Gott macht es möglich

»Vielleicht gibt es so etwas wie die Gnade der Ohnmacht«, schreibt der slowenische Schriftsteller Boris Pahor in seinem Roman Nekropolis. Das Evangelium vom wunderbaren Fischfang
(Lk 5,1-11) stellt uns Fischer am See Gennesaret vor Augen, die während einer ganzen Nacht nichts gefangen hatten. Sie waren aus ihren Booten ausgestiegen und brachten ihre Netze in Ordnung. »Die Menschen arbeiten mit der Einbildungskraft, um die Löcher zu stopfen, durch die Gnade dringen würde«, notierte Simone Weil einmal.

Viele von uns kennen das Entmutigungspotential von Misserfolgen. Doch statt »auszusteigen« und alles hinzuwerfen kommt es im Leben oft darauf an, in die Gelassenheit und Entlastung der Gnade hineinzufinden – im Vertrauen auf die Möglichkeiten Gottes. So wie Simon, der zu Jesus sagt: »Auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen.« Es ist dieser Möglichkeitssinn, der auch heute die Richtung authentischer Spiritualität angibt.

Er stellt das absolute Gegengift dar gegen Schwarzsehen, Schönfärberei und resigniertes »business as usual«. Er ist wie ein Auf(er)stehen gegen eine vermeintlich abgeklärte Anbetung »des goldenen Kalbs des Realismus« (Jean-Paul Sartre). Plötzlich eröffnen sich neue Lebens- und Handlungsmöglichkeiten. Der biblische Möglichkeitssinn gibt dem Gott Raum, »der die Toten lebendig macht und das, was nicht ist, ins Dasein ruft«. Gott macht es möglich. Er schafft Hoffnung »gegen alle Hoffnung«, wie es im Brief an die Römer heißt ( 4,17f).

»Ich weiß nicht, ob der Himmel niederkniet, wenn man zu schwach ist, um hinaufzukommen?«, überlegt Christine Lavant in ihrem Gedicht Es riecht nach Schnee. Das Evangelium vom wunderbaren Fischfang zeigt, was möglich ist, wenn der menschgewordene Gott mit im Boot sitzt! Er selbst stärkt bei uns wie bei den Fischern am See Gennesaret die Fähigkeit zu gelöster Distanz und zum Loslassen: »Sie zogen die Boote an Land, verließen alles und folgten Jesus nach.«

Sr. Manuela Scheiba OSB,
Abtei St. Gertrud – Alexanderdorf,

Am Mellensee