· Bei der Feier des Hochfestes des heiligen Josef lud Franziskus zur geistlichen Kommunion ein ·

An der Seite der Häftlinge

Santa Marta
20. März 2020

»Alle, die weit weg sind und die Messe über das Fernsehen verfolgen, lade ich ein, die geistliche Kommunion zu empfangen«. Die Worte des Bischofs von Rom – beim Augenblick der Eucharistiefeier am Donnerstagmorgen, 19. März, in der Kapelle des Hauses Santa Marta – haben die Einheit des christlichen Volkes in dieser Zeit der Pandemie weiter gestärkt. Insbesondere für die Gefangenen brachte der Papst am Tag des Hochfestes des heiligen Josef, das mit dem siebten Jahrestag des Beginns seines Dienstes als Nachfolger Petri zusammenfiel, das Messopfer dar, was live in Streaming übertragen wurde.

 

»Lasst uns heute für die Brüder und Schwestern beten, die im Gefängnis sind«, sagte Franziskus in freier Rede zu Beginn des Gottesdienstes. »Sie leiden sehr unter der Ungewissheit, was im Gefängnis geschehen wird, und denken wir auch an ihre Familien, wie es ihnen geht, ob jemand krank sei, ob etwas fehle. Wir sind heute den Gefangenen nahe, die in diesem Augenblick der Unsicherheit und des Schmerzes sehr leiden«. Und um seinem Gebet noch mehr Nachdruck zu verleihen verlas der Papst als Eröffnungsvers die Wortes aus dem Lukasevangelium (12,42): »Seht, das ist der treue und kluge Hausvater, dem der Herr seine Familie anvertraut, damit er für sie sorge«.

Für seine Betrachtungen ging Franziskus in der Predigt dann vom Abschnitt aus dem Evangelium nach Matthäus (1,16.18-21.24) aus, wobei er die hochaktuelle Natur der Heiligkeit des Schutzherren der universalen Kirche nachzeichnete. »Das Evangelium sagt uns, dass Josef ›gerecht‹ war, das heißt ein Mann des Glaubens, der den Glauben lebte. Ein Mann, der in die Liste all jener Menschen des Glaubens aufgenommen werden kann, die wir heute im Stundengebet erwähnt haben«, erklärte der Papst, der sich auf den Abschnitt aus dem Brief an die Hebräer (11,1-16) bezog. »Jene Menschen«, erklärte er, »die den Glauben als Grundlage des Erhofften gelebt haben, als Garantie für das, was man nicht sieht«.

»Josef ist ein Mann des Glaubens: deshalb war er ›gerecht‹. Nicht nur, weil er diesen Glauben glaubte, sondern weil er ihn auch lebte«, fuhr der Papst fort. Ja, »ein ›gerechter‹ Mann. Er wurde erwählt, um einen Menschen zu erziehen, der wahrer Mensch, aber auch Gott war: es brauchte einen Mensch-Gott, um einen solchen Menschen zu erziehen, aber den gab es nicht«. Und so »wählte der Herr einen ›Gerechten‹«, sagte der Papst, »einen Mann des Glaubens, einen Menschen, der fähig war, ein Mensch zu sein, und der auch fähig war, mit Gott zu sprechen, in das Geheimnis Gottes einzutreten«. Und »das war das Leben Josefs: seinen Beruf, sein Leben als Mensch zu leben und in das Geheimnis einzutreten«.

Josef, so der Papst, »war [also] ein Mann, der imstande war, mit dem Geheimnis zu sprechen, mit dem Geheimnis Gottes in einen Dialog zu treten«. Doch »er war kein Träumer. Er trat in das Geheimnis ein. Mit derselben Natürlichkeit, mit der er sein Handwerk ausübte, mit dieser Präzision seines Handwerks: er konnte einen millimetergenauen Winkel auf dem Holz einstellen, er wusste, wie man das macht; er konnte die Oberfläche eines Holzes um einen Millimeter absenken«. Er »war gerecht, er war präzise, doch er war auch in der Lage, in das Geheimnis einzutreten, das er nicht kontrollieren konnte«.

Und »das ist die Heiligkeit Josefs: sein Leben, sein Handwerk mit Rechtschaffenheit, mit Professionalität voranzubringen. Und als der Augenblick kommt, in das Geheimnis einzutreten«. Außerdem, so merkte der Papst an: »Wenn das Evangelium von den Träumen Josefs spricht, macht es uns das verständlich: er tritt in das Geheimnis ein«.

Aus dieser Perspektive unterstrich der Bischof von Rom die Kraft der Aktualität des Zeugnisses des heiligen Josef: »Ich denke an die Kirche, heute, an diesem Hochfest des heiligen Josef. Unsere Gläubigen, unsere Bischöfe, unsere Priester, unsere geweihten Männer und Frauen, die Päpste: Sind sie dazu imstande, in das Geheimnis einzutreten? Oder müssen sie sich nach den Vorschriften richten, die sie vor dem schützen, was sie nicht kontrollieren können?« Aber »wenn die Kirche die Möglichkeit verliert, in das Geheimnis einzutreten, dann verliert sie die Fähigkeit zur Anbetung. Das Gebet der Anbetung kann man erst dann sprechen, wenn man in das Geheimnis Gottes eintritt«.

Mit dieser Betrachtung forderte der Papst dazu auf, »den Herrn um die Gnade zu bitten, dass die Kirche in der Konkretheit des täglichen Lebens und auch in der ›Konkretheit‹ – in Anführungszeichen – des Geheimnisses leben kann«. Und »wenn sie dies nicht tun kann, wird sie eine halbe Kirche sein, eine fromme Vereinigung, die nach Vorschriften, aber ohne den Sinn für die Anbetung vorangebracht wird«.

Denn, so insistierte der Papst: »In das Geheimnis eintreten heißt nicht träumen. In das Geheimnis eintreten ist genau das: anbeten«. Mit anderen Worten: »In das Geheimnis eintreten heißt, heute das zu tun, was wir in Zukunft tun werden, wenn wir vor das Angesicht Gottes kommen werden: anbeten«. Möge »der Herr der Kirche diese Gnade schenke«, endete Franziskus, der im Augenblick der Kommunion dazu mahnte, die geistliche Erfahrung all derer zu leben, die dieser Zeit die Messe über den Fernseher verfolgen. Und er las das Gebet, das Kardinal Merry del Val verfasst hatte: »Zu Deinen Füßen, lieber Jesus, werfe ich mich nieder und schenke Dir den Reueschmerz meines zerknirschten Herzens. Ich beuge mich tief in meinem Nichts vor Deiner heiligen Gegenwart. Ich bete Dich an im Sakrament Deiner Liebe, in dem unsagbar großen und heiligen Sakrament des Altares. Ich wünsche Dich aufzunehmen in die armselige Wohnung, die meine Seele Dir bieten kann. In Erwartung des Glückes der wirklichen heiligen Kommunion möchte ich Dich geistigerweise empfangen. Komme zu mir, lieber Jesus, denn ich komme zu Dir. Möge Deine Liebe mein ganzes Wesen besitzen im Leben und im Tode! Ich glaube an Dich, ich hoffe auf Dich, ich liebe Dich. Amen«.

Der Papst beendete die Messe mit der Anbetung und dem eucharistischem Segen. Zur Mittagsstunde leitete in der Vatikanischen Basilika Kardinal-Erzpriester Angelo Comastri einen Augenblick des marianischen Gebets mit dem Gebet des Angelus und des Rosenkranzes.