Frauen und Bücher – diesem Thema ist der Jahresplaner der Vatikanbibliothek gewidmet. Im Vorwort macht sich Kardinal José Tolentino de Mendonça, Bibliothekar und Archivar der Heiligen Römischen Kirche, einige Gedanken, die wir im Folgenden veröffentlichen.
Die Frau und die Bücher. Die Frau als Erbauerin und Hüterin von Bibliotheken im Lauf der Zeit. Die Präsenz der Frau in den literarischen und ikonographischen Schätzen der Vatikanischen Apostolischen Bibliothek.
Will man sich mit diesen Themen auseinandersetzen, so muss man vielleicht bis zum Kommentar des heiligen Ambrosius über die Verkündigungsszene zurückgehen, wo er erklärt, dass es sich für Maria in ihrem Gespräch mit dem Erzengel als nützlich erwiesen habe, zuvor den Propheten Jesaja gelesen zu haben, insbesondere jenen Abschnitt, wo es heißt, dass eine Jungfrau einen Sohn gebären werde (7,14). »Legerat hoc Maria«, versichert die maßgebliche Stimme des Kirchenvaters Ambrosius.
Auf diese Art und Weise präsentierte er der künstlerischen Vorstellungskraft des Westens das, was künftig eines der kuriosesten und konstantesten Elemente bei der Darstellung des Geheimnisses der Menschwerdung werden sollte: die Präsenz eines Buches in den Händen der Mutter Christi.
Die erste Darstellung Mariae cum libro stammt aus dem 9. Jahrhundert, eine mittelalterliche Neuerung, die die Renaissance nicht nur übernehmen und erweitern sollte, sondern die der Moderne auch ein sicheres Erbe hinterlassen sollte: Die des Lesens kundige Jungfrau Maria, die geschickt mit den Texten umzugehen weiß und sich nicht etwa mit den Arbeitsutensilien des häuslichen Lebens im Bauerndorf Nazaret darstellen lässt, sondern vielmehr mit dem fruchtbaren Werkzeug, das das Christentum anbieten sollte: der Bibliothek. In einer feinsinnigen Untersuchung (Cosa leggeva la Madonna? Quasi un romanzo per immagini, Polistampa, 2019: Was hat die Muttergottes gelesen? Sozusagen ein Roman in Bildern…) entdeckt Michele Feo überraschenderweise über vierzig verschiedene Texte, in deren Lektüre Maria vertieft ist.
Dabei ist es gar nicht so wichtig zu wissen, welches Buch Maria im entscheidenden Augenblick der Verkündigung gerade las. Wichtig ist vielmehr zu verstehen, dass das Buch in dieser Szene bereits die Funktion hat, eine geistliche Erfahrung zu fördern: eine Erfahrung des Hörens und der Erkenntnis, die die Welt neu strukturiert. Angefangen bei der inneren Welt eines jeden Lesers, einer jeden Leserin.
Es ist unmöglich, die Geschichte der Bibliothek der Päpste darzustellen, ohne den Beitrag der Frauen ins rechte Licht zu rücken: Autorinnen, Künstlerinnen, Theologinnen, Protagonistinnen des kirchlichen Lebens, Mäzeninnen, schöpferisch tätige Frauen, Frauen der Wissenschaft und der Kultur. Und das gilt bis in die heutige Zeit. Man denke nur an die Tatsache, dass weit über die Hälfte des Personals, das für ein reibungsloses Funktionieren der Vatikanischen Apostolischen Bibliothek notwendig ist, aus Frauen besteht.
Der Terminkalender ist im Großformat (26 x 18 cm, Euro 20) und im Kleinformat (17 x 12 cm, Euro 14) erhältlich. Er kann zum Beispiel im Internet auf folgenden Seiten bestellt werden:
https://www.vaticanum.com/it/agende-ufficiali-2021-musei-vaticani-biblioteca-apostolicavaticana-edizione-limitata-tascabili-da-tavolo oder https://www.vaticanlibrary.va/