· Vatikanstadt ·

Der Tritonen- und der Bienenbrunnen an der Piazza Barberini

Wo sich steinerne Bienen am Wasser laben

3-TED_23_x.jpg
24. Juli 2020

Bisher sind nur die Brunnen der Acqua Felice behandelt worden, die südlich und östlich des Moses-Brunnens liegen, der die Stelle bezeichnet, an der die Acqua Felice – die Wasserleitung, die Sixtus V. (Felice Peretti; 1585-1590) wieder instandsetzte – die Urbs erreichte. Vom Moses-Brunnen verläuft aber auch in südwestlicher Richtung ein Ast der Acqua Felice. Er speist einen der bekanntesten und schönsten Brunnen Roms, den Tritonen-Brunnen.

Inmitten der Piazza Barberini erhebt sich, gleicherweise imposant wie elegant, der Tritonen-Brunnen. Er gehört mit zu den bekanntesten Wahrzeichen der Ewigen Stadt.

Der Platz heißt so nach der eindrucksvollen Residenz der mächtigen Familie Barberini, aus welcher Papst Urban VIII. (Maffeo Barberini, 1623-1644) hervorging. Kurz nach seiner Wahl begannen seine Neffen Taddeo Barberini, Fürst von Palestrina, und dessen Bruder, der Kardinalnepot Francesco Barberini, mit dem Bau eines der ersten Barockpaläste Europas, der für viele spätere beispielhaft wurde.

Der Haupteingang befindet sich an der Via delle Quattro Fontane, denn der Platz existierte damals noch nicht und die Hauptverkehrsader führte auf der von Sixtus V. angelegten Straße von der Trinità dei Monti (Spanische Treppe) nach St. Johann im Lateran. Deshalb sieht man von dem prächtigen Palast vom Platz aus nur den oberen Teil. Der Streifen zum Platz hin wurde im Laufe der Urbanisierung durch bescheidene Häuser verdeckt.

Die Familie Barberini brachte mit Papst Urban VIII. einen überaus aktiven Oberhirten hervor, was das Kunstschaffen anbelangte. Dabei unterliefen ihm – wie es eigentlich überall geschieht – Fehler, die man in anonymen Sprüchen anprangerte, den »Pasquinate«, die man der »Pasquino« genannten Figur beim Palazzo Braschi umhängte. Der bekannteste ist wohl »Quod non fecerunt barbari, fecerunt Barberini« (»Was die Barbaren nicht zerstörten, machten die Barberini kaputt«). Das bezog sich auf die Tatsache, dass der Pontifex die originalen, noch aus der Entstehungszeit des Pantheons (Anfang 2. Jh. n. Chr.) stammenden Bronzebalken aus der Vorhalle dort entfernen ließ und daraus den weltbekannten Baldachin mit seinen monumentalen gewundenen Säulen über dem Petrusgrab im Petersdom und Kanonenkugeln für die Engelsburg gießen ließ.

Andererseits unterstützte er zahlreiche Künstler, die für ihn prunkvolle Paläste, Villen, elegante Brunnen, wunderbare Gemälde und Skulpturen realisierten. Im Besonderen war er der Mäzen von Gian Lorenzo Bernini, welcher in seinem Auftrag den Baldachin von St. Peter so weit fertigstellte, dass Urban VIII. den Petersdom im Jahr 1626 einweihen konnte. Außerdem fertigte er für Urban VIII. dessen Statue für sein monumentales Grabmal in St. Peter. Ferner arbeitete Bernini an der Familienresidenz mit und lieferte einen Entwurf für den Palazzo della Propaganda Fide an der Piazza di Spagna.

Den Tritonen-Brunnen verwirklichte Gian Lorenzo Bernini zwischen 1642-1643 im Zuge der Neugestaltung des Platzes, der bis dahin, umgeben von romantischen Weingärten, am Rande des eigentlichen Zentrums lag. Heute ist der Platz neben der Piazza Venezia einer der verkehrsreichsten der Altstadt. In seiner Mitte erhebt sich immer noch der auf seiner Muschel blasende Triton aus dem relativ großen, etwas über dem Straßenniveau erhöhten Becken.

