Ein erfolgreiches Bibelprojekt für junge Leute in Afrika

Im Wort Gottes fest verwurzelt

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22. Januar 2021

LectioYouth.Net ist eine bibelpastorale Initiative der Katholischen Bibelföderation (KBF), die sich in erster Linie an katholische Jugendliche in der Region Afrika und Madagaskar (AFRAM) richtet. P. Wojciech Szypula SVD ist Projektleiter. Im folgenden Interview mit Ulrike Seidel vom Generalsekretariat der KBF erzählt er von seinen Erfahrungen und gibt dabei auch Einblick in seine persönliche Berufungsgeschichte.

Kam der Wunsch, Steyler Missionar zu werden, aus der Liebe zur Heiligen Schrift?

P. Wojciech: Mein Leben als Steyler Missionar ist definitiv mit der Bibel verbunden. Als junger Mann, der im kommunistischen Polen aufwuchs, hatte ich kaum Zugang zur weiten Welt und zur Fülle des Lernens und der Informationen, die sie bot. Es gab jedoch Werke der antiken Literatur und Klassiker. Meine Eltern waren immer begeisterte Leser, was mich von Anfang an zu Büchern und zum Lesen hinzog. Die Lesegewohnheiten führten mich unweigerlich zur Bibel, und meine frühen Versuche, sie von Anfang an zu lesen, fanden, glaube ich, im Alter von 14 Jahren statt. Die Bibel faszinierte mich während meiner gesamten frühen Jahre, und als es um die Berufswahl nach dem Gymnasium ging, zog es mich zur einzigen Ordensgemeinschaft, die sich damals ausdrücklich dem Bibelapostolat widmete: zur »Gesellschaft des Göttlichen Wortes« (SVD). Dazu kam noch die Möglichkeit, außerhalb der tristen und unterdrückenden kommunistischen Welt zu arbeiten, die wir alle verabscheuten, da die Gemeinschaft die Möglichkeit bot, als Missionar in fremde Länder zu gehen. Für mich war die Präsenz dieser Kongregation und die von ihr angebotene Lebensweise wirklich ein Geschenk der Gnade Gottes.

Erzählen Sie uns von Ihrem Leben und Ihren Erfahrungen in Kenia, wo Sie als Missionar leben und wirken.

P. Wojciech: Nach Abschluss meines Doktoratsstudiums an der Universität Gregoriana in Rom im Jahr 2008 kehrte ich vorerst nach Sambia zurück, wo ich zuvor in der Pfarrarbeit tätig gewesen war. Die nächsten vier Jahre dort waren sehr ausgefüllt. Ich hatte viel zu tun mit dem Bau und der Leitung eines neuen SVD-Bildungshauses in Lusaka, der Hauptstadt Sambias. Zur gleichen Zeit war ich auch Dozent am Franziskaner-Kolleg St. Bonaventura und am St. Dominikus-Priesterseminar in dieser Stadt. Danach gab es bei der Katholischen Universität St. Augustin von Johannesburg im nahegelegenen Südafrika Interesse. Sie bot mir die Gelegenheit, mich auf Forschung und didaktische Arbeit zu konzentrieren. Im Januar 2012 begann ich dort zu lehren. Meine Arbeit an der Universität St. Augustin dauerte fast drei Jahre, als finanzielle Schwierigkeiten die Schule zwangen, umzustrukturieren und einige Abteilungen zu schließen. So fand ich mich im August 2014 in Nairobi, der Hauptstadt Kenias, wieder, in einer Stadt, die die größte Anzahl katholischer Bildungszentren in Afrika vereint.

Ich wurde Dozent für Bibelstudien am Tangaza University College (TUC), das Teil der Katholischen Universität Ostafrika ist. Tangaza wurde 1986 gegründet, zunächst als eine Initiative von 21 Ordensgemeinschaften, die sich zusammen getan haben, um Kandidaten für das Priestertum und das Ordensleben auszubilden. Im Laufe der Jahre ist dieses Institut durch die Gründung neuer Institute gewachsen. Gegenwärtig gibt es drei separate Fakultäten, die von 2.500 Studenten besucht werden.

