Überlegungen zu einer »glaubwürdigen Glaubensvermittlung«

Wie geht Katechese?

 Wie geht Katechese?  TED-004
28. Januar 2022

Für die Kirche sind Fragen zur Weitergabe des Glaubens heute besonders drängend: Wie kann der Glaube in einer immer stärker säkularisierten Welt glaubhaft verkündet werden? Wie können Zeugen des Glaubens befähigt werden, den Glauben weiterzugeben, an ihre Mitmenschen und an die kommende Generation? Wie kann Katechese Menschen zur Begegnung mit Christus führen? Hierzu fand im Sommer 2021 in Rom ein Symposium unter dem Titel »Katechese und die Herausforderungen heute« statt, deren Beiträge in einem Buch zusammengefasst wurden. Insgesamt sechs Autoren analysieren aus unterschiedlichen Blickwinkeln Gründe, warum Katechese in der heutigen Zeit selten gelingt und was daher zu tun wäre.

Im einleitenden Vorwort unterstreicht Kardinal Kurt Koch, dass es darauf ankommt, den Glauben nicht zu erfinden, sondern ihn zu empfangen: »Empfangen und Überliefern sind die zwei elementaren Grundworte des christlichen Glaubens.« Ein Blick in die Geschichte zeige, »dass Krisenzeiten in der Kirche sich stets in einer Krise der Katechese artikulieren oder in ihr sogar einen ihrer Gründe gehabt haben.« Erneuerung gehe einher mit der »Wiederentdeckung der Katechese«.

Prof. Ralph Weimann, der an mehreren römischen Universitäten unterrichtet, verweist in seinem Beitrag zur Verdeutlichung für den Glaubensverlust auf das Beispiel des Grimm’schen Märchens von »Hans im Glück«, das »auf viele Christen wie zugeschnitten« sei: »Nachdem sie anfänglich in der Taufe, der Beichte und der Eucharistie große Gnaden empfangen haben, tauschen sie diese nach und nach gegen andere Dinge ein, die auf den ersten Blick das Leben zu erleichtern scheinen und vorgeben, sie frei zu machen. Doch am Ende bleibt von dem Schatz nichts übrig.«

Die Problematik der heutigen Zeit liege darin, dass »Unterweisung« generell als »Störung der persönlichen Freiheit« empfunden werde, objektive Vorgaben nur schwer zu vermitteln seien und die Gattung »Katechismus« als überholt angesehen werde. Demgegenüber bedürfe es »des Mutes, wieder neu an der Offenbarung Maß zu nehmen«. Nur dann werde Katechese als Glaubensunterweisung zum Glaubensschatz hinführen können. Dabei sei Jesus Christus der für jeden gültige Maßstab. »Nur wer aus dieser Quelle schöpft, findet Worte des ewigen Lebens und damit zum Glauben. Danach hat sich alles andere zu richten […]. Der Glaube hat notwendigerweise eine subjektive und eine objektive Dimension. Er setzt eine persönliche Beziehung zum lebendigen Gott voraus und die Annahme der geoffenbarten objektiven Wahrheiten. Der ›Gehorsam des Glaubens‹ (Röm 16,26) erhält in diesem Zusammenhang eine ganz neue Bedeutung, kommt er doch vom Hören auf das göttliche Wort, ohne das es keinen Glauben, sondern nur Meinungen gibt.«

In der Pfarrei

Der Erzbischof von Utrecht, Kardinal Willem Jacobus Eijk, beleuchtet die Situation in den Niederlanden, untermauert von seinen persönlichen Erfahrungen als Kind und junger Priester. Er stellt die Frage, wie sich »Katechese unter den Bedingungen einer vom Individualismus geprägten Kultur fruchtbar entwickeln« kann, wo »der Individualist nicht nur das Recht, sondern die Pflicht hat, seine eigene Religion, Lebensphilosophie, ethische Normen und Werte zu bestimmen«. Der Kardinal hält drei Punkte für unverzichtbar, »wenn es um eine gute Katechese geht«: Sie soll in der Pfarrei stattfinden, »durch Menschen, die selbst fest an Christus glauben und ein persönliches Gebetsleben führen«, denn Schulen seien säkularisiert. Die Katecheten, Priester und Laien, bräuchten eine ernsthafte Vorbereitung auf diese Aufgabe. Außerdem seien gute katechetische Materialien notwendig. Sein Fazit: »Katechese in einer säkularisierten Welt ist sicher eine Herausforderung, aber in keiner Weise eine ›mission impossible‹. Die Voraussetzung dafür ist die Katechese in der Pfarrei, die von begeisterten Menschen gegeben wird, welche eine lebendige Beziehung zu Christus haben und eine solide Kenntnis ihres Glaubens. Und die in der Lage sind, den Glauben als das wertvollste Gut zu vermitteln, das wir an Kinder, Jugendliche und ihre Eltern weitergeben können.«

