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Die Ideen

Das Unterfangen der Ordensfrauen

  L’impresa delle religiose  DCM-009
02. Oktober 2021

Wir wollen euch erzählen, wie die Ordensfrauen und die Nonnen leben. Oder, besser gesagt, von was sie leben, wie sie die Bedürfnisse des täglichen Lebens decken, wie sie sich organisieren. Fragen, die um Welten vom Heiligen entfernt zu sein scheinen: Geld, Gehälter, Arbeit, Konsum. Die Ordensfrauen, das muss klar gesagt werden, erhalten im Gegensatz zum Klerus – Priester, Gemeindepfarrer, Bischöfe, Kardinäle – kein Gehalt. Jedes Kloster und jede Kongregation findet ihre eigenen Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts und Einkommens, jede Ordensfrau und jede Nonne regelt ihr Leben und ihre Arbeit, ist auf unterschiedliche Art mit der Welt der Produktion und des Konsums verbunden. Wir sind auf Klöster gestoßen, die am Rande des Existenzminimums leben, indem sie die Erzeugnisse ihres Gartens und andere Produkte verkaufen, und andere, die sich zum Unternehmen gemausert haben und von Ordensfrauen verwaltet werden, die Studienabschlüsse als Diplom-Volkswirte haben. Sozialrenten und regelmäßige Einkommen. Bescheidene Tätigkeiten und hochprofessionelle Berufe. Das Leben geweihter Frauen nachzuerzählen war, als segele man durch einen aus kleinen und großen, flachen und felsigen Inseln bestehenden Archipel, Riffe, an denen sich das Meer bricht, und ausgedehntere Gebiete, die vielleicht sogar von Flüssen durchzogen sind. Unterschiedliche Profile, getroffene Entscheidungen, Optionen. Um dann zu entdecken, dass diese so verschieden wirkenden Inseln doch dieselbe Natur, dasselbe Klima hatten, dass dort dieselben Bäume wuchsen, derselbe Wind wehte. Eine auf den ersten Blick so vielfältig erscheinende Welt, die in Wirklichkeit aber durch gemeinsame Grundsätze und Praktiken geeint ist. Und aus einer – in diesem Fall allerdings nicht allen gemeinen – Verflechtung von Wohltätigkeit und Produktion, Glaube und der Erfordernis, über die Runden zu kommen, Nüchternheit und Management, Solidarität und Markt, Kreativität und business plan. Eine Welt, die in der Lage ist, mit Intelligenz und Kompetenz, mit Flexibilität und Phantasie auf die Anforderungen der modernen Arbeitswelt zu reagieren und die durch Globalisierung und Technologie auferlegten Grenzen zu überwinden.

Als sich die Pandemie auf dem Planeten ausgebreitet hat, ist uns allen klar geworden, dass Produktion und Konsum neuer Technologien bedürfen würden. Dass die alten, hierarchischen, ausschließlich merkantilen Modelle, die auf Kompetenz und Ungleichheit gegründet waren, nicht mehr funktionieren konnten. Worauf sollte man achten, um eine neue Welt zu schaffen? In den Artikeln dieser Ausgabe findet sich eine Anregung. Die Arbeit der geweihten Frauen stellt Beispiele, Anleitungen und Modelle bereit, die auf die säkulare Welt übertragen werden können. Sich organisieren, einsetzen und die eigene Arbeit selbst erfinden. Nichts für selbstverständlich halten, sondern ein offenes und wachsames Herz haben und sich um den Nächsten kümmern, das Elend von Leib und Seele nicht hinnehmen, sondern Nüchternheit als Lebensweise annehmen, teilen, auch wenn wir wenig haben, die Modernität nicht ablehnen, sondern uns auf andere verlassen, auf die Vorsehung und die Menschlichkeit vertrauen, Nächstenliebe üben. Genau das versuchen wir zu erzählen.

Ritanna Armeni