Liebe Schwestern!
Ich heiße euch herzlich willkommen aus Anlass eures 21. Generalkapitels, das endlich stattfinden konnte. Ich danke der neugewählten Generaloberin für ihre Grußworte: Ihr und dem neuen Rat wünsche ich einen unbeschwerten und erfolgreichen Dienst. Und ich schließe mich eurer Dankbarkeit für die bisherige Generaloberin und die bisherigen Rätinnen an.
Schwester Nunzia war es, die in ihrem Schreiben mit der Bitte um eine Audienz das zeitliche Zusammenfallen eures Generalkapitels mit der Eröffnung der Synode hervorhob. Sie schrieb: »Wir werden mit der ganzen Kirche und mit Ihnen vereint sein.« Dazu möchte ich kurz etwas sagen. Vor allem danke ich euch für euer Gebet, mit dem ihr den Beginn des synodalen Prozesses begleitet.
Miteinander auf dem Weg
Aber ich möchte diese Koinzidenz auch nutzen, um zu unterstreichen, dass die Verpflichtung, die wir als Kirche annehmen, nämlich in der Synodalität zu wachsen, auch ein eindringlicher Impuls für die Institute des geweihten Lebens ist. Insbesondere ihr als Gottgeweihte seid eine unersetzliche Präsenz in der großen Gemeinschaft, die miteinander auf dem Weg ist: der Kirche. Dabei kommt mir das Bild von Jesus in den Sinn, der auf den Straßen von Galiläa, Samaria und Judäa unterwegs ist, mit ihm zusammen die Jünger und unter ihnen viele Frauen; von einigen kennen wir auch die Namen (vgl. Lk 8,1-3). Mir hat gefallen, was die scheidende Generaloberin gesagt hat: »Ich gehe zurück auf die Straße.« Das ist schön, mitten unter die Leute. Ich denke gerne daran, dass ihr als Gottgeweihte eine Fortsetzung jener weiblichen Präsenz seid, die an der Seite Jesu und der Jünger war, wobei die Frauen die Sendung teilten und den ihnen eigenen besonderen Beitrag leisteten.
Und ihr, Barmherzige Schwestern, auf welche besondere Weise nehmt ihr an diesem Weg teil? Was ist der euch entsprechende besondere Beitrag? Ich gebe euch diese Fragen mit, auf die es natürlich keine fertigen, vorgefertigten Antworten gibt. Und die Antworten, die nicht vorgefertigt sind, sind die besten Antworten! Aber mir scheint, dass ich eine Antwort erkennen kann, die im Thema eures Generalkapitels enthalten ist. Denn das Thema lautet: »Neu anfangen in Bethanien, mit der Sorge Martas und dem Zuhören Marias«.
Marta und Maria
Schließlich sind auch hier zwei Frauen anwesend, Marta und Maria, mit ihren Namen und ihren Gesichtern. Zwei Jüngerinnen, die im Leben Jesu und der Zwölf eine wichtige Rolle gespielt haben, das kann man in den Evangelien gut erkennen. Es ist eine Bestätigung, dass ihr vor allem als Frauen und als Getaufte, das heißt als Jüngerinnen Jesu, in der Kirche eine lebendige Präsenz seid und an ihrer Gemeinschaft und Sendung teilhabt. Wir dürfen niemals die Grundlage vergessen: die Taufe. Denn dort liegt die Wurzel von allem. Ausgehend von dieser Wurzel hat Gott in euch die Pflanze des gottgeweihten Lebens wachsen lassen, entsprechend dem Charisma der heiligen Jeanne-Antide.
Aber das Thema eures Kapitels sagt mit den beiden Worten »Sorge« und »Zuhören« noch mehr. Wenn es euch wirklich gelingt, nach dem Beispiel der heiligen Schwestern Marta und Maria von Bethanien die Sorge und das Zuhören zu leben, dann bin ich sicher, dass ihr weiterhin euren wertvollen Beitrag zum Weg der ganzen Kirche leisten werdet, insbesondere in der Sorge für die Armen und im Zuhören den Armen gegenüber. Hierin seid ihr Meisterinnen. Ihr seid Lehrmeisterinnen nicht mit Worten, sondern mit Taten, mit der Geschichte so vieler eurer Mitschwestern, die ihr Leben dafür eingesetzt haben, mit der Sorge und dem Zuhören den alten, kranken, ausgegrenzten Menschen nahe zu sein; Nähe zu den Kleinen, den Letzten mit der Zärtlichkeit und dem Mitleid Gottes. Das baut die Kirche auf, lässt sie den Weg Christi gehen, der der Weg der Liebe ist. Ich habe gesagt, dass euer Zeugnis ein Zeugnis der Nähe zu den Letzten ist, mit Zärtlichkeit und Mitleid. Das ist der Stil Got-tes: Nähe, Zärtlichkeit und Mitleid. Gott handelt immer so. In dem Maße, in dem wir dasselbe tun, werden wir dem ähnlicher sein: Hirten zu sein wie Gott. Vergesst das nicht: immer Nähe, immer Mitleid und immer Zärtlichkeit.
Dafür, liebe Schwestern, danke ich euch von Herzen im Namen der ganzen Kirche. Die Jungfrau Maria und die heilige Jeanne-Antide mögen euch stets behüten. Ich segne euch und alle eure Mitschwestern auf der ganzen Welt. Und bitte betet auch ihr weiter für mich, ich brauche es. Danke!
(Orig. ital. in O.R. 11.10.2021)