Triton war ein Meeresgott der griechischen Sagenwelt, von dem später die ebenfalls mythologischen Tritonen abgeleitet wurden. Triton selbst soll der erste Sohn von Poseidon und Amphitrite (griechisch Ἀμφιτρίτη), Beherrscherin der Meere und berühmt für ihre Schönheit, gewesen sein. Triton konnte die Meere aufwühlen, wenn es aus seinem Tritonshorn erschallte oder aber auch wieder beruhigen. Übrigens lebt das nach ihm benannte Schalentier (Charonia tritonis, Tritonshorn), das zu den größten seiner Art zählt, noch heute in tropischen und subtropischen Meeren. Leider wird es wegen seiner ansehnlichen Dimensionen (bis zu 50 Zentimeter lang) viel gesammelt und gehört somit zu den gefährdeten Tierarten. Die Tritonen, wie man sie von Darstellungen aus der Antike allgemein kennt, stammen eben von Triton ab und sind, wie er, Mischwesen. Der Oberkörper ist der eines Menschen, der Unterkörper jener eines Fisches. Die Tritonen haben außerdem noch die Vorderbeine von Pferden.

Der goldene Palast des Triton, der in der Mythologie nicht oft erwähnt wird, stand in der Nähe oder gar direkt an den Ufern des Tritonischen Sees (gr.: » Τριτωνὶς λίμνη«. Lat.: »Tritonis Palus oder Lacus«), der vielleicht mit einem großen Salzsee im heutigen Südtunesien identifiziert werden könnte. Von hier strebte einst der Fluss Triton (»Τρίτων ποταμό«, transliteriert »Triton potamos«, das heißt der Fluss Triton) gemäß dem griechischen Historiker Herodot (geb. 490/480 v. Chr., gest. um 430/420 v. Chr.) dem Mittelmeer zu.

In einer Version der Argonauten-Sage heißt es, dass der Gott Triton die infolge eines Wirbelsturmes in der Wüste – eben wohl beim Tritonischen See – gestrandeten Schiffe der griechischen Helden (vielleicht über den gleichnamigen Fluss) wieder ins Meer brachte. Im Zeitalter des Hellenismus war sein Kult sehr verbreitet, wobei sich das Hauptheiligtum in Aulis in Griechenland befand, wo ihm ein Tempel gewidmet war. Während die Tritonen in der Mythologie eher selten vorkamen, waren sie indessen in der Kunst ein beliebtes Motiv.

Gian Lorenzo Bernini hielt den Meeresgott aus Travertin in dem Moment fest, als er – aus den Tiefen der See auftauchend – mit seiner Tritonen-Schnecke tönt. Er hockt dabei mit seinen schuppigen Flossen-Beinen auf zwei Muschelschalen (Jakobsmuschel), aus denen sein muskulöser Leib mit ebensolchen Armen herausragt, welche das Tritonshorn an seine Lippen halten. Den bärtigen Kopf zurückgelehnt, meint man seine geballte Kraft und Anstrengung zu spüren. Aus der Schnecke hoch oben spritzt ein Strahl, der in die beiden weiten, nach unten geneigten und gerippten Muschelschalen zurückfällt, von wo aus tausende glitzernde Tropfen in das Becken auf Straßenniveau gleiten. Die beiden flachen Muschelbecken werden von vier einzeln stehenden monströsen Delphinen mit ihren Schwanzflossen gestützt, während durch ihre offenen Mäuler in dem tiefsten Bassin das Wasser abfließt. Imposant lehnt zwischen den Delphinen an der Süd- und der Nordseite das Bienenwappen der Familie Barberini, aus der Papst Urban VIII. stammte, das an der Oberseite links und rechts von den mit den Schwanzflossen umschlungenen Schlüsseln Petri eingerahmt und von der Tiara bekrönt wird.

