Schutzpatroninnen: Irland und Belgien

Brigida, die Zukunft der Kirche

Santa Brigida d'Irlanda (2).JPG
29. August 2020

Die heilige Brigida von Kildare ist die Schutzpatronin Irlands, gemeinsam mit dem heiligen Patrick und dem heiligen Columban. Im Gegensatz zu Patrick, mit dem sie die Erfahrung der Leibeigenschaft teilt (in ihrem Fall von Geburt an), war sie gebürtige Irin. Außerdem trägt Brigida den Namen einer keltischen Göttin (er bedeutet soviel wie Kraft, Stärke, Energie, Tugend), und ihr Gedenktag, der 1. Februar, war ursprünglich der Tag eines heidnischen Frühlingsfestes. Die Kontinuität zur vorchristlichen Vergangenheit Irlands wird auch durch die Tatsache angezeigt, dass Brigida mit Feuern und heiligen Quellen in Verbindung gebracht wird. 1993 wurde auf dem Marktplatz von Kildare eine Flamme, die Jahrhunderte lang gelodert hatte und erst im Mittelalter gelöscht worden war, wieder entzündet. Analog hierzu gelten die unzähligen Quellen, die den Namen der Heiligen oder der gleichnamigen keltischen Göttin tragen, seit Langem als Symbol der Reinigung und Heilung.

Es ist wahrscheinlich, dass die Attribute der Göttin nach deren Tod auf eine Person übertragen wurden, die es wirklich gegeben hatte. Wie dem auch sei, diese menschlich/göttliche Ambivalenz ist sicherlich ein Teil der Faszination, die Brigida auf die Gegenwart und ihre Neigung zu fließenden Grenzen in religiösen Fragen ausübt. Brigida trat in einen Orden ein, und man schreibt ihr die 480 erfolgte Gründung des Klosters Kildare zu, just an dem Ort, an dem sich ein ihrer heidnischen Namensvetterin gewidmetes Heiligtum befunden hatte. Es wird erzählt, dass sich der heilige Patrick in dem Augenblick, in dem Brigida bei ihm die ewigen Gelübde ablegte, aus versehen der Wortformel bedient habe, die der Priesterweihe vorbehalten sind. Wie dem auch sei, das von ihr gegründete Kloster in Kildare wurde mehrere Jahrhunderte lang von einer doppelten Linie von Abt-Bischöfen und Äbtissinnen regiert, wobei denen, die auf Brigida folgten, die Bischofswürde zugestanden wurde.

Ihre Beziehungen zu Königen und Adligen wie überhaupt jene zu schwierigen Männern im Allgemeinen lassen an eine »listige« Frauengestalt denken, auch wenn sie sich eher der Macht Gottes als ihrer eigenen anvertraute. In jedem Fall ähnelt ihre Fähigkeit zu gründen und regieren jener der Teresa d’Ávila tausend Jahre später. Das historische Zeugnis für weibliches Handeln und weibliche Autorität ist klarerweise von allerhöchstem Interesse für die heutige Kirche; de facto dürfte die Gegenseitigkeit der doppelten Aufsicht durch Abt und Äbtissin für die Zukunft der institutionellen Kirche noch sehr viel wichtiger sein.

Wir kennen Brigida nicht aus ihren Schriften; jedenfalls ist da nichts, das sich mit den außergewöhnlichen mystischen Zeugnissen Teresas vergleichen ließe. Wir wissen auch nichts über ihr geistliches Innenleben. Dafür kennt man sie dank der Legenden über ihr konkretes Mitgefühl und den Eifer, den sie für Gottes leidende Arme an den Tag legte. Wenn die Kirche, wie Papst Franziskus fordert, dazu bereit sein muss, ein Feldlazarett zu sein und ihre Hirten den Geruch der Schafe annehmen müssen, dann könnte Brigida ein gutes Symbol für die pastorale Neuzentrierung der Sendung der Kirche durch Franziskus sein.

Brigida ist fest im Leben und der Kultur Irlands verwurzelt.  Sie ist in ganz Irland präsent, in den Namen von Kirchen, Pfarreien, Schulen und Vereinigungen von Laien – nicht zuletzt auch in gälischen Sportvereinen, die eine wichtige Rolle bei der Ausbildung der modernen nationalen Identität Irlands gespielt haben. Aber es gibt eine europäische Dimension, eine Folge der protestantischen Reformation, die zahlreiche irische »Wildgänse« dazu gebracht hat, aufs Festland zu fliegen. Das Zeitalter der Profanierung hat es erforderlich gemacht, Brigidas Reliquien wegzubringen, nach Österreich, Portugal und Deutschland –, wodurch der ihr gewidmete Kult exportiert und paradoxerweise sogar noch gestärkt wurde. Es gibt eine hübsche Geschichte darüber, wie es dem Erzbischof von Sydney 1884, nach unzähligen Bemühungen, gelang, einen Teil einer Reliquie der heiligen Brigida für Australien zu bekommen. Das Widerstreben der Pfarrgemeinde Köln konnte schließlich überwunden werden und der Bitte wurde als »Appell der neuen christlichen Welt an die alte, einen Teil ihres sakralen Erbes zu erhalten«, stattgegeben. Aber »neu« bezieht sich hier nicht auf den geographischen Ort der europäischen Kolonien. Es bezieht sich vielmehr  auf die moderne Welt, die auf die geistlichen Schätze einer vergangenen Epoche schaut. Sicher, die Versuchungen sind groß. Kann ein »Neues Christentum« ohne falsche und schwächende Nostalgien entstehen? Viel von dem, was als »keltische« Spiritualität und Frömmigkeit gilt, ist unecht und romantisiert. Und trotzdem lädt es uns in seiner Bestform trotz allem dazu ein, uns in unserer Armut nach dem hinzustrecken, was wir brauchen:

–    das Vertrauen und die Weisheit, es dem Evangelium zu gestatten, eine Kultur zu durchdringen und zu verbessern, ohne sie zu zerstören;

–    uns wieder mit den Kräften der Erde zu verbinden: mit der Heilkraft heiliger Quellen und der vertrauensvolle Treue des heiligen Feuers;

–    die wechselseitige Authentizität  der Männer und Frauen in der kirchlichen Verwaltung;

–    den Mut, die Mächtigen herauszufordern und sie mit Gottes Hilfe schlau auszumanövrieren;

–    eine Wiedergewinnung der Evangelii gaudium, der »Freude des Evangeliums«, durch eine unablässige Annäherung an die Armen; wie in der Vision des achten Brigida zugeschriebenen Gebetes:

»Ich hätte gerne einen See voll des besten Bieres für den König der Könige.
Ich hätte gern einen Tisch voll der erlesensten Speisen für die Familie des Himmels.
Gib, dass das Bier aus den Früchten des Glaubens gebraut und die Speisen aus vergebungsvoller Liebe zubereitet seien.«

Von Michael Kirwan SJ
Außerordentlicher Professor an der Loyola Institute School of Religion, Trinity College, Dublin


Brigida von Kildare


Geboren 452 in Faughart
Gestorben am 1. Februar 525 in Kildare
Verehrt in allen Kirchen, die eine Verehrung der Heiligen gestatten
Gedenktag: 1. Februar
Schutzpatronin von Irland und Belgien