Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag und herzlich Willkommen!
Ich danke dem Präsidenten der Italienischen Gesellschaft für Klinische Pharmazie und der Pharmazeutischen Dienste der lokalen Gesundheitsämter für die Worte, die er in euer aller Namen an mich gerichtet hat. Danke! Ihr seid als Repräsentanten unterschiedlicher Bereiche aus ganz Italien zu eurem Kongress gekommen. Der Kongress ist vor allem eine Gelegenheit, um euch untereinander auszutauschen, aber auch ein Anlass, um zu betonen, wie wichtig das nationale öffentliche Gesundheitswesen ist, ein unerlässliches Element, um das Gemeinwohl und das soziale Wachstum eines Landes sicherzustellen. Und all dies im Kontext der Pandemie, die Veränderungen mit sich gebracht hat – und dies weiter tun wird – in Bezug auf Planung, Organisation und Verwaltung des Gesundheitswesens und der Gesundheit. In diesem Zusammenhang möchte ich euch auf drei Wege hinweisen, wie ihr euren Einsatz fortsetzen solltet.
Von Gebet
und Liebe begleitet
Den ersten Weg entnehme ich der Gestalt des Wirtes aus dem Gleichnis des barmherzigen Samariters: Er wird gebeten, den verletzten Mann aufzunehmen und bis zur Rückkehr des Samariters für ihn zu sorgen (vgl. Lk 10,35). In seiner Person können wir zwei bedeutsame Aspekte der Arbeit des Klinischen Pharmazeuten erkennen: die tägliche Routine und den verborgenen Dienst. Diese Aspekte hat eure Arbeit mit vielen anderen Tätigkeiten gemeinsam, die Geduld, Ausdauer und Präzision erfordern – und wo man keine Befriedigung durch Sichtbarkeit erlangt –, die nach au-ßen wenig sichtbar sind. Die tägliche Routine und der verborgene Dienst treten nach außen fast überhaupt nicht in Erscheinung, sagen wir es so, sie haben wenig Sichtbarkeit. Werden sie von Gebet und Liebe begleitet, sind gerade sie es, die die »Heiligkeit im Alltag« hervorbringen. Denn ohne Gebet und ohne Liebe – das wisst ihr sehr gut – wird diese Routine steril. Aber mit Liebe, wenn sie mit Liebe und mit dem Gebet getan wird, dann führt sie dich zu Heiligkeit »von nebenan«: namenlose Heilige, die es überall gibt, weil sie das, was sie tun müssen, gut tun.
Der zweite Weg betrifft den besonderen Aspekt des Krankenhausapothekers, das heißt seine Professionalität, seine postgraduale Spezialisierung. Gemeinsam mit dem Krankenhausarzt entwickelt der Krankenhausapotheker neue Wege, erprobt sie und schlägt sie vor, und dies stets in direktem Kontakt zum Patienten. Es geht um die Fähigkeit, die Krankheit und den Kranken zu verstehen, die Medikamente und die Dosierung zu personalisieren, unter Berücksichtigung von zuweilen äußerst komplexen klinischen Befunden. Denn der Pharmazeut ist in der Lage, die komplexen Wirkungen zu berücksichtigen, die mehr sind als die bloße Summe der einzelnen Arzneien für diverse Erkrankungen. Manchmal – je nach Struktur – gibt es die Begegnung mit dem kranken Menschen, in anderen Fällen ist die Krankenhausapotheke eine der unsichtbaren Abteilungen, die dafür sorgt, dass alles funktioniert; aber immer richtet sich eure Behandlung und Fürsorge auf die Person.
Der dritte Weg betrifft die ethische Dimension des Berufs unter zwei Aspekten: dem individuellen und dem sozialen.
