Audienz für eine Delegation der Kustodie des Heiligen Landes anlässlich des 100. Jahrestages der Zeitschrift »Terrasanta«

Hoffnung auf Geschwisterlichkeit und Frieden

 Hoffnung auf Geschwisterlichkeit und Frieden  TED-005
04. Februar 2022

Liebe Brüder und Schwestern,

guten Tag!

Verzeiht, wenn ich sitzen bleibe, aber ich habe heute Schmerzen im Bein… Es tut mir sehr weh, wenn ich stehe. So ist es besser für mich.

Anlässlich des 100. Jahrestages der Zeitschrift »Terrasanta« heiße ich euch herzlich willkommen. Ich danke dem Kustos des Heiligen Landes, P. Francesco Patton OFM, für seine einführenden Worte. Und mit Dankbarkeit begrüße ich euch alle, die ihr in der Redaktion der Zeitschrift in den verschiedenen Sprachausgaben und für den Verlag »Edizioni Terra Santa« arbeitet, sowie jene, die sich um die Websites und die sozialen Netzwerke kümmern, und alle Mitarbeiter des »Chris-tian Media Center«. Der Dienst, den ihr heute leistet, steht in Kontinuität zu der Eingebung, die Kustos Ferdinando Diotallevi vor 100 Jahren inspiriert hat. Sie besteht – wie er in der ersten Ausgabe der Zeitschrift schrieb – darin, »das Heilige Land, das Land Gottes, die Wiege des Christentums, die altehrwürdigen Heiligtümer, wo die Erlösung der Menschheit gewirkt wurde, besser bekannt zu machen«.

»Fünftes Evangelium«

Das Heilige Land bekannt zu machen bedeutet, das »fünfte Evangelium« zu vermitteln, also das historische und geografische Umfeld, in dem das Wort Gottes offenbart und dann Mensch geworden ist in Jesus von Nazaret, für uns und für unser Heil. Es bedeutet auch, die Menschen bekannt zu machen, die heute dort leben, das Leben der Christen der verschiedenen Kirchen und Konfessionen, aber auch das der Juden und Muslime, um zu versuchen, in einem komplexen und schwierigen Umfeld wie dem Nahen Osten eine geschwisterliche Gesellschaft aufzubauen.

In Zeiten sozialer Netzwerke muss die Kommunikation dazu beitragen, Gemeinschaft oder besser noch Geschwisterlichkeit aufzubauen (vgl. Botschaft zum Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel 2019). Ich ermutige euch, über die Geschwisterlichkeit zu berichten, die möglich ist: zwischen den Christen der leider immer noch gespaltenen Kirchen und Konfessionen, die jedoch im Heiligen Land der Einheit oft bereits nahe sind, wie ich selbst feststellen konnte. Über die Geschwisterlichkeit zwischen allen Kindern Abrahams – Juden, Christen und Muslime – berichten. Über die kirchliche Geschwisterlichkeit berichten, die sich öffnet gegenüber Migranten, Vertriebenen und Flüchtlingen, um ihnen die Würde zurückzuerstatten, derer sie beraubt wurden, als sie ihre Heimat verlassen mussten auf der Suche nach einer Zukunft für sich und für ihre Kinder. Über jene Wirklichkeit berichten.

Ich danke euch, dass ihr, um über das Heilige Land zu berichten, euch bemüht, den Menschen zu begegnen, wo und wie sie sind (vgl. Botschaft zum Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel 2021). Denn um eure Dienste, eure Recherchen und eure Veröffentlichungen durchzuführen, beschränkt ihr euch nicht auf die ruhigeren Gebiete, sondern besucht auch die schwierigeren und leidgeprüften Wirklichkeiten wie Syrien, den Libanon, Palästina und Gaza. Ich weiß, dass ihr versucht, die Geschichten über das Gute, über den aktiven Widerstand gegen das Übel des Krieges, über Versöhnung, über die Wiedererstattung der Würde an die Kinder, die ihrer Kindheit beraubt wurden, über die Flüchtlinge mit ihren Tragödien, aber auch mit ihren Träumen und ihren Hoffnungen darzulegen. Danke, dass ihr, um eure Arbeit so zu tun, die Schuhsohlen nicht geschont habt, und ich weiß, dass ihr sie auch in Zukunft nicht schonen werdet, um über all das zu berichten.