Der Triton Berninis, von dem man eigentlich nur den Oberkörper erkennen und das Gesicht nicht wirklich sehen kann, weist sehr menschliche Züge auf, während die meisten damaligen Tritonengestalten oft verzerrte Ungeheuer waren. Bei seiner Darstellung des Meeresgottes soll sich der große Meister an der Erzählung des römischen Dichters Ovid (Publius Ovidius Naso, 43 v. Chr. bis 17 n. Chr.) aus den »Metamorphosen« inspiriert haben. Dabei schildert dieser einen Triton, der während der Sintflut von Deukalion und Pyrrha auf Befehl Poseidons auftaucht und mit seiner Muschel blasend allen Fluten befiehlt, sich zurückzuziehen.

Vers 330

nec maris ira manet, positoque tricuspide telo mulcet aquas rector pelagi supraque profundum … caeruleum Tritona vocat, conchaeque sonanti inspirare iubet fluctusque et flumina signo

Vers 335

iam revocare dato: cava bucina sumitur illi … tum quoque, ut ora dei madida rorantia barba

Was sinngemäß übersetzt bedeutet:

330

Der Zorn des Meeres vergeht. Den Dreizack legt der Beherrscher des Meers (Poseidon) hin und glättet die Flut … und ruft den bläulichen Triton, auf dass er mit seiner tönenden Muschel den Fluten und den Flüssen zurückzufließen befiehlt.

335   schon ruft er sie zurück: er erhebt das hohle Tritonshorn … das wie jetzt seinen triefenden Bart benetzt.

Im übertragenen Sinn wurde hier die Großzügigkeit und Pracht Urbans VIII. verherrlicht. Einer anderen Theorie nach symbolisiert der Triton den unsterblichen Ruhm, den der Papst durch seine humanistischen Studien und literarischen Kenntnisse beziehungsweise Werke (Urban VIII. verfasste zahlreiche Gedichte) erreichte. Der Brunnen pries somit nicht nur Urban VIII., sondern auch seine Familie. Denn die Bienen im Wappen standen für den Triumph der Göttlichen Vorsehung und für Fleiß, die Delphine für die Wohltaten des Papstes.

Beim Tritonen-Brunnen verwendete das Barockgenie erstmals einen optischen Trick, den er später bei einem anderen Meisterwerk, dem Vier-Flüsse-Brunnen, weiter ausfeilte: Bernini stellte die Muschel, auf welcher der Triton thront, nicht auf eine Balustrade, oder einen fixen, statischen Sockel. Die vier Schwanzflossen einzelner Delphine stützen sie, sodass hier Licht und Luft durchströmen können. Die auf einem vermeintlichen Hohlraum stehende Fontäne scheint beinahe zu schweben, was dem gesamten Kunstwerk eine ungemeine Leichtigkeit und Eleganz verleiht.

An der Nordseite der Piazza Barberini liegt etwas versteckt der liebenswürdige Bienenbrunnen, ebenfalls ein Werk von Gian Lorenzo Bernini. Urban VIII. beauftragte ihn damit 1644, in seinem letzten Regierungsjahr. Ursprünglich lehnte der Brunnen an der Wand des Palazzo

Soderini zwischen der Piazza und der Via Sistina. Es war ein sehr einfacher Brunnen, der als Pferdetränke diente und mit seinen Bienen eigentlich ebenfalls ein Denkmal für die Familie Barberini war. Da er infolge des vermehrten Verkehrsaufkommens auf der Piazza störte, entfernte man ihn 1880. Fünfunddreißig Jahre später, 1915, beschloss man, den Brunnen wieder aufzustellen. Doch da man die einzelnen Teile nicht mehr fand, wurde der Bildhauer Adolfo Apolloni betraut, ihn zu rekonstruieren. So entstand der heutige Brunnen, von dem eigentlich nur der senkrechte Teil der Muschel mit den drei Bienen und der Inschrift, die an Urban VIII. gemahnt, als Original anzusehen ist. Im Jahre 1916 an der Einmündung der Via Veneto in die Piazza Barberini wieder aufgestellt, gibt es ihn da immer noch.

Die Piazza Barberini erinnert somit nicht nur durch ihren Namen, sondern vor allem auch mit den beiden wunderbaren Brunnen und dem nahegelegenen Palazzo, der heute eine berühmte Gemäldegalerie birgt, an einen bemerkenswerten Pontifex und seine Familie, welche die Ewige Stadt jahrzehntelang beherrschten.

Von Silvia Montanari