· Vatikanstadt ·

Bei der Frühmesse in Santa Marta betet Franziskus dafür, dass Gott die Herzen der Mafiosi und Wucherer berühre

Für die Bekehrung der vielen Judasse von heute

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08. April 2020

Bei der Einleitung zur Messfeier betete Papst Franziskus für die Bekehrung derer, die in dieser Zeit der Pandemie die Bedürftigen ausbeuten:

Lasst uns heute für die Menschen beten, die in dieser Zeit der Pandemie Handel mit den Bedürftigen treiben: sie nützen die Notlage der anderen aus und machen damit Geschäfte: die Mafiosi, die Wucherer und viele andere. Möge der Herr ihre Herzen berühren und sie bekehren.

In seiner Predigt kommentierte Franziskus das Evangelium nach Matthäus (Mt 26,14-25), das vom Verrat des Judas spricht:

Der Mittwoch in der Karwoche wird auch der »Mittwoch des Verrats« genannt, der Tag, an dem in der Kirche der Verrat des Judas betont wird. Judas verkauft den Meister.

Wenn wir an den Verkauf von Menschen denken, fällt uns der Handel mit Sklaven aus Afrika ein, um sie nach Amerika zu bringen – eine alte Geschichte – sodann der Handel beispielsweise mit den Jesiden-Mädchen, die im Daesh verkauft wurden: aber das ist weit weg, das ist etwas... Auch heute verkauft man Menschen. Jeden Tag. Es gibt da so manchen Judas, der seine Brüder und Schwestern verkauft, sie bei ihrer Arbeit ausbeutet, nicht den gerechten Lohn zahlt, seine Pflichten nicht anerkennt... Ja, manchmal verkaufen sie die selbst ihr Liebstes. Ich denke, dass ein Mensch, um es bequemer zu haben, dazu imstande ist, seine Eltern zu entfernen und sie nicht mehr zu sehen, sie sicher in ein Altenheim zu stecken und sie nicht besuchen zu gehen... er verkauft. Es gibt ein weitverbreitetes Sprichwort, das, wenn von solchen Leuten die Rede ist, sagt, dass »der da sogar imstande ist, seine eigene Mutter zu verkaufen«: und sie verkaufen sie. Jetzt sind sie ruhig, sie sind weg: »Kümmert euch ihr um sie«.

Heute blüht der Menschenhandel wie in früheren Zeiten: Man treibt ihn. Und warum ist das so? Weil - Jesus hat es gesagt. Er hat dem Geld eine Herrschaft zugeschrieben. Jesus hat gesagt: »Man kann nicht Gott und dem Geld dienen« (vgl. Lk 16,13), zwei Herren. Das ist das Einzige, was Jesus in die Höhe stellt, und ein jeder von uns muss seine Wahl treffen: Entweder du dienst Gott, und bist dann frei in der Anbetung und im Dienst, oder du dienst dem Geld und bist dann ein Sklave des Geldes. Das ist die Alternative, und viele Menschen wollen Gott und dem Geld dienen. Und das ist nicht möglich. Am Ende tun sie so, als dienten sie Gott, um dem Geld zu dienen. Das sind die heimlichen Ausbeuter, die sozial untadelig sind, aber hinterrücks treiben sie Handel, auch mit Menschen: spielt keine Rolle. Die Ausbeutung des Menschen besteht darin, den Nächsten zu verkaufen.

Judas ist nicht mehr da, aber er hat Jünger hinterlassen, die nicht etwa seine Jünger sind, sondern Jünger des Teufels. Wir wissen nicht, wie das Leben des Judas ausgesehen hat. Vielleicht ein ganz normaler Junge, und auch voller Unrast, weil der Herr ihn zum Jünger berufen hat. Es ist ihm nie gelungen, das zu sein: er hatte weder den Mund eines Jüngers noch das Herz eines Jüngers, wie wir in der ersten Lesung gehört haben. Er war schwach als Jünger, aber Jesus liebte ihn... Sodann macht uns das Evangelium deutlich, dass er das Geld liebte: im Haus des Lazarus, als Maria die Füße Jesu mit diesem teuren Nardenöl salbt, stellt er seine Überlegung an, und Johannes betont: »Aber er sagte es nicht, weil er die Armen liebte: weil er ein Dieb war« (vgl. Joh 12,6). Die Liebe zum Geld hatte ihn alle Regeln vergessen lassen, hatte ihn dazu gebracht, zu stehlen, und vom Stehlen zum Verrat – das ist ein winzig kleiner Schritt. Wer das Geld allzu sehr liebt, der verrät, um noch mehr zu haben, immer: das ist eine Regel, das ist eine Tatsache. Der junge Judas, der vielleicht gut war, gute Absichten hatte, endet als Verräter, was dann so weit geht, dass er auf den Markt geht, um zu verkaufen: »Er ging zu den Hohepriestern und sagte: Was wollt ihr mir geben, wenn ich euch Jesus ausliefere?« Meiner Meinung nach war dieser Mann nicht bei Sinnen.