Tatsächlich kann, um eine bestimmte Wirklichkeit zu vermitteln, nichts die persönliche Erfahrung, das Leben vor Ort, vollständig ersetzen. Und ihr lebt und arbeitet an dem Ort, an dem das Wort Gottes, seine Heilsbotschaft Mensch geworden ist, so dass man ihm begegnen kann in Jesus Christus – nicht nur in seinen Worten, sondern in seinen Augen, in seiner Stimme, in seinen Gesten (vgl. Botschaft zum Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel 2021). Die Anziehungskraft Jesu »hing vom Wahrheitsgehalt seiner Verkündigung ab, aber die Wirksamkeit dessen, was er sagte, war untrennbar mit seinem Blick, seiner Haltung und selbst mit seinem Schweigen verbunden. Die Jünger hörten nicht nur seine Worte, sie sahen ihn sprechen. Denn in ihm – dem fleischgewordenen Logos – wurde das Wort zum Antlitz, der unsichtbare Gott ließ sich sehen, hören und berühren […] (vgl. 1 Joh 1,1-3). Das Wort ist nur dann wirksam, wenn man es ›sieht‹, nur dann, wenn es dich in eine Erfahrung einbezieht, in einen Dialog verwickelt« (ebd.)

Geografie des Heils

Liebe Kommunikatoren der Kustodie des Heiligen Landes, ihr seid berufen, das bekannt zu machen, was die Synode über das Wort Gottes (2008) und dann Papst Benedikt XVI. als »das fünfte Evangelium« bezeichnet haben: jenes Land, in dem die Geschichte und die Geografie des Heils einander begegnen und es gestatten, den biblischen Text, insbesondere die Texte des Evangeliums, neu zu lesen, »da wir dort die Wirklichkeit der Geschichte sehen, ja berühren können, die Gott mit den Menschen gelebt hat. Angefangen bei den Orten des Lebens Abrahams bis hin zu den Orten des Lebens Jesu, von der Fleischwerdung bis zum leeren Grab, dem Zeichen seiner Auferstehung. Ja, Gott hat dieses Land betreten, er hat mit uns in dieser Welt gehandelt« (Benedikt XVI., Regina caeli, 17. Mai 2009). Und das Ostergeheimnis erleuchtet auch die heutige Geschichte und gibt ihr Sinn, ebenso wie dem Weg der Völker, die heute in jenem Land leben – einem Weg, der leider auch heute noch von Wunden und Konflikten geprägt ist, den die Gnade Gottes jedoch immer zur Hoffnung hin öffnet, Hoffnung auf Geschwisterlichkeit und Frieden (vgl. ebd.) Auch in diesem Sinne erzählt ihr, indem ihr über das Heilige Land berichtet, das »fünfte Evangelium«, das Gott auch weiterhin in der Geschichte schreibt.

Durch die sozialen Kommunikationsmittel könnt ihr den Glauben vieler Menschen bereichern, auch jener, die nicht die Möglichkeit haben, eine Pilgerreise zu den Heiligen Stätten zu machen. Ihr tut es durch euren beruflichen Einsatz, den ihr täglich mit Fachkenntnis im Dienst des Evangeliums durchführt. Das ist kostbar für die Gläubigen der ganzen Welt, und gleichzeitig unterstützt es die Christen, die im Land Jesu leben. Und ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um ihnen meine Nähe zum Ausdruck zu bringen. Ich denke immer an sie, auch im Gebet. Wenn ihr nach Hause zurückkehrt, dann überbringt bitte den christlichen Familien und Gemeinschaften des Heiligen Landes meinen Gruß.

Liebe Brüder und Schwestern, möge die Vorsehung des Herrn und der Schutz der allerseligsten Jungfrau Maria euch bei eurer Tätigkeit stets begleiten. Euch und den anderen Mitarbeitern, die nicht kommen konnten, erteile ich von Herzen den Segen. Und ich bitte euch, vom Heiligen Land aus, um ein Gebet auch für mich. Danke!

(Orig. ital. in O.R. 17.1.2022)