Für Menschen am Rand der Gesellschaft

Abraham und die drei Dimensionen des christlichen Lebens

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02. April 2020

Zu Beginn der heiligen Messe am Morgen des 2. April sagte Papst Franziskus einige Worte zu seinem besonderen Gebetsanliegen:

»In diesen Tagen des Schmerzes und der Trauer zeigen sich viele versteckte Probleme. In der Zeitung ist heute ein Foto zu sehen, das ins Herz trifft: so viele Obdachlose einer Stadt, die auf einem Parkplatz liegen, unter Beobachtung ... Es gibt heute so viele Obdachlose. Wir bitten die heilige Teresa von Kalkutta, in uns das Gefühl der Nähe zu den vielen Menschen zu wecken, die versteckt in der Gesellschaft, im normalen Leben, leben, aber wie die Obdachlosen im Moment der Krise auf diese Weise sichtbar werden.«

In seiner Predigt ging der Papst auf die Gestalt Abrahams ein, der sowohl in der ersten Lesung (Gen 17,1a.3-9) als auch im Evangelium (Joh 8,5-59) erwähnt wurde. Dieser sei in dreifacher Hinsicht ein Vorbild für die Christen. Franziskus sagte:

»Ewig denkt der Herr an seinen Bund. Das haben wir im Antwortpsalm wiederholt (vgl. Ps 5,8). Der Herr vergisst nicht, er vergisst niemals. Doch, er vergisst nur in einem Fall, nämlich wenn er die Sünden vergibt. Nachdem er sie vergeben hat, verliert er die Erinnerung an sie, er erinnert sich nicht an die Sünden. In den anderen Fällen vergisst Gott nicht. Seine Treue ist Erinnerung. Seine Treue zu seinem Volk. Seine Treue zu Abraham ist die Erinnerung an die Verheißungen, die er ihm gegeben hatte. Gott hat Abraham erwählt, um einen Weg zu bahnen. Abraham ist ein Erwählter, er war ein Erwählter. Gott hat ihn erwählt.

Dann hat er ihm in dieser Erwählung ein Erbe verheißen und heute im Abschnitt aus dem Buch Genesis gibt es einen weiteren Schritt. ›Das ist mein Bund mit dir‹ (Gen 17,4). Der Bund. Ein Bund, der ihn in der Ferne seine Fruchtbarkeit erkennen lässt: ›Du wirst Stammvater einer Menge von Völkern‹ (ebd.). Die Erwählung, die Verheißung und der Bund, das sind die drei Dimensionen des Glaubenslebens, die drei Dimensionen des christlichen Lebens.

Jeder von uns ist ein Erwählter, niemand trifft selbst die Wahl aus den vielen Möglichkeiten, die ihm der religiöse ›Markt‹ bietet, Christ zu sein, sondern er ist ein Erwählter. Wir sind Christen, weil wir erwählt wurden. In dieser Erwählung liegt eine Verheißung, eine Verheißung der Hoffnung, und das Zeichen ist die Fruchtbarkeit: ›Abraham, du wirst zum Stammvater einer Menge von Völkern werden und … du wirst im Glauben fruchtbar sein‹(vgl. Gen 17,5-6). Dein Glaube wird in Werken, in guten Werken, erblühen, auch in Werken der Fruchtbarkeit, ein fruchtbarer Glaube.

Aber du musst – das ist der dritte Schritt - ›meinen Bund halten‹ (vgl. Gen 17,9). Und der Bund ist Treue, treu sein. Wir sind erwählt, der Herr hat uns eine Verheißung gegeben und jetzt bittet er uns um einen Bund. Einen Bund der Treue. Jesus sagt, dass Abraham jubelte, weil er seinen Tag sehen sollte, den Tag der großen Fruchtbarkeit, seinen Sohn – Jesus war Sohn Abrahams (vgl. Joh 8,56) -, der gekommen war, um die Schöpfung neu zu machen, was schwieriger ist, als sie zu erschaffen, wie die Liturgie sagt. Er ist gekommen, um uns von unseren Sünden zu erlösen, um uns zu befreien.

Der Christ ist nicht Christ, weil er ›den Glauben der Taufe‹ vorweisen kann: der ›Taufglaube‹ ist ein Papier. Du bist Christ, wenn du Ja sagst zur Erwählung durch Gott, wenn du den Verheißungen folgst, die der Herr dir gegeben hat, und wenn du einen Bund mit dem Herrn lebst: Das ist das christliche Leben. Die Sünden auf dem Weg richten sich immer gegen diese drei Dimensionen: Die Erwählung nicht akzeptieren und dann selbst viele Götzen zu ›erwählen‹, so viele Dinge, die nicht von Gott sind. Die Hoffnung auf die Verheißung nicht akzeptieren, vorangehen, die Verheißung aus der Ferne sehen, sie oft auch, wie der Hebräerbrief (vgl. 11,13) sagt, von fern gegrüßt haben, und dann so zu handeln, dass die Verheißungen heute an die kleinen Götzen gebunden sind, die wir uns machen. Und den Bund vergessen, ohne Bund leben, als wären wir ohne Bund.

Die Fruchtbarkeit ist die Freude, jene Freude Abrahams, der den Tag Jesu sah und voller Freude war (vgl. Joh 8,56). Das ist die Offenbarung, die uns das Wort Gottes heute über unsere christliche Existenz schenkt. Und diese soll so sein wie die unseres Vaters: erfüllt vom Bewusstsein, erwählt zu sein; von der Freude, auf eine Verheißung zuzugehen; und von der Treue bei der Erfüllung des Bundes.«

Der Papst lud alle, die die sakramentale Kommunion nicht empfangen können, mit dem folgenden Gebet zur geistlichen Kommunion ein: »Mein Jesus, ich glaube, dass du im allerheiligsten Sakrament des Altares zugegen bist. Ich liebe dich über alles und meine Seele sehnt sich nach dir. Da ich dich aber jetzt im Sakrament des Altares nicht empfangen kann, so komme wenigstens geistigerweise zu mir. Ich umfange Dich, als wärest Du schon bei mir und vereinige mich mit Dir! Ich bete Dich in tiefster Ehrfurcht an. Lass nicht zu, dass ich mich je von Dir trenne.«

Zum Abschluss der Messfeier folgten eine Zeit der Anbetung und der eucharistische Segen.