Auf individueller Ebene verabreicht der Pharmazeut, jeder von euch, Arzneimittel, die sich allerdings auch in Gift verwandeln können. Hier geht es darum, beständig wachsam zu sein, damit das Ziel stets das Leben des Patienten in seiner Gesamtheit ist. Ihr steht immer im Dienst des menschlichen Lebens. Und das kann in gewissen Fällen die Verweigerung aus Gewissensgründen mit sich bringen, die nicht Untreue ist, sondern, wenn sie aus berechtigten Motiven erfolgt, im Gegenteil Treue zu eurem Beruf. Heute ist es wieder ein wenig in Mode zu denken, dass es vielleicht ein guter Weg wäre, die Verweigerung aus Gewissensgründen aufzuheben. Aber sieh, das ist die ethische Innerlichkeit jedes Berufstätigen im Gesundheitswesen und das ist nicht verhandelbar, das ist gerade die äußerste Verantwortung der Fachleute des Gesundheitswesens. Und das ist auch die Anprangerung von Ungerechtigkeiten auf Kosten des unschuldigen und schutzlosen Lebens.1 Das ist ein sehr heikles Thema, das hohe Kompetenz und zugleich große Aufrichtigkeit erfordert. Insbesondere zur Abtreibung habe ich erst kürzlich etwas gesagt.2 Ihr wisst, dass ich in diesem Zusammenhang unmissverständlich bin: Es handelt sich um einen Mord und es ist nicht erlaubt, dessen Komplize zu sein. Nachdem dies klargestellt ist, besteht unsere Aufgabe in der Nähe, unsere positive Aufgabe: in den Situationen nahe sein, besonders den Frauen, damit es nicht so weit kommt, an die Abtreibung als Lösung zu denken, denn in Wirklichkeit ist das keine Lösung. Das Leben präsentiert dir zehn, zwanzig, dreißig Jahre später die Rechnung. Und man muss in einem Beichtstuhl gewesen sein, um den äußerst harten Preis dafür zu verstehen.
Gerechtigkeit und Gemeinwohl
als Richtschnur
Das war die individuelle ethische Ebene. Dann gibt es die Ebene der sozialen Gerechtigkeit, die sehr wichtig ist: »Die auf Gerechtigkeit und das Gemeinwohl ausgerichteten Strategien im Gesundheitswesen müssen ökonomisch und ethisch nachhaltig sein.«3 Sicherlich nimmt im italienischen nationalen Gesundheitswesen der allgemeine Zugang zur medizinischen Behandlung großen Raum ein, aber der Pharmazeut ist – auch in der Hierarchie von Management und Verwaltung – kein bloßes Ausführungsorgan. Daher sind Kriterien der Betriebsführung und Finanzierung nicht die einzigen Kriterien, die zu berücksichtigen sind. Die Wegwerfkultur darf eure Professionalität nicht beeinträchtigen. Und auch diesbezüglich ist beständige Wachsamkeit vonnöten. »Gott, unser Vater, hat nicht dem Geld die Aufgabe erteilt, die Erde zu hüten, sondern uns: den Männern und Frauen. Wir haben diese Aufgabe! Stattdessen werden Männer und Frauen den Götzen des Profits und des Konsums geopfert: Das ist die Wegwerfkultur.«4 Auch in Bezug auf die alten Menschen: nur die Hälfte der Medikamente geben und so verkürzt man das Leben… Das ist ein Wegwerfen, ja. Diese ursprünglich auf die Umwelt bezogene Feststellung gilt um so mehr für die Gesundheit des Menschen.
Die Nutzung der Ressourcen und das umsichtige Bemühen, nichts von dem zu vergeuden, was dem einzelnen Pharmazeuten anvertraut ist, erhalten so nicht nur ökonomische, sondern ethische Bedeutung, ja mehr noch, ich würde sagen eine menschliche, sehr menschliche Bedeutung. Denken wir an die Aufmerksamkeit für die Details, den Kauf und die Aufbewahrung der Produkte, den korrekten Gebrauch und die Bestimmung für den, der sie manchmal dringend benötigt. Denken wir an die Beziehung zu den verschiedenen Mitarbeitern im Gesundheitswesen – Stationsschwestern, Krankenschwestern und -pfleger, Ärzte, Anästhesisten – sowie zu allen anderen beteiligten Stellen.
Ich danke euch für diesen Besuch, und ich hoffe, dass ihr in eurem so menschlichen, so würdigen, so großartigen Beruf vorangehen könnt, in eurem oft in aller Stille ausgeübten Beruf, so dass ihn keiner bemerkt. Vielen Dank! Gott segne euch alle. Und betet für mich. Danke!
Fußnoten
1 Vgl. Päpstlicher Rat für die Pastoral im Krankendienst, Neue Charta für die Mitarbeiter im Gesundheitswesen (2017), 60.
2 Vgl. Pressekonferenz auf dem Rückflug von Bratislava (15. September 2021).
3 Päpstlicher Rat für die Pastoral im Krankendienst, Neue Charta für die Mitarbeiter im Gesundheitswesen (2017), 92.
4 Generalaudienz, 5. Juni 2013
(Orig. ital. in O.R. 14.10.2021)