Polens früherer Primas Kardinal Wyszynski

Bedingungslose Treue zum Evangelium

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17. September 2021

Warschau/Vatikanstadt. Bei einem landesweit viel beachteten Gottesdienst in Warschau ist am Sonntag, 12. September, der in Polen als »Primas des Jahrtausends« verehrte Kardinal Stefan Wyszynski (1901-1981) seliggesprochen worden. Der Präfekt der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse, Kardinal Marcello Semeraro, verlas in der größten Kirche der Hauptstadt, dem »Heiligtum der Göttlichen Vorsehung«, die päpstliche Urkunde. Gemeinsam mit Kardinal Wyszynski wurde auch die Ordensgründerin Elzbieta Roza Czacka (1876-1961) seliggesprochen.

An dem Gottesdienst nahmen mehrere Tausend Menschen teil, darunter etwa 100 Bischöfe aus dem In- und Ausland sowie Staatspräsident Andrzej Duda und die Spitzen von Regierung und Parlament. Zu der eigens für diesen Anlass komponierten Seligsprechungshymne »Soli Deo« wurden Porträts der beiden neuen Seligen enthüllt und Reliquien von ihnen zum Altar gebracht. Kardinal Semeraro betonte in seiner Predigt, die beiden neuen Seligen seien Beispiele für eine »bis zum Äußersten gehende Treue zum Evangelium«. Er rief alle auf, dem Vorbild der neuen Seligen zu folgen und sich um andere zu kümmern, statt Gleichgültigkeit siegen zu lassen. »Auch wir können und müssen die Probleme angehen, vor die die aktuelle Welt die Kirche und die Gesellschaft stellt«, so Semeraro.

Wyszynski, der von 1948 bis 1981 der Polnischen Bischofskonferenz vorstand, gilt als einer der angesehensten Würdenträger der Kirche in Polen. Er war von den Nationalsozialisten verfolgt worden, konnte sich aber an verschiedenen Orten ihrem Zugriff entziehen. Kardinal Semeraro würdigte in seiner Predigt zur Heiligsprechung auch in besonderer Weise das Wirken des Kardinals während der Zeit des Nationalsozialismus: »In dieser politisch und gesellschaftlich komplizierten Zeit führte er mit Mut, Standhaftigkeit und Entschiedenheit das Schiff der Kirche in Polen und widersetzte sich einer Ideologie der Entmenschlichung«.

Wyszynski wird von seinen Landsleuten auch hoch angerechnet, dass er die geistige Freiheit gegen die politischen Machthaber in Polen verteidigte. Auf dem Höhepunkt der kommunistischen Kirchenverfolgung wurde Wyszynski 1953 inhaftiert und erst 1956 wieder freigelassen.

Im Herbst 2019 teilte der Vatikan die Anerkennung des Heilungswunders einer 19-jährigen Polin von Schilddrüsenkrebs auf Wyszynskis Fürsprache mit; damit war der Weg zur Seligsprechung frei. Papst Franziskus bestätigte die im Jahr 1989 erfolgte Heilung der jungen Frau, die heute 50 Jahre alt ist. Wegen der Corona-Pandemie musste die ursprünglich für den 7. Juni 2020 geplante Zeremonie verschoben werden.

Im Oktober 2020 erkannte der Papst auch ein Wunder auf Fürsprache von Elzbieta Roza Czacka an. Die spätere Gründerin einer Franziskanerinnen-Kongregation erblindete in jungen Jahren nach einem Unfall. 1917 trat sie dem Dritten Orden des heiligen Franziskus bei, kurz darauf gründete sie eine eigene Gemeinschaft, der sie drei Jahrzehnte lang als Generaloberin vorstand. Das Requiem nach ihrem Tod 1961 leitete Kardinal Wyszynski.