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Die Hüter des Maximilian-Kenotaphs verlassen die Innsbrucker Hofkirche

Franziskanischer Geist nördlich und südlich der Alpen

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24. September 2021

Die Franziskaner an der Hofkirche zu Innsbruck werden Ende September die berühmte Schwarzmanderkirche verlassen. Die neue Provinzleitung der Franziskanerprovinz Austria hat mit Schreiben vom 21. Juni 2021 entschieden, das Franziskanerkloster Innsbruck zu schließen. Die Gottesdienste, die von den Franziskanern gefeiert wurden, sollen in Zukunft von den Kapuzinern übernommen werden.

Der 1181/1182 im mittelitalienischen Assisi geborene Franziskus, mit bürgerlichem Namen Giovanni Bernardone, Sohn des reichen Tuchhändlers Pietro Bernardone, pilgerte 1209 nach Rom, um von Papst Innozenz III. die Anerkennung für seine Gemeinschaft zu erhalten. Dieses Datum wird vielfach als Geburtsstunde des Franziskanerordens bezeichnet. Mit der Ordensregel vom 29. November 1223 schuf er die Grundlage des Franziskanerordens. Zwei Jahre bevor er am 4. Oktober 1226 in der Portiuncula-Kirche starb, erhielt er auf dem Alvernaberg die Wundmale des Gekreuzigten. Am bekanntesten ist wohl der »Sonnengesang « des beliebten Heiligen, den Papst Pius XII. im Jahre 1939 zum Schutzpatron von Italien erklärte.

Nach der Versammlung aller Brüder zu Portiuncula 1221 (dem sogenannten »Pfingstkapitel«), 12 Jahre nach der Ordensgründung, sandte der heilige Franziskus 24 Brüder unter Führung eines Deutschen aus zur Missionsreise nach Deutschland. Sie zogen durch Tirol. Die Fürstbischöfe Adalbert III. von Ravenstein und Berchtold von Neifen nahmen sie in den Diözesen Trient und Brixen freundlich auf, erteilten ihnen Erlaubnis zur Predigt und baten, dass einige Brüder verbleiben sollten. So entstand wohl um 1223/24, also noch zu Lebzeiten des heiligen Franz von Assisi, in Bozen eines der ersten, vielleicht sogar das allererste Franziskanerkloster auf deutschem Boden. Somit wurde schon damals in Bozen das Sprichwort bestätigt: »St. Benedikt liebt die Berge, St. Bernhard die Täler und St. Franziskus die Städtchen.« Haben Benediktiner und Zisterzienser die Landschaften ihrer Klöster kulturell geprägt, so sind die Franziskaner mit dem gläubigen Volk der Stadt, in denen sie ihre Niederlassungen seit dem frühen 13. Jahrhundert errichtet haben, unzertrennlich verbunden. Gerade das Franziskanerkloster von Bozen und seine Brüder sind ein Musterbeispiel für Wirken und Verwurzeln des Ordens der Minderen Brüder mit einer ihrem Seeleneifer anvertrauten Stadtbevölkerung und ihrer geistlich-geistigen und caritativ-sozialen Wirksamkeit.

Auf die Gründung des Franziskanerklosters in Bozen folgten Ordensgründungen in Brixen, Schwaz und Innsbruck. Diese Klöster wurden sodann 1580 zur Tiroler Franziskanerprovinz zusammengefasst. Am 12. Mai 1580 verkündete Heinrich Sedulus im Innsbrucker Kloster das päpstliche Gründungsschreiben. Es entstanden aber nicht nur in Tirol neue Klöster (Reutte, Hall, Kaltern, Telfs und Innichen), die Provinz breitete sich auch über Tirol hinaus aus. Bis Kaiser Josef II. gehörten die Klöster in Vorderösterreich dazu, so auch Freiburg im Breisgau. Kaiser Josef II. hob das Innsbrucker Kloster, das sich damals im heutigen Tiroler Volkskunstmuseum befand, auf und übergab den Franziskanern dafür das Kloster in Lienz. Nach den Rückschlägen in der Napoleonischen Zeit konnte die Provinz neue Klöster in Salzburg, Oberösterreich und Kärnten gewinnen. Bitter traf die Provinz der Verlust der Südtiroler Klöster und die Einschränkungen in den Jahren 1938 bis 1945 mit der Aufhebung der Klöster und dem Aufnahmeverbot.

Die Tätigkeit der Franziskaner der Tiroler Provinz war seit jeher sehr vielseitig durch die Seelsorge. Seit dem 19. Jahrhundert wurden viele Volksmissionen gehalten. Diese Tätigkeit wird jetzt auch noch fortgesetzt. Die Franziskaner lehren am Gymnasium in Hall, zu dem auch das Internat »Leopoldinum« gehört. In Steyr, Oberösterreich, leiten sie das Konvikt »Vogelsang«, in Lienz ein Lehrlingsheim, in Telfs das Seminar »Engelbertinum « für Spätberufene. Die Lehrtätigkeit an den Gymnasien geht wie in Hall 200 Jahre zurück; auch jenes in Bozen besteht fast schon so lange. Schon seit 1888 ziehen Tiroler Franziskaner nach Bolivien, seit 1930 ist der Provinz das Apostolische Vikariat übertragen, das der 2007 verstorbene Tiroler Franziskanerbischof Bonifaz Madersbacher leitete. Seit jeher gingen aber auch Missionare nach China, Afrika und ins Heilige Land. In Nordamerika verdankt die Franziskanerprovinz von Cincinnati den Tiroler Franziskanern ihre Entstehung. In Damaskus starb 1860 der gebürtige Zillertaler P. Engelbert Kolland den Märtyrertod. Er wurde 1926 seliggesprochen. Er und der heilige Leopold als Patron begleiten die Tiroler Franziskaner.

