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Seit dem Ende des alten Kirchenstaates im Jahr 1870 werden keine vatikanischen Geldscheine mehr gedruckt

Die Banknoten des Papstes

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12. Februar 2021

Die Münzen des Kirchenstaates und des Vatikanstaates sind beliebte Sammlerobjekte. Sie fehlen auf kaum einer Auktionsliste. Die Geldscheine des Kirchenstaates jedoch sind eine Rarität; die letzten von ihnen wurden vor mehr als 150 Jahren gedruckt.

Der Heilige Stuhl hatte nach der Gründung des souveränen Staates der Vatikanstadt im Jahre 1929 auf die Emission eigener Banknoten verzichtet. Aufwand und Unkosten wären enorm und kaum zu verantworten gewesen. Zudem hatte sich der erste Gouverneur des Vatikanstaates, Marchese Camillo Serafini, vehement gegen die Herausgabe vatikanischer Geldscheine gestemmt. Serafini war eine international anerkannte Koryphäe auf dem Gebiet der Numismatik; vor seiner Ernennung zum Gouverneur hatte er das Amt eines Konservators des weltberühmten Münzkabinetts der Vatikanischen Bibliothek innegehabt.

Dennoch, päpstliche Banknoten wären keine Sensation gewesen: Schon im 18. Jahrhundert hatten zwei kirchliche Bankinstitute, der von Paul V. (Camillo Borghese, 1605-1621) gegründete Banco di Santo Spirito sowie der von Gregor XIII. (Ugo Boncompagni, 1572-1585) ins Leben gerufene Banco del Monte di Pietà, im Auftrag der päpstlichen Regierung carte monetate, Geldscheine, herausgegeben.

Eine wahre Geldscheinflut erlebte Rom erstmals in der jakobinischen »Römischen Republik« der Jahre 1798 und 1799. Die Emission neuer Banknoten diente der Selbstbestätigung der damaligen Machthaber; die carte monetate waren dann auch mit dementsprechenden Symbolen der Revolution versehen. Als Napoleon die Päpstlichen Staaten im Jahre 1808 besetzen ließ, führte er in ihnen das französische Geldsystem ein. Nach dem Sturz des Korsen und der Rückkehr des Papstes nach Rom wurde dieses wieder außer Kraft gesetzt.

In Rom, Bologna, Ferrara und Ancona prägte man wieder Münzen – mit jeweils eigenen Währungen. 1818 befahl die päpstliche Regierung die Einführung eines einheitlichen Systems. Dennoch zeichnete sich für eine Reihe von Jahren das Bank- und Münzwesen der Päpstlichen Staaten durch vielerlei Unzulänglichkeiten aus und bot berechtigten Anlass zu Kritik. Es war dann der zu Unrecht als rückständig gescholtene Papst Gregor XVI. (Bartolomeo Alberto Cappellari, 1831-1846), der eine grundlegende Reform des Geldwesens anordnete.

Drei Jahre nach seiner Inthronisation wurde die Banca Romana di Sconto gegründet. Sie gab Geldscheine zu 10, 50 und 100 Scudi heraus. Ein Regierungskommissar führte die Aufsicht über den Druck, die Herausgabe und den Umlauf der Scheine. »Le cose vanno bene – die Dinge verlaufen gut«, urteilte ein Fachmann. Sie liefen gut bis 1848, dem Jahr, in dem in der Ewigen Stadt die Revolution siegte. Wie schon in der ersten »Römischen Republik« war man auch in der zweiten »Republik« an der unverzüglichen Emission eigener Geldscheine interessiert – als Beleg für die »Legitimität« der neuen Regierung und die »Souveränität « des Volkes. Der Governo della Repubblica Romana gab sodann neue Geldscheine heraus. Auch die »befreiten« päpstlichen Legationen (Staaten) ließen Noten drucken: so die provisorische Regierung von Bologna, die Provinzen Ancona und Rieti und die Gemeinde Pesaro. Das von Mazzini, Aurelio Saffi und Mattia Montecchi beherrschte Nationalkomitee brachte Scheine mit den Aufschriften »Dio e Popolo – Gott und das Volk« und »Italia e Roma – Italien und Rom« in Umlauf.

Französische, österreichische und spanische Truppen bereiteten dem Spuk der »Römischen Republik« schon im Jahre 1849 ein Ende. 1850 konnte der Heilige Vater als Souverän in sein Herrschaftsgebiet zurückkehren. Die päpstliche Regierung genehmigte mit dem Datum des 29. April 1850 die Gründung einer Bank des Kirchenstaates (Banca dello Stato Pontificio), die unverzüglich die Erlaubnis erhielt, offizielle Banknoten herauszugeben. Der Papst erlaubte zudem die Unabhängigkeit der Bank in Bologna von jener in Rom und bestimmte sie zur Bank für die vier päpstlichen Legationen. Nach dem Verlust der Legationen in den Jahren 1859 und 1860 blieb dann nur noch die Banca dello Stato Pontificio in Rom als staatliches Geldinstitut übrig.

Als Giuseppe Garibaldi im Oktober und November des Jahres 1867 mit seinen Freischaren in den Kirchenstaat einfiel und Rom von Unruhen heimgesucht wurde, tauchten in der Ewigen Stadt »Geldscheine« des »Aufstandskomitees« (Comitato d’Insurrezione) auf. Es kursierten Scheine zu 5, 25 und 100 Lire. Die meisten dieser »Solidaritätsscheine« konnten von der päpstlichen Polizei beschlagnahmt werden. Die Ordnungshüter des Heiligen Vaters zwangen die Urheber, die Scheine eigenhändig zu verbrennen und die Druckplatten vollständig zu zerstören.

Nach der Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung in der Ewigen Stadt und dem Sieg der päpstlichen Armee und ihrer Verbündeten über die Freischaren Garibaldis sollten noch knapp drei Jahre lang päpstliche Banknoten in Umlauf sein. Mit der Annektierung des alten Kirchenstaates im September des Jahres 1870 durch das Königreich Italien kam jedoch das Ende für die päpstlichen Geldscheine. Die Bankbeamten auf der apenninischen Halbinsel erhielten die Order, alle Geldscheine des Kirchenstaates mit dem Stempelaufdruck »annulliert« (annullato) zu versehen. Das letzte Kapitel der relativ kurzen Geschichte päpstlicher Banknoten war damit geschrieben worden.

Von Ulrich Nersinger