Glasgow/Vatikanstadt. Im Kampf gegen den Klimawandel hat sich die katholische Kirche unter anderem zu mehr Einsatz für umfassende Bildung und Erziehung verpflichtet. »Politische, technische und operative Maßnahmen« müssten »mit einer Bildung verbunden werden, die insbesondere bei jungen Menschen neue Lebensstile fördert«, heißt es in einer am Dienstag, 2. November, verlesenen Botschaft des Papstes an die Teilnehmer des UN-Klimagipfels (COP26) in Glasgow. Damit müsse ein »kulturelles Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsmodell begünstigt« werden, »das auf Geschwisterlichkeit und dem Bündnis zwischen Mensch und Natur beruht«. Vorgetragen wurde die Papstbotschaft von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. Er leitete die Delegation des Heiligen Stuhls in Glasgow und sprach als letzter der Staats- und Regierungschefs. In seiner Botschaft verwies der Papst erneut auf den gemeinsamen Klima-Appell aller Weltreligionen, den diese am 4. Oktober im Vatikan unterzeichnet hatten. Trotz »sehr unterschiedlicher Stimmen mit sehr unterschiedlicher Sensibilität« zeuge der interreligiöse Appell von einer »bemerkenswerten Übereinstimmung in der dringenden Notwendigkeit eines Richtungswechsels« von einer »Wegwerfkultur« zu einer »Kultur der Sorge für unser gemeinsames Haus und seine Bewohner überzugehen«. Eigens betonte der Papst die »ökologische Schuld« des Nordens. Diese werfe die Frage der Auslandsverschuldung auf, deren Last die Entwicklung von Völkern oft behindere. Nach der Pandemie müsse die Welt unter Berücksichtigung all dieser Aspekte neu beginnen. Dazu gehörten »sorgfältig ausgehandelte Verfahren für den Erlass von Auslandsschulden, die mit einer nachhaltigeren und gerechteren wirtschaftlichen Umstrukturierung verbunden sind, die auf die Bewältigung der Klimakrise abzielt«. Dabei nahm der Papst besonders jene Länder in die Pflicht, die über mehr Möglichkeiten verfügen. Diese hätten eine führende Rolle bei der »Finanzierung von Klimaschutz, bei der Dekarbonisierung des Wirtschaftssystems (...), der Förderung einer Kreislaufwirtschaft sowie Unterstützung schwächerer Länder« zu übernehmen. Zugleich mahnte Franziskus, die Welt müsse sich eingestehen, dass sie noch weit von den erklärten Zielen entfernt ist. Schon zu viele Menschen litten unter dem Klimawandel. In naher Zukunft, warnte er, werde die Zahl der Klimaflüchtlinge die von Kriegs- und Konfliktflüchtlingen übersteigen. Dennoch aber brauche es »Mut und Hoffnung«, damit »eine wahrhaftige Umkehr«, individuell wie gemeinschaftlich, gelingen könne.
Im Vorfeld des Klimagipfels hatte Papst Franziskus in einer am 28. Oktober auf BBC ausgestrahlten Ansprache vor einer »unbewohnbaren Welt« gewarnt. »Wir haben festgestellt, dass wir schwach und voller Angst sind und uns in einer Reihe von Krisen befinden: Gesundheits-, Umwelt-, Ernährungs-, wirtschaftliche, soziale, humanitäre und ethische Krisen.« All diese Krisen seien tief miteinander verbunden und erforderten Entscheidungen, »radikale Entscheidungen«, die nicht immer einfach seien, so Franziskus im britischen Sender. Aber sie schafften auch Möglichkeiten, die man nicht verstreichen lassen dürfe. Notwendig sei ein gemeinsamer neuer Verantwortungssinn für die Welt. »Wir alle wissen, wir kommen aus einer Krise nie alleine heraus.« Nie zuvor habe die Menschheit so viele Mittel zur Hand gehabt, diese Ziele zu erreichen.
Die politischen Verantwortungsträger in Glasgow seien dringend aufgerufen, Antworten auf die ökologische Krise zu finden und der künftigen Generation Hoffnung zu geben. Der diesjährige Klimagipfel COP26 findet vom 31. Oktober bis 12. November in Glasgow statt. An dem Welttreffen in Schottland nahm eine vatikanische Delegation unter Leitung von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und Kurienkardinal Peter Turkson teil.