Tierisches aus dem Vatikan

Die Bienen der Barberini

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26. März 2021

Eine Filmpremiere im Vatikan ist schon eine Besonderheit. Und die Uraufführung, die 2008 im Theatersaal der Kaserne der Päpstlichen Schweizergarde gezeigt wurde, verblüffte erst recht. Die gestandenen Leibwächter des Papstes schauten gebannt auf die Leinwand – und vergnügten sich an einem Zeichentrickfilm. Dass sich der Film aber eher an ein jüngeres Publikum wandte, verriet die zahlreiche Anwesenheit munterer Sprösslinge von Unteroffizieren und Offizieren der Schutztruppe des Heiligen Vaters. »Barberbieni« hieß der Zeichentrickfilm für Kinder, der im Gardequartier erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

»Barberbieni« erzählt ein spannendes Abenteuer im Schatten von Sankt Peter. Die zehnjährige Pauline, Tochter des Kommandanten der Päpstlichen Schweizergarde, ist gerade mit ihren Eltern in die Vatikanstadt gezogen. Ihr neues Leben hat sie sich ganz anders vorgestellt, denn es beginnt mit einer Enttäuschung: ihre Eltern haben kaum Zeit für sie. Trotzig spaziert sie durch die alten Gemäuer des Vatikans. Noch während sie die Umgebung erkundet, geschieht etwas, womit keiner gerechnet hat: Das Kreuz des päpstlichen Hirtenstabes wird gestohlen. Paulines Vater wird dafür verantwortlich gemacht, da sich der Diebstahl an seinem ersten Arbeitstag ereignet. Pauline ist verzweifelt. Ihre Tränen erwecken die drei Bienen Feli, Claudio und Pepe aus dem alten Steinwappen der Familie Barberini zum Leben. Die »Barberbieni« bieten Pauline ihre Hilfe und Freundschaft an. Mit detektivischem Spürsinn folgen Pauline und ihre neuen Freunde den Spuren des Diebes und nehmen den Zuschauer mit zu den geheimnisvollsten Orten des Vatikans.

Drei goldene Bienen auf blauem Grund zieren das Wappen Urbans VIII. (1623-1644), der dem mächtigen Adelsgeschlecht der Barberini entstammte. Die Bienen in dem Schild stehen für Fleiß, Sparsamkeit, Süße – und Wehrhaftigkeit. Wie kaum ein anderer Nachfolger Petri machte sich Papst Urban VIII. mit ungeheurem Fleiß daran, das Zentrum der Christenheit mit prachtvollen Bauten zu verschönern. Davon künden die vielen Wappen des Papstes in Rom. »Mit welcher dolcezza (Süße) der Schönheit beschenkst Du uns und die Stadt«, pries ihn ein zeitgenössischer Dichter. Sparsam und wehrhaft war der Pontifex, weil er für Kunstwerke und die Kanonen der Engelsburg die Bronzeverkleidung des Pantheon nutzte. In Sankt Peter haben die Bienen der Barberini den mächtigen Baldachin über dem Papstaltar in Beschlag genommen, wie ein Bienenvolk seinen Korb. Zu Gianlorenzo Berninis Meistermerk gibt es eine hübsche Geschichte. Falls sie nicht wahr sein sollte, so ist sie doch zumindest gut erfunden – »se non è vero è ben trovato«, wie man in Rom zu sagen pflegt:

Eine Nichte Urbans VIII. hatte eine komplizierte Schwangerschaft und man fürchtete um das Leben der Mutter und des ungeborenen Kindes. Also machte der Papst das Versprechen, wenn beide die Geburt des Kindes gut überstehen würden, so wolle er über dem Altar einen großartigen Baldachin errichten lassen. Entgegen aller Befürchtungen verlief die Geburt für Mutter und Kind gut und der Papst beauftragte Gian Lorenzo Bernini, den versprochenen Altarbaldachin zu schaffen. Bernini, der den Schwur kannte, hatte den genialen Einfall, das Vorkommnis in Marmor festzuhalten. Das Wappen zu den Füßen des Baldachins stellte er so dar, dass die fortschreitende und schmerzhafte Schwangerschaft aufgezeigt wird: das Gesicht einer jungen Frau, das im Laufe der Schwangerschaft immer schmerzverzerrter wird, die Veränderung des Wappenfeldes – von schmal zu fülliger – und im letzten Feld das Gesicht eines pausbäckigen Babys.

Die Besucher der Vatikanstadt, die zum Fotodienst des Osservatore Romano in der Via del Pellegrino eilen, um ein Bild von der wöchentlichen Generalaudienz des Papstes zu erwerben, kommen an einem berühmten Brunnen vorbei. Sträflicherweise widmen sie ihm wenig Aufmerksamkeit. Der Brunnen entstand auf Geheiß Papst Urbans VIII. Er besteht aus einem halbkreisförmigen Becken, über dem sich ein marmorner »Berg« mit fünf aus dem Stein herausgearbeiteten Bienen erhebt. Ursprünglich strömte das kühlende Wasser aus den drei mittleren Bienen – heute fließt es aus einem bronzenen Rohr. Über dem Brunnen ist eine Tafel angebracht; auf ihr ist ein Zweizeiler eingemeißelt, den Urban VIII. selbst verfasst hat: »Warum wunderst Du dich, dass die Biene Dir Honigwasser vorzusetzen vermag, wo sie doch den Honig aus den Blüten saugt?«

Aber nicht nur Zeichentrickfiguren oder Bienen aus Bronze und Stein bescherte Urban VIII. dem Vatikan, auch für echte Honigbereiter ist der Pontifex verantwortlich. Er war derjenige, der Castel Gandolfo in den Albaner Bergen zur Sommerfrische der Päpste machte – und in ihr die Bienenzucht einführte, die dort bis zum heutigen Tag gepflegt wird. Der Honig aus den Bienenstöcken der Fattoria Pontifica, des päpstlichen Landwirtschaftsbetriebs, findet sich nicht nur auf dem Frühstückstisch des Heiligen Vaters wieder, sondern er kann auch von Kardinälen, Prälaten, Angestellten und Arbeitern im Supermarkt des Kirchenstaates zu einem günstigen Preis erworben werden.

Von Ulrich Nersinger