Etwas, das meine Aufmerksamkeit erregt, ist, dass Jesus niemals »Verräter« zu ihm sagt. Er sagt, dass er verraten werde, aber er bezeichnet ihn nicht als »Verräter«. Er sagt nie: »Verschwinde, Verräter«. Niemals! Tatsächlich sagt er: »Freund«, und er küsst ihn. Das Mysterium des Judas... was ist das Mysterium des Judas? Ich weiß nicht... Don Primo Mazzolari hat es besser erklärt als ich... Ja, es tröstet mich, über das Kapitell von Vezelay nachzudenken: Wie endete Judas? Ich weiß es nicht. Jesus spricht hier eine heftige Drohung aus, er droht heftig: »Weh dem Menschen, durch den der Menschensohn ausgeliefert wird! Für ihn wäre es besser, wenn er nie geboren wäre!« Aber heißt das nun, dass Judas in der Hölle ist? Ich weiß es nicht. Ich schaue auf das Kapitell. Und ich höre das Wort Jesu: »Freund«.

Das aber lässt uns an etwas anderes denken, das realer ist, zeitgemäßer: In Judas ist der Teufel gefahren, es war der Teufel, der ihn zu diesen Punkt gebracht hat. Und wie ging die Geschichte zu Ende? Der Teufel ist ein schlechter Zahlmeister: er ist kein zuverlässiger Zahler. Er verspricht dir alles, er lässt dich alles sehen und am Ende lässt er dich in deiner Verzweiflung allein, so dass du dich aufhängst.

Das unruhige Herz des Judas, gequält durch Gier und umgetrieben durch die Liebe zu Jesus, durch eine Liebe, die es nicht geschafft hat, Liebe zu werden, gequält durch diesen Nebel, kehrt zu den Priestern zurück und bittet um Vergebung, er bittet um Heil. »Was geht das uns an? Das ist deine Sache...« (vgl. Mt 27,4): so redet der Teufel und lässt uns in Verzweiflung zurück.

Denken wir an so viele institutionalisierte Judasse in dieser Welt, die Menschen ausbeuten. Und denken wir auch an den kleinen Judas, den jeder von uns in der Stunde der Entscheidung in sich trägt: der Stunde der Wahl zwischen Loyalität und Interesse. Jeder von uns ist fähig, zu verraten, zu verkaufen und im eigenen Interesse zu wählen. Jeder von uns hat die Möglichkeit, sich von der Liebe zum Geld oder zu Gütern oder zum zukünftigen Wohlstand verlocken zu lassen. »Judas, wo bist du?« Aber diese Frage stelle ich jedem von uns: »Du, Judas, der kleine Judas, den ich in mir habe: wo bist du?«

Der Papst lud dann die Menschen, die nicht zur Kommunion gehen können, mit dem Gebet von Kardinal Rafael Merry del Val zur geistlichen Kommunion ein:

»Zu Deinen Füßen, lieber Jesus, werfe ich mich nieder und schenke Dir den Reueschmerz meines zerknirschten Herzens. Ich beuge mich tief in meinem Nichts vor Deiner heiligen Gegenwart. Ich bete Dich an im Sakrament Deiner Liebe, in dem unsagbar großen und heiligen Sakrament des Altares. Ich wünsche Dich aufzunehmen in die armselige Wohnung, die meine Seele Dir bieten kann. In Erwartung des Glückes der wirklichen heiligen Kommunion möchte ich Dich geistigerweise empfangen. Komme zu mir, lieber Jesus, denn ich komme zu Dir. Möge Deine Liebe mein ganzes Wesen besitzen im Leben und im Tode! Ich glaube an Dich, ich hoffe auf Dich, ich liebe Dich. Amen«.