Die seit 1934 selbständigen Ordensprovinzen der Franziskaner in Tirol mit Sitz in Innsbruck und in Südtirol mit Sitz in Bozen haben sich (mit Sitz in Innsbruck) 2001 wiedervereint und zusammengeschlossen. Die vereinigte Ordensprovinz trug den Namen »Tiroler Franziskanerprovinz vom Seligen Engelbert Kolland«. Diesem Zusammenschluss folgte 2007 eine neuerliche Vereinigung: die Franziskaner ganz Österreichs und von Südtirol haben sich mit neuem Hauptsitz in Salzburg zusammengeschlossen. »Provinz Austria vom heiligen Leopold in Österreich und Südtirol« heißt das neue Gebiet, das die bisherige »Tiroler Franziskanerprovinz vom seligen Engelbert Kolland« und die »Wiener Franziskanerprovinz vom heiligen Bernardin von Siena« zusammenfasst. Betroffen von der Fusionierung waren rund 140 Franziskaner in insgesamt 27 Klöstern.

Derzeit gibt es rund 13.000 Franziskaner in der ganzen Welt, 20 Klöster in Nord-, Süd- und Osttirol sowie in der Provinz Trient halten heute noch franziskanischen Geist in der Bevölkerung wach und pflegen den Lebensstil des heiligen Franziskus.

In Innsbruck ließ Kaiser Ferdinand die Hofkirche zum Heiligen Kreuz erbauen. Die Hofkirche ist mit dem Kenotaph für Kaiser Maximilian I. das bedeutendste Kulturgut Tirols und findet in ganz Europa und darüber hinaus höchste Anerkennung. Sie wurde am 14. Februar 1563 in Anwesenheit Kaiser Ferdinands I. (1503–1564), von fünfen seiner Töchter und des Erzherzogs Ferdinands II. vom Bischof von Fünfkirchen, Georg Draskowiz, zu Ehren des heiligen Kreuzes feierlich konsekriert. Wegen des Priestermangels in deutschen Landen wurde die Hofkirche 1564 Franziskanern aus der Provinz Venedig anvertraut. Das Land Tirol hat in den 1970er-Jahren ein neues Klostergebäude errichtet und dieses mit Schenkungsvertrag im Jahr 1980 der Tiroler Franziskaner Ordensprovinz unentgeltlich übergeben. Zur 50-Jahrfeier der Republik Österreich im Jahre 1968 wurde auf Wunsch der Tiroler Landesregierung die Hofkirche dem Land Tirol als Eigentum übertragen.

Der Kaiser ließ neben der Hofkirche das sogenannte »Neue Stift« erbauen, für das er verschiedene Ordensleute suchte. 1574 kam es an die Oberdeutsche, 1580 an die neue Tiroler Provinz, deren Hauptkloster es bis 1785 war. Kaiser Josef II. hob 1785 diese Stiftung seiner Vorfahren auf. 1832 konnten die Franziskaner an die Hofkirche zurückkehren. Sie erhielten ein kleines Gebäude, die ehemalige Infirmerie (Alten- und Krankentrakt) des Klosters, zuletzt Mesnerwohnung. Man baute sogleich ein Stück auf, aber erst 1872 wurde es mit der Kirche verbunden. Von 1846 bis 1951 war Innsbruck meist Sitz des Provinzials, Guardianat wurde es 1908. 1972 wurde es gänzlich abgerissen und dafür ein Neubau erstellt, der am 15. Oktober 1974 eingeweiht wurde. Seither

war Innsbruck bis 2007 wieder Sitz des Provinzials. Seit 1471 wurden Franziskaner aus Wien als Advent- und Fastenprediger nach Schwaz berufen. 1507 erfolgte die Klostergründung durch die Gewerken Fieger und die Bergknappen unter kräftiger Förderung durch Kaiser Maximilian I. Nach Hall in Tirol wurden seit 1474 öfters Franziskaner aus Wien, nach 1507 aus Schwaz als Prediger berufen.

1223/24 entstand in Bozen das Franziskanerkloster. Bald erwähnten Urkunden den Bestand dieser Niederlassung. »Ordo Fratrum Minorum« in der Talferstadt, so berichtet eine Urkunde von 1237 über Schenkungen an sie, und eine Neustifter Urkunde von 1242 von der Ingenuins-Kapelle außerhalb der Bozner Stadtmauern der nachmaligen St. Erhardskapelle. 1781 wurde das Gymnasium in Bozen von den Franziskanern übernommen.

Der erste Konvent der Franziskaner in der Provinz Trient wurde 1245 in Trient errichtet. Bald danach kam es zur Gründung eines zweiten Konventes, dem Konvent des heiligen Bernhard. Seit 1478 gibt es in Arco Franziskaner. Die dazugehörige Kirche wurde am 18. Oktober 1492 vom Franziskanerbischof von Sutri, Leone Caratono, mit dem Patrozinium »Santa Maria delle Grazie« konsekriert.

Dr. Heinz Wieser