Bei seiner zweitägigen Reise in den Libanon hat Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin den Menschen des Landes ideelle wie auch materielle Hilfen zugesagt. Bei mehreren Begegnungen mit Politikern und Religionsführern am Donnerstag, 3., und Freitag, 4. September, sicherte der Kardinal dem Land Solidarität zu. In seinen Ansprachen und Predigten mahnte der Kardinal gleichzeitig zu tiefgreifenden politischen und sozialen Reformen.
Zu Beginn seines zweiten Besuchstages traf Kardinal Parolin mit Staatspräsident Michel Aoun zusammen. Dabei betonte er die Auffassung des Heiligen Stuhls, der Libanon sei in seiner religiösen und gesellschaftlichen Vielfalt idealerweise ein Vorbild und Stabilitätsfaktor für die ganze Region. Aoun seinerseits sicherte mit Blick auf die verheerende Explosion vor einem Monat zu, »dass allen, die verantwortlich oder fahrlässig gehandelt haben, Gerechtigkeit widerfahren wird«. Dies sei das Recht der Libanesen.
Anschließend besuchte Kardinal Parolin den Ort der Explosionskatastrophe vom 4. August im Hafen von Beirut sowie das Denkmal der Auswanderer. Dort gedachte Parolin sowohl der Opfer der Explosion wie auch der Emigranten. Insbesondere die christliche Gemeinschaft im Libanon leidet seit Jahrzehnten unter Abwanderung, vor allem junge Christen sehen wenig Zukunft in ihrem Land.
Vor einem Gespräch und Mittagessen mit dem Oberhaupt der größten christlichen Gruppe, dem maronitischen Patriarchen Kardinal Béchara Boutros Raï, traf Parolin mit Überlebenden der Explosion und Angehörigen von Opfern zusammen. Zudem besuchte er Krankenhäuser im zerstörten Stadtteil Ashrafieh.
Anlass der kurzfristig bekanntgegebenen Reise war ein vom Papst am Mittwoch, 2. September, ausgerufener Gebets- und Solidaritätstag mit dem Libanon am Freitag, 4. September. Dazu wiederholte Parolin mehrfach die Aufforderung von Franziskus an die internationale Gemeinschaft, den »Libanon nicht allein zu lassen«.
Bei einem Treffen mit christlichen und muslimischen Vertretern in der Georgs-Kathedrale von Beirut am ersten Besuchstag hatte Parolin gesagt: »Wenn wir an Ihrer Seite stehen, finden wir den Mut, gemeinsam zu schreien: Genug!« Das erlittene Leid könne »die Entschlossenheit stärken, in Frieden und Würde zusammenzuleben und eine bessere Regierungsführung anzustreben, der es um Verantwortung, Transparenz und Rechenschaftspflicht geht«.
Gemeinsam könne man Gewalt und Autoritarismus überwinden. Dafür müssten traditionelle Parteien wie neue politische Bewegungen vor allem gezielt junge Menschen fördern und in die Verantwortung einbeziehen. Niemand aber dürfe »die Träume der Jugend manipulieren«, warnte der Kardinal mit Blick auf Extremisten.
»Der Libanon ist nicht allein. Wir stehen still an Ihrer Seite, um Ihnen unsere Liebe zu bekunden«, so Parolin weiter: »Der Libanon braucht die Welt – doch die Welt braucht auch die einzigartige Erfahrung des Landes von Solidarität und Freiheit.«
Bei einer heiligen Messe später im Wallfahrtsort Harissa ging Parolin explizit auf die Wut und Ungeduld junger Menschen ein. Diese reagierten inzwischen allergisch darauf, wenn jemand die sprichwörtliche Resilienz der Libanesen lobe. Vielfach bedeute dies ein Ablenken von »Straffreiheit« und »schuldig gebliebener Rechenschaft«.
Insgesamt absolvierte Kardinalstaatssekretär Parolin im Libanon ein umfangreiches Reise- und Besuchsprogramm. Dies gilt umso mehr, als der Vatikan die Reise erst kurzfristig am 2. September bekanntgegeben hatte, als Franziskus den weltweiten Gebets- und Fasttag für den Libanon ausrief.