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Ein neuer Leitfaden für die Katechese

Beziehung und nicht nur Information

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10. Juli 2020

Die Vermittlung des Glaubens ist ein Werk der Evangelisierung, das die Menschen zu einer tieferen Beziehung zu Jesus führen und nicht nur Informationen vermitteln soll, heißt es im aktualisierten »Direktorium für Katechese«, das am 25. Juni veröffentlicht und in einer Pressekonferenz vorgestellt wurde. Es listet die Ziele und wesentlichen Elemente der Katechese auf und soll als Leitfaden für die Erstellung nationaler Katechismen dienen, die die Besonderheiten der lokalen Kultur und die Bedürfnisse von Katholiken in verschiedenen Alters- und Lebensphasen berücksichtigen. Die Katechese fällt in den Zuständigkeitsbereich des Päpstlichen Rats zur Förderung der Neuevangelisierung, dessen Präsident, Erzbischof Rino Fisichella, bei der Vorstellung anmerkte, dass das Direktorium eine Antwort auf Anfragen aus vielen Teilen der Welt, etwa den USA oder Osteuropa, darstelle und nach einer umfassenden internationalen Konsultation entstanden sei.

Der 143 Seiten umfassende und in 428 Nummern gegliederte Text knüpft an die beiden vorausgegangenen Direktorien von 1971 und 1997 an. Es trägt dem zeitgeschichtlichen Kontext Rechnung und nimmt lehramtliche Impulse auf. So beeinflussen die römische Bischofssynode über Die Neuevangelisierung zur Weitergabe des christlichen Glaubens (2012) und das Apostolische Schreiben Evangelii gaudium von Papst Franziskus (2013) das neue Direktorium. Gesellschaftliche Entwicklungen und kulturelle Kontexte verlangen eine permanente Erneuerung der Katechese: neue Wege, kreative Methoden und andere Ausdrucksformen in der Verkündigung (vgl. Evangelii gaudium, 11). Zudem fordern Digitalisierung und Globalisierung die Katechese heraus.

Wie von Papst Franziskus vorgegeben, stellt das Direktorium die Katechese unter den Primat der Evangelisierung. Unter diesem Vorzeichen führt das Direktorium in drei Teilen aus, was dies im Einzelnen bedeute. Der erste Teil bestimmt das Wesen der Katechese, nimmt ihre unterschiedlichen Subjekte – von den Bischöfen über die Priester bis zu den Katechetinnen und Katecheten – in den Blick und betont die Verantwortung der Kirche für eine entsprechende Qualifizierung all derer, die in der Katechese tätig sind.

Im zweiten Teil wird der Prozess der Katechese mit ihren methodischen und zielgruppenspezifischen Aspekten behandelt. Hier kommen neben Familien, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen auch Menschen mit Behinderungen oder mit Migrationshintergrund eigens in den Blick.

Der dritte Teil beschreibt Katechese im Horizont gesellschaftlicher und kultureller Entwicklungen. Säkularisierung und religiöser Pluralismus, Digitalisierung, Ökonomisierung und kulturelle Vielfalt kennzeichneten unsere Gesellschaften, in denen das Evangelium konkret, das heißt in die es inkulturiert werden müsse.

Bei der Vorstellung im Pressesaal verwies Erzbischof Fisichella auf die Herausforderungen durch eine neue »digitale Kultur«. Die Schnelligkeit, mit der sich die Sprache und auch das Verhalten in Beziehungen veränderten, »lässt ein neues Kommunikations- und Bildungsmodell erahnen, das unweigerlich auch die Kirche betrifft«, so der Kurienerzbischof. Da der Glaube ein Akt der Freiheit sei, der das ganze Leben umfasse, reiche die Darlegung von Glaubensinhalten allein nicht aus. Ein eigentliches Glaubensverständnis werde erst ausgehend von der Begegnung mit dem Herrn als neuer Lebenshorizont eröffnet. Der Kontext, in dem die Erfahrung des Katechumenats an Kraft gewinne, sei die Erfahrung geschenkter Vergebung und des neuen Lebens in der Gemeinschaft mit Gott, die daraus folge.

Neue Akzente

Erzbischof Fisichella verwies zudem auf einige neue Akzente. Ein erster Aspekt sei die Mystagogie, »vor allem eine erneuerte Wertschätzung der liturgischen Zeichen der christlichen Initiation und darüber hinaus das fortschreitende Heranreifen des katechetischen Prozesses, in den die gesamte Gemeinde einbezogen ist«. Die Mystagogie sei dabei »nicht fakultativ, sondern obligatorisch, weil sie immer tiefer in das geglaubte und gefeierte Geheimnis einfügt«. »Das Wissen um die Vorrangstellung des Mysteriums ist es, das die Katechese dazu führt, das Kerygma nicht aus seinem natürlichen Kontext zu isolieren. Verkündigung des Glaubens ist immer auch Verkündigung des Geheimnisses der Liebe Gottes, der zu unserem Heil Mensch wird. Die Antwort darf nicht davon absehen, das Geheimnis Christi im eigenen Inneren anzunehmen, um zu ermöglichen, dass es ein Licht wirft auf das Geheimnis der persönlichen Erfahrung (vgl. Gaudium et spes, 22)«.