Von seinen persönlichen Beobachtungen und Erfahrungen berichtet auch der Bischof von Passau, Stefan Oster SDB. Er stellt fest, dass »für sehr viele Menschen nicht mehr präsent ist«, dass es »im Glauben tatsächlich um etwas geht, um Heil oder Verlorengehen, um Leben oder Tod, um die wichtigste Beziehung unseres Lebens, um Vergebung aller Schuld«: »Kaum einer kommt auf die Idee, es könnte wirklich um Jesus gehen und um seine Gegenwart, die alles verändern könnte.« Dagegen ist er der Überzeugung: »Es muss immer um Jesus gehen«, um seine Gegenwart in Eucharistie und Heiliger Schrift. Au-ßerdem bedauert er das Fehlen einer guten Katechese, denn auch in der akademischen Ausbildung lernten die zukünftigen pastoralen Mitarbeiter etwas Grundlegendes nicht, dass sie nämlich »erstens die Glaubensinhalte in Einheit mit der Gesamtkirche und zweitens in Kohärenz mit den eigenen Lebenserfahrungen und eigener Deutungskompetenz so weit verinnerlichen, dass sie sie dann auch drittens überzeugend kommunizieren können«.

Bischof Oster sieht die »Qualität der Beziehungen« als Paradigma, es müsste konkrete Orte von »gemeinschaftlichem Kirchesein« und echte Geschwisterlichkeit geben. Dafür sei neben dem neuen Direktorium für die Katechese noch so etwas wie ein »Praxishandbuch« notwendig.

Dieses Direktorium aus dem Jahr 2020 wird in seinen Grundzügen vorgestellt vom Delegaten für die Katechese im Päpstlichen Rat für die Neuevangelisierung, Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Das Dokument betrete in gewisser Weise Neuland, da es sich der Frage stelle, »wie unter den Bedingungen einer postmodernen und digitalen Denk- und Lebensweise, welche die gesamte Kommunikationswelt des Menschen verändert, der Glaube ins Wort gebracht und in Erfahrungen vertieft werden kann«. Ein Abschnitt seines Beitrags behandelt den Zusammenhang von Katechese und Liturgie, »nicht nur, weil die Katechese aus der Liturgie Inhalte, Sprachen, Gesten und Worte des Glaubens schöpfen kann, sondern vor allem, weil diese im eigentlichen Akt des Glaubens zusammengehören«, denn das »kognitiv reflektierte Bekenntnis des Glaubens braucht einen feiernd mystagogischen Resonanzboden, damit der Glaube, der vom Hören kommt, auch zu Herzen gehen kann«. Die »Eventisierung der Liturgie« sei dagegen der falsche Weg.

Der Herausgeber des Bandes, Prof. Markus Graulich SDB, Untersekretär im Päpstlichen Rat für die Gesetzestexte, behandelt die Glaubensweitergabe in der Familie als Hauskirche. Da Eltern »das Recht und die Pflicht zur menschlichen und christlichen Erziehung ihrer Kinder« haben, gehe die Katechese in der Familie, wie Johannes Paul II. unterstrichen habe, »jeder anderen Form der Katechese voraus, begleitet und bereichert sie«: »Wenn die Eltern in der Familie ein Umfeld schaffen, das der Hinführung der Kinder zu einem Leben aus dem Glauben dient, wenn sie mit den Kindern beten und die Feste des Kirchenjahres feiern, regt das die Kinder an, Fragen über den Glauben zu stellen. Sie möchten mehr wissen. Hier beginnt Katechese.«

Freude des Evangeliums

Die Professorin für Theologie der Spiritualität Marianne Schlosser, die an der Universität Wien unterrichtet, betont: Katechese soll zur Freude des Evangeliums führen, sie soll helfen, mit Gottes Offenbarung vertraut zu werden und Gott zu kennen. Sie behandelt in ihrem Beitrag die Frage, wie Verstehen oder Kennen Gottes möglich ist, wobei sie auch heutige Probleme anspricht, die dem entgegenstehen, darunter die weit verbreitete »Skepsis gegenüber der objektiven, lehrmäßigen Dimension des Glaubens«, ein Widerstand, »der sich gerade gegen solche Glaubensinhalte richtet, die ein Handeln Gottes in der materiellen, geschichtlichen Welt behaupten«, zum Beispiel die leibliche Auferstehung und das leere Grab. Nach interessanten Ausführungen über »Glauben und Glaubenserkenntnis im Neuen Testament« sowie »Taufe und Katechese« bringt sie zwei Beispiele dafür, »wie Katechese geht«. Neben Edith Stein ist es Augustinus mit seiner Schrift »Über die erste Unterweisung im Glauben«, eine Ermutigung an einen Diakon »mit überraschend konkreten Tipps«. Bei gähnenden Zuhörern schlägt er vor, »ab und zu einen Scherz zu machen, um die Zuhörer gewissermaßen zu wecken«. »Vor allem soll der Katechet sich vor Augen halten, welch frohe Botschaft er anderen nahebringen darf.« Er solle selbst Freude an der Botschaft haben und Dankbarkeit empfinden, dem Wort Gottes dienen zu dürfen. Augustinus sehe Katechese als »personales, dialogisches Geschehen«, bei dem auch die Motivation der Katechumenen ergründet sowie die intellektuelle Fassungskraft jedes Einzelnen berücksichtigt werden müsse. Was ist die Kernbotschaft? »Die Menschwerdung des Sohnes Gottes geschah, damit der Mensch erkenne, wie sehr Gott ihn liebt, und darauf mit eigener Liebe antworte.«