»Maria in Theologien und Kulturen heute. Modelle, Kommunikation, Perspektiven«. So lautete das Thema des 25. Internationalen Mariologisch-Marianischen Kongresses, den die »Pontificia Academia Mariana Internationalis« vom 8. bis 11. September 2021 ausrichtete. Geplant für das Jahr 2020 und verschoben auf dieses Jahr, fand er schließlich online statt. Zu den Nachmittagssitzungen konnte sich jeder angemeldete Teilnehmer mit dem entsprechenden Link einloggen.
An vier Tagen gab es rund 12 Vorträge mit anschließender Gesprächsmöglichkeit. Die Zuschauer oder Zuhörer erhielten Einblicke in die Beziehung zwischen der Mariologie (der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Gottesmutter) und der Kultur verschiedener Regionen der Welt, eingeteilt nach Sprachzonen: Englisch, Spanisch, Deutsch, Polnisch, Portugiesisch, Französischsprachige Länder, Italien, Afrika, Libanon (Mittlerer Osten), Asien und Ozeanien.
Die Weltkirche war spürbar, wie es sonst kaum möglich ist. Auch wenn es keine realen Begegnungen gab, entstand doch immer wieder eine große Verbundenheit. Gian Matteo Roggio verwies auf die Deutung der Academia als Haus Mariens, in dem alle auf die Stimme Gottes hören sollten. Maria mache die Welt menschlicher und verbreite Hoffnung, indem sie auf die Schönheit Jesu Christi verweise. Der Maronit Ayoub Chahwan vom »Bible Society Center« in Beirut schilderte, wie Maria zu einem friedlichen Miteinander von Muslimen und Christen beitrage.
Manfred Hauke, Vorsitzender der »Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Mariologie«, hielt einen Vortrag über »Maria in der deutschsprachigen Kultur der Gegenwart«. Er griff dabei einzelne Bereiche der Kultur heraus und wies anhand von Beispielen auf die Bedeutung Mariens hin. Das Marienlied »Segne du, Maria« wurde als meistgewünschtes Lied in das neue »Gotteslob« aufgenommen. Der volkstümliche Schlager »Patrona Bavariae« fand in den 1980er-Jahren eine außergewöhnliche Verbreitung. In einer Ausstellung in Passau zeigten moderne Marienbilder, dass die Gottesmutter den Gläubigen im Alltag nahe sein will. Der Schweizer Maler Jakob Häne hat über 500 Werke geschaffen, die Maria darstellen. Er verbinde dabei klassische Ikonographie mit neuen Ausdrucksformen. In der literarischen Kunst nannte Prof. Hauke »Das Lied von Bernadette« von Franz Werfel, der auf seiner Flucht vor den Nationalsozialisten in Lourdes strandete und schließlich in die USA emigrieren konnte. Der Roman ist sein Dank an die Gottesmutter. Auch im Leben und Werk des großen deutschen Dichters Johann Wolfgang von Goethe ließen sich Spuren einer Hinwendung zum Marianischen ausmachen.
Am Vormittag fanden sich die Sprachgruppen in Videokonferenzen zusammen. Dabei wurde eine Fülle von Aspekten und Unterthemen bearbeitet und besprochen. So ging es zum Beispiel darum, dass Maria in Asien und Ozeanien die verschiedensten Kulturen einander näherbringt. In Lateinamerika ist die Gestalt Mariens auch für Nichtgläubige ein Zugang zum Verstehen des Glaubens. In Afrika bietet Maria ein Modell für die Gestaltung einer Kultur, die nicht nur die europäische Kultur widerspiegelt.
In der deutschsprachigen Sektion kreisten die Referate teilweise um wichtige Wallfahrtsorte und deren Wirkung: Altötting, »Maria Schnee« in Aufhausen, die Gebetsstätte Marienfried, Mariazell, Disentis in der Schweiz und »St. Maria in der Kupfergasse« in Köln. Auch Quito in Ecuador und Pontmain in Nordfrankreich wurden mit einbezogen und die Frage gestellt, wie Seelsorge an diesen viel besuchten Orten aussehen kann. Oft wird gerade an solchen Stätten das Sakrament der Beichte zahlreich genutzt. Dadurch kann seelische Befreiung und Heilung geschehen. Ursula Bleyenberg stellte die Bedeutung der Marienverehrung bei den Ursulinen dar. Thomas Rimmel von Kephas-TV referierte über die Chancen der Medien. Johannes Stöhr analysierte das marianische Liedgut im »Gotteslob« und Achim Dittrich schilderte die großartige Leistung, die die Abfassung des »Marienlexikons« um 1990 darstellte. Mittlerweile ist das Werk digital zugänglich. Anton Ziegenaus, der lange Jahre den Vorsitz der Deutschen Arbeitsgemeinschaft innehatte, erinnerte an das marianische Wirken des bayerischen Kurfürsten Maximilian I. Die Verehrung der »Patrona Bavariae« geht auf ihn zurück. Imre von Gaál sprach über die Bedeutung der Muttergottes in den USA. Die Literaturwissenschaftlerin Elzbietha von Gaál reflektierte über den Roman von Franz Werfel: »Das Lied von Bernadette«. Der Wert des Menschlichen werde gerade durch das göttliche Geheimnis deutlich. Um das heutige Menschenbild kreisten auch die Ausführungen von Wolfgang Koch. Maria als Himmelskönigin biete einen wichtigen Ansatzpunkt für eine gute »Vergöttlichung« des Menschen.
Auch wenn die persönlichen Begegnungen, die sonst zu den Marianischen Kongressen dazugehören, fehlten, ermöglichte die Technik eine Teilnahme über große Entfernungen hinweg, ohne dass lange Wege in Kauf genommen werden mussten. So war der 25. Internationale Mariologisch-Marianische Kongress auch 2021 ein besonderes Erlebnis.
Ursula Bleyenberg