Allein die Theologische Fakultät hat etwa 1.200 Studenten und 40 Dozenten. Aufgrund der großen Zahl von Studenten, eines sehr umfangreichen Lehrplans in Bezug auf die Bibel und einer unzureichenden Zahl qualifizierter Dozenten für biblische Fächer und Sprachen umfasste meine akademische Woche immer mindestens 15 Stunden Vorlesungen und etwa 300 Studenten, die am Ende des Semesters geprüft werden mussten. Es waren tausende Studenten, die ich in meinen sechs Jahren dort unterrichtet habe. Sie kamen aus vielen afrikanischen Ländern, einige auch aus Asien und Südamerika.

Welche Bedeutung hat die Bibel für das christliche Leben, insbesondere in Afrika?

P. Wojciech: Ich bin überzeugt, dass der christliche Glaube in der Heiligen Schrift verwurzelt sein muss, um überleben und wirksam sein zu können. Die gegenwärtige unbestreitbare Krise des christlichen Glaubens in Europa ergibt sich aus der Tatsache, dass der Glaube dort vor allem in Geschichte, Kultur und Tradition begründet ist. Dadurch wurde das Christentum zu einem eher sozialen als religiösen Phänomen, und eine solche Religion hat keine Überlebenschance, weil alle Kulturen und Gesellschaften kommen und gehen. Während die traditionelle Kirche in Europa verblasst, blühen in den Ländern, in denen die Bibel eine fundamentale Rolle spielt, wie zum Beispiel in Afrika oder in kleinen Ortskirchen Asiens, christliche und katholische Gemeinschaften auf. Nur der Glaube, der in Gottes Wort verwurzelt ist, kann lebendig sein, und nur eine Kirche, die auf Gottes Wort in der Bibel aufgebaut ist, kann das Chaos und die Wechselfälle der Geschichte überstehen, denn, wie Jesaja sagt: »Das Wort unseres Gottes währt ewig« (Jes 40,8). Die Bibel bietet also die Nahrung, die den lebendigen Glauben erhalten kann, und das solide Fundament, auf dem eine blühende Kirche stehen kann.

Sie sind Projektleiter bei LectioYouth.Net. Wie kam es zu dieser Initiative, was sind ihre Ziele und der Beitrag zur Bibelpastoral?

P. Wojciech: LectioYouth.Net ist ein Programm zu Bibel, das 2016 begonnen hat. Das Projekt richtet sich in erster Linie an afrikanische katholische Jugendliche, was im afrikanischen Kontext wirklich junge Erwachsene bedeutet, die nach fundiertem biblischen Wissen und dessen Anwendung auf das individuelle und gemeinschaftliche Leben suchen. Diejenigen, die sich für das LYN engagieren, wollen ihr Verständnis des Wortes Gottes auf einer fortgeschritteneren Ebene vertiefen, um ihr Leben und ihre Entscheidungen zu lenken. Das Programm wurde von einer Gruppe polnischer Steyler-Missionare, die in Afrika arbeiten, konzipiert und entwickelt. Ich bin Autor exegetischer Texte und Herausgeber des gesamten Projekts.

Das Hauptziel des LYN ist es, eine Begegnung mit dem Wort Gottes durch individuelles und gruppenbasiertes Bibelstudium zu ermöglichen, das durch die im Rahmen des Projekts entwickelten Materialien erleichtert wird. Dieses Studium beinhaltet eine systematische und regelmäßige Reflexion über das Wort Gottes, um seine Botschaft und Bedeutung zu erfassen und sich sowohl auf persönlicher als auch auf gemeinschaftlicher Ebene von ihm leiten und verwandeln zu lassen. Um ihr Ziel zu erreichen, enthalten die vom Projekt entwickelten Materialien einen umfangreichen exegetischen Abschnitt, der die biblische Botschaft in ihrem sozio-historischen Kontext erklärt und im Abschnitt »Hören des Wortes« zu finden ist. Ausgehend von dieser fundierten Darstellung wird in den Abschnitten zur pastoralen Anwendung (»Hören des Wortes, Merkspruch, Handlung und Gebet«) die biblische Botschaft in ihren zeitgenössischen Kontext gestellt. Da das Programm zwar nicht ausschließlich, aber in erster Linie für katholische Gemeinden bestimmt ist, bietet LYN dieses Material und die Ressourcen für jeden Sonntag und jedes Fest des Dreijahreszyklus des Katholischen Liturgischen Kalenders an.

