verständnishilfe auf der Grundlage wissenschaftlicher Daten und nicht von Fake News ein Menschenrecht. Korrekte Information muss vor allem für jene gewährleistet werden, die über weniger Mittel verfügen, für die Schwächsten, für die Verwundbarsten.

Das zweite Wort nach »zusammen« ist »für«, »zusammen für«. Das ist sein sehr kleines, aber aufschlussreiches Wort: Es erinnert uns daran, dass wir als Christen gegen Ungerechtigkeit und Lüge sind, aber immer für die Menschen. Auch wenn das Ziel eures Konsortiums darin besteht, Desinformation zu bekämpfen, Fake News und der Manipulation der Gewissen der Schwächsten entgegenzuwirken, dürfen wir niemals den grundlegenden Unterschied zwischen der Nachricht und den Menschen vergessen. Fake News müssen bekämpft werden, aber Menschen, die ihnen oft ohne volles Bewusstsein und ohne volle Verantwortung zustimmen, müssen immer respektiert werden. Der christliche Kommunikator macht sich den Stil des Evangeliums zu eigen, baut Brücken, stiftet Frieden auch und vor allem bei der Suche nach der Wahrheit. Sein Ansatz ist nicht die Opposition gegen Menschen, er nimmt keine herablassende Haltung ein, er simplifiziert die Realität nicht, um nicht einem Fideismus wissenschaftlicher Prägung zum Opfer zu fallen. Denn die Wissenschaft selbst ist eine kontinuierliche Annährung an die Lösung von Problemen. Die Realität ist immer komplexer, als wir meinen, und wir müssen die Zweifel, Ängste und Fragen der Menschen respektieren, indem wir uns bemühen, sie zu begleiten, ohne sie je von oben herab zu behandeln. Der Dialog mit den Zweifelnden.

Als Christen müssen wir die Ersten sein, die die Logik der Opposition und der Simplifizierung vermeiden und sich bemühen, auf die Menschen zuzugehen, sie zu begleiten und auf Fragen und Einwände ruhig und vernünftig zu antworten. Versuchen wir uns für eine korrekte und wahrheitsgetreue Information über Covid-19 und die Impfstoffe einzusetzen, aber ohne Gräben zu ziehen, ohne zu ghettoisieren. Die Pandemie fordert uns auf, die Augen für das Wesentliche zu öffnen, für das, was wirklich zählt, für die Notwendigkeit, dass wir uns gemeinsam retten. Bemühen wir uns also, zusammen dafür zu sein und niemals dagegen. Zusammen für. Und denken wir daran, dass der Zugang zu Impfstoffen und zur medizinischen Behandlung für alle gewährleistet sein muss, auch für die Ärmsten: Wir werden gesund werden, wenn wir alle gesund werden. In diesem Zusammenhang möchte ich etwas unterstreichen, was ich schon immer gesagt habe: Aus einer Krise kommt man nicht alleine heraus. Entweder überwinden wir sie gemeinsam oder niemand kommt gut aus ihr heraus. Wir kommen nicht genauso aus ihr heraus: wir werden entweder besser oder schlechter daraus hervorgehen. Denn die Krise bringt uns in Schwierigkeiten und wir müssen Lösungen finden. Aber das Problem – das ist eine psychologische Falle – entsteht dann, wenn die Krise sich in einen Konflikt verwandelt und man den Konflikt nicht löst, nur mit dem »Krieg«, mit Distanz, mit Opposition, und das bedeutet, immer weiter zurückzufallen, und das bringt den Dialog, das Zusammen nicht voran. Wir dürfen niemals zulassen, dass eine Krise sich in einen Konflikt verwandelt. Nein, es ist eine Krise. Wir befinden uns in einer Krise, versuchen wir, sie zusammen zu überwinden.

Zum Abschluss soll die letzte kurze Reflexion dem Wort Wahrheit gelten. Werden wir nicht müde, die Nachrichten zu verifizieren, die Tatsachen und Daten in angemessener Weise zu präsentieren und dabei selbst immer auf der Suche zu sein. Die Suche nach der Wahrheit darf nie einem kommerziellen Blickwinkel, den Interessen der Mächtigen, den großen wirtschaftlichen Interessen untergeordnet werden. Nein. Zusammen für die Wahrheit zu sein, das bedeutet auch ein Gegenmittel gegen die Algorithmen zu suchen, die entwickelt wurden, um die wirtschaftliche Rentabilität zu maximieren; das bedeutet, eine gut informierte, gerechte, gesunde und nachhaltige Gesellschaft zu fördern. Ohne ein ethisches Korrektiv werden diese Mittel extremistische Umfelder hervorbringen und die Menschen zu gefährlichen Radikalisierungen verleiten – und das ist der Konflikt.

Das Gegenmittel gegen jede Art von Verfälschung besteht darin, sich von der Wahrheit läutern zu lassen. Es ist wahr, dass die Wahrheit läutert. Für den Christen ist die Wahrheit nie bloß eine Idee im Hinblick auf ein Urteil über die Dinge, nein, das ist nur ein Teil der Wahrheit. Die Wahrheit betrifft das ganze Leben. »In der Bibel hat sie auch die Bedeutung von Stütze, Beständigkeit, Zuversicht […]. Die Wahrheit ist das, worauf man sich stützen kann, um nicht zu fallen. In diesem relationalen Sinn ist das einzig Zuverlässige und Vertrauenswürdige; das einzige, worauf wir zählen können; das einzig ›Wahre‹ der lebendige Gott. So kann Jesus ja auch sagen: ›Ich bin die Wahrheit‹ (Joh 14,6). Der Mensch entdeckt nun die Wahrheit immer wieder neu, wenn er sie in sich selbst als Treue und Zuverlässigkeit dessen, der ihn liebt, erfährt« (Botschaft zum 52. Welttag der sozialen Kommunikationsmittel 2018). Im Dienst der Wahrheit zu arbeiten bedeutet demnach, das zu suchen, was die Gemeinschaft sowie das Wohl aller fördert, nicht das, was isoliert, spaltet und Gegensätze schafft; nicht das, was uns zum Konflikt führt.

Brüder und Schwestern, wir wollen in unserem Gebet stets der Opfer der Pandemie und ihrer Angehörigen gedenken. Und denken wir auch an die, die im Dienst an den Kranken gestorben sind, ohne das Virus zu haben. Das sind die Helden dieser Tage, so viele Helden im Verborgenen. Und euch und euren Mitarbeitern wünsche ich eine erfolgreiche Arbeit und segne euch von Herzen. Und bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Danke!

(Orig. ital. in O.R. 28.1.2022)