Ein weiterer neuer Aspekt sei die Verbindung von Evangelisierung und Katechumenat: »Es ist dringend notwendig, die ›pastorale Umkehr‹ zu vollziehen, um die Katechese von einigen Hindernissen und Fehlern zu befreien, die ihre Wirksamkeit beeinträchtigen. Erstens das Muster der Schule, das heißt wenn die Katechese der christlichen Initiation nach dem Vorbild der Schule erfolgt. […] Der zweite Fehler ist die Einstellung, dass die Katechese dazu dient, ein Sakrament zu empfangen. Ist die Initiation abgeschlossen, wird die Katechese offensichtlich gegenstandslos. Ein dritter Fehler ist die Instrumentalisierung des Sakraments durch die Pastoral: Der Zeitplan für das Sakrament der Firmung wird bestimmt von der pastoralen Strategie, die kleine Herde der in der Pfarrei verbliebenen Jugendlichen nicht zu verlieren, und nicht von der Bedeutung, die das Sakrament an sich in der Heilsökonomie des christlichen Lebens besitzt.«

Ein Aspekt von besonderem Wert für die Katechese könne vor allem der Weg der Schönheit sein, um das große Erbe an Kunst, Literatur und Musik, das jede Ortskirche besitze, kennenzulernen. Ein letzter Aspekt, den das Direktorium unterstreiche, sei »die Hilfestellung, um nach und nach in das Geheimnis des Glaubens einzutauchen. Dieses Merkmal kann nicht an eine einzige Dimension des Glaubens oder der Katechese delegiert werden. Die Theologie erforscht das offenbarte Geheimnis mit den Mitteln des Verstandes. Die Liturgie feiert und vergegenwärtigt das Geheimnis im sakramentalen Leben. Die Liebe erkennt das Geheimnis im Nächsten, der die Hand ausstreckt. In gleicher Weise führt die Katechese nach und nach dazu, das Mysterium im täglichen Leben aufzunehmen und ganzheitlich zu leben. Das Direktorium eignet sich diese Sichtweise an, wenn es zu einer Katechese auffordert, die dafür sorgt, die Einheit des Geheimnisses zu wahren, auch wenn sie es in die verschiedenen Schritte aufgliedert. Wenn das Geheimnis in seiner tiefen Wirklichkeit erfasst wird, erfordert es Stille. Eine wahre Katechese wird nie versucht sein, alles über das Geheimnis Gottes zu sagen. Im Gegenteil, sie wird in den Weg der Kontemplation des Geheimnisses einführen müssen, indem sie um kontemplative Stille ringt.«

Der Präsident des Rats zur Förderung der Neuevangelisierung unterstrich: »Diese Katechese findet ihre Stärke in der Begegnung, die es erlaubt, die Gegenwart Gottes im Leben jedes Menschen zu erfahren. Ein Gott, der nahe ist, der liebt und die Geschehnisse unserer Geschichte begleitet, weil er sich durch die Menschwerdung des Sohnes unmittelbar mit ihr verbunden hat. Die Katechese muss jeden – den, der die Katechese erteilt, und den, der sie empfängt – ein­beziehen in diese Erfahrung der Gegenwart Gottes und in die Empfindung des Einbezogenseins in das Werk der Barmherzigkeit. So erlaubt eine derartige Katechese zu entdecken, dass der Glaube wirklich die Begegnung mit einer Person ist, noch bevor er ein moralischer Vorschlag ist, und dass das Christentum keine Religion der Vergangenheit ist, sondern ein Ereignis der Gegenwart. Eine solche Erfahrung fördert das Verständnis der persönlichen Freiheit, weil sie die Frucht der Entdeckung einer Wahrheit ist, die befreit (vgl. Joh 8,31).«

Zeichen der Zeit

»Das neue Dokument achtet sehr auf die Zeichen der Zeit und versucht, sie im Lichte des Evangeliums zu interpretieren«, erläuterte der frühere Limburger Bischof, Franz-Peter Tebartz-van Elst, der seit 2015 Delegat für die Katechese im Rat ist. Die gegenwärtige ökologische Krise spiele in dem aktuellen Direktorium ebenso eine Rolle wie veränderte Fragen der Glaubensweitergabe innerhalb der Familie, so Tebartz-van Elst. Er erhoffe sich von den Richtlinien »neue Inspiration und Motivation« für die gesamte Weltkirche.

Der Glaube, den es weiterzugeben gelte, werde von dem neuen Handbuch nicht als monolithischer Block verstanden, »etwas, das man in ein paar Sätzen ausdrücken könnte«. Stattdessen ziele der Text »auf ein Zeugnis, das zu weiteren Zeugnissen führt«.

»Betont wird die spezifische Verantwortung für die Katechese, vom Bischof als erstem Katecheten seines Bistums bis zu den Großeltern.« Katecheten sollten »sich den Glauben sehr persönlich zu eigen machen«, so Tebartz-van Elst; dazu könne man an eine moderne Form des Katechumenats denken, wie es in der frühen Chris­tenheit gang und gäbe war.

Die deutschsprachige Fassung des neuen Dokuments für die Katechese ist in einer Arbeitsübersetzung des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz unter www.dbk.de verfügbar. Das Dokument »Direktorium für die Katechese« erscheint Ende August 2020 als Broschüre in der Reihe »Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls« (Nr. 224) und kann dann bei der Deutschen Bischofskonferenz in der Rubrik Publikationen bestellt werden.