Das Projekt ist nun abgeschlossen, so dass für die insgesamt 192 Sonn- und Festtage Materialien zur Verfügung stehen, die alle auf der Website des Programms veröffentlicht worden sind (www.LectioYouth.net). Man kann diese Materialien lesen, im pdf-Format herunterladen oder auch im Audioformat anhören. Die Neuartigkeit und der einzigartige Beitrag des Programms beruhen auf zwei Faktoren. Erstens hat die exegetische Reflexion, das heißt die Untersuchung der Bedeutung der Texte für jeden Sonntag in ihrem Kontext, einen thematischen Ansatz. So wird auf der Grundlage der drei liturgischen Texte ein beherrschendes Thema für jeden Wortgottesdienst identifiziert und diskutiert. Dies ermöglicht es, die Texte als ein zusammenhängendes Ganzes zu sehen und nicht als einzelne Textabschnitte, die zufällig aus dieser großen Bibliothek von Einzelbüchern, die die Bibel ausmachen, ausgewählt wurden.

Zweitens wird das in diesem Projekt entwickelte Material in verschiedenen elektronischen Formaten präsentiert, wodurch es in verschiedenen Kontexten und auf verschiedene Weise verwendet werden kann. Es gibt einen grundlegenden Text, der auf der Webseite zu lesen ist, es gibt pdf-Dateien, die immer im Vier-Seiten-Format vorliegen, um von Gemeindegruppen bequem in gedruckter Form verwendet werden zu können, und schließlich Audiodateien, die auf mobilen Geräten angehört werden können. All dies macht diese Website und die veröffentlichten Materialien nicht nur attraktiv, sondern auch sehr vielseitig. Links zu dieser Webseite und zum Audiomaterial werden auch auf Facebook und WhatsApp-Anwendungen verbreitet, wobei Tausende auf diese Weise erreicht werden.

Welche Bedeutung hat die KBF für die biblische Arbeit in Kenia und in der Region?

P. Wojciech: Die Rolle der Föderation in Kenia ist im Großen und Ganzen die gleiche wie für den Rest der katholischen Welt. Für die Organisation des Bibelapostolats ist sie von großer Bedeutung. Sie bietet eine Kommunikations- und Netzwerkplattform für eine große Anzahl katholischer Institutionen, Organisationen und Einzelpersonen, die sich dafür einsetzen, Gottes Wort bekannt und wirksam zu machen. Gegenwärtig gibt es vier Institutionen mit Sitz in Kenia, die assoziierte Mitglieder der KBF sind.

In Kenia sind die Aktivitäten und die Präsenz der KBF jedoch auf regionaler und lokaler Ebene besonders sichtbar, da sie mit dem BICAM (Biblisches Zentrum für Afrika und Madagaskar) verbunden sind, das seinen Sitz in Nairobi hat. Nach einer Zeit der Stagnation hat diese für die Bibelarbeit wichtige Einrichtung ihre Präsenz und Mission in der Region neu belebt. Dank der Präsenz und der häufigen Besuche des derzeitigen Generalsekretärs der KBF, P. Jan Stefanów SVD, konnten erste, aber entscheidende Schritte zur Wiederaufnahme der Aktivitäten eines vom BICAM betriebenen Bibelzentrums in Nairobi unternommen werden. Die Wiederaufnahme der Aktivitäten wird einen bedeutenden Einfluss auf die Gestaltung und Belebung des Bibelapostolats unter den Katholiken haben.

Von großer Bedeutung ist auch das Projekt zur Errichtung einer Ausbildungsstätte für Bibelübersetzung in diesem Zentrum. Da biblische Texte in zahlreiche lokale Sprachen übersetzt werden müssen, würde eine solche Schule die Effektivität und den Umfang der Bibelarbeit in der Region erheblich steigern. Ich bin überzeugt, dass die Föderation in Kenia immer präsent und wichtig war und dass ihre unterstützende Präsenz auch in Zukunft anhalten wird.