Videobotschaft von Papst Franziskus an die Vinzentinerinnen aus Anlass der Generalversammlung

Mütter und Schwestern der Armen

03. Dezember 2021

Liebe Schwestern!

Ihr seid in Paris in eurem Mutterhaus in der Rue du Bac versammelt, um im Licht des Evangeliums über eure Sendung nachzudenken. Ihr habt ein Thema gewählt, das Mut erfordert: »Ephata«. Es lässt euch über die Notwendigkeit nachdenken, »die Türschwelle zu überschreiten«, unermüdlich auf andere »zuzugehen« und ihnen zu »begegnen«. Das war von Anfang an euer Merkmal. Eine Genossenschaft von Frauen, gebildet, um die Liebe Christi zu den Armen zu bringen. Das hat euch in die ganze Welt geführt, nicht nur um den Armen in den großen Einrichtungen, in Krankenhäusern, Waisenhäusern, Schulen beizustehen, sondern sie aufzusuchen, zu ihnen zu gehen an die Orte, wo sie leben, um gemeinsam mit ihnen an den Wegen des menschlichen Wachstums, der Förderung des Lebens, der geistlichen Begleitung teilzuhaben.

Ich lade euch ein, auf die Schönheit eurer Berufung zu blicken, die schön ist! Gott hat euch die Armen, die er besonders liebt, anvertraut: euch! Ihr seid für sie Mütter und Schwestern – keine Schwiegermütter! –, Mütter und Schwestern. Mütter, denn mit eurer Liebe, eurer Aufmerksamkeit für all ihre Bedürfnisse, bringt ihr sie ans Licht der Liebe Gottes und eröffnet ihnen neu die Schönheit des Lebens. Schwestern, weil ihr sie in ihrer Situation unterstützt und sie begleitet, damit sie auf den vielen Wegen ins Leben, die ihr gemeinsam mit ihnen geht, ihre Würde wiederfinden. Auf diese Weise werdet ihr immer mehr zu Töchtern der christlichen Liebe, was dem Gedanken eures Gründers, des heiligen Vinzenz von Paul, zufolge bedeutet, Töchter Gottes zu sein, Abbild der größten Liebe, die Gott selbst uns bezeugt hat.

In diesen von zahlreichen Widersprüchen und vielen Formen der Ausgrenzung geprägten Zeiten kommt euch, den Töchter der christlichen Liebe, eine historische Rolle zu, als Frauen, die eine besondere Form der Weihe leben, nämlich die vielen unserer Brüder und Schwestern zu begleiten, die Opfer von Gewalt, von Diskriminierung geworden sind; Kinder großzuziehen, die ersten Opfer von Übergriffen der Erwachsenen; das Leben um euch herum zu hüten und zu verteidigen, mit eurem Lächeln, eurer Fürsorge, eurer Hingabe im Dienst an den Geringsten. Ich fordere euch auf, euch dafür einzusetzen, dass die ein Leben in Würde sicherstellenden Grundrechte aller gewährleistet werden, und zur Bewahrung unseres gemeinsamen Hauses beizutragen sowie den christlichen Glauben und seine Werte an die jungen Generationen weiterzugeben und sie dazu zu erziehen, füreinander Sorge zu tragen. Es gibt so viel zu tun! Gott ruft euch, mit eurer Großherzigkeit zu antworten. Gott ruft euch auf zu begegnen, zuzuhören, auf dem Weg zu sein in der Geschichte, gemeinsam zu gehen, um die Angelegenheiten der Menschheit zu teilen.

Ihr seid in Kirche und Welt noch eine große geistliche Kraft. Ich bitte den Herrn auf die Fürsprache von Maria, der einen Mutter eurer Genossenschaft, euch zu behüten in eurer Berufung und eurer Sendung neuen Schwung zu verleihen. Der Herr segne euch, die Muttergottes behüte euch! Und bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Danke!

(Orig. ital. in O.R. 20.11.2021)