In der Frühmesse in Santa Marta fordert der Papst dazu auf, für die Männer und Frauen zu beten, die den Krankenpflegeberuf als Berufung ausüben

Heldenmütige Vorbilder

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12. Mai 2020

Zu Beginn der Frühmesse in der Kapelle des Hauses Santa Marta am Dienstag, 12. Mai, betete Papst Franziskus insbesondere für die in den Pflegeberufen Tätigen: »Heute ist der Tag der Pflege. Gestern habe ich eine Botschaft veröffentlicht, und heute beten wir für die Krankenpfleger und -schwestern, Männer, Frauen, junge Männer und Frauen, die diesen Beruf ausüben, der mehr ist als nur ein Beruf, es ist eine Berufung, eine hingebungsvolle Tätigkeit. Möge der Herr sie segnen. Sie waren in dieser Zeit der Pandemie ein Vorbild der Heldenhaftigkeit, und einige haben ihr Leben hingegeben. Lasst uns für die Krankenpfleger und -schwestern beten.«

In seiner Predigt nahm der Papst Bezug auf das Tagesevangelium, das dem Abschnitt der Abschiedsrede Jesu beim Letzten Abendmahl entnommen war, der sich mit der Bedeutung des wahren Friedens auseinandersetzt (Joh 14,27-31). Er sagte:

Bevor er geht, verabschiedet sich der Herr von den Seinen und schenkt ihnen seinen Frieden, den Frieden des Herrn: »Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht, wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch« (V. 27). Es handelt sich dabei nicht um den Weltfrieden, jenen Frieden, in dem es keine Kriege gibt, von dem wir alle gerne hätten, dass er immer herrsche, sondern um den Frieden des Herzens, den Frieden der Seele, den Frieden, den ein jeder von uns in sich hat. Und der Herr schenkt ihn, betont dabei aber: »nicht, wie die Welt ihn gibt« (V. 27). Aber wie gibt die Welt den Frieden, und wie gibt ihn der Herr? Handelt es sich dabei um verschiedene Arten des Friedens? Ja. Die Welt schenkt dir den »inneren Frieden«, wir reden von dieser Art des Friedens, dem Frieden deines Lebens, diesem leben mit einem »Herzen, das in Frieden ist«. Sie schenkt dir den inneren Frieden, als sei er etwas, das du besitzt, das dir gehört und das dich von der Welt absondert, das dich in dir selbst erhält, es ist etwas, das du dir erworben hast: ich habe den Frieden. Und ohne dass es dir auch nur bewusst würde, verschließt du dich in diesem Frieden, der ein Friede ist, der just für dich ist, für eine Person, für jeden Einzelnen; es ist ein einsamer Friede, ein Friede, der dich ruhig und glücklich macht. Und in dieser Ruhe, in diesem Glück nickst du ein, wirst betäubt und dazu gebracht, in aller Ruhe für dich selbst zu bleiben. Es ist etwas egoistisch: mein Friede, in mir eingeschlossen. Das ist der Friede, den die Welt gibt (vgl. V. 27). Es ist ein teurer Friede, denn du musst unentwegt die »Werkzeuge des Friedens« wechseln: wenn etwas dich begeistert, dann schenkt es dir Frieden, dann erschöpft es sich und du musst etwas Neues finden… Es ist teuer, weil es provisorisch und steril ist.

Der Friede, den Jesus gibt, ist hingegen etwas ganz anderes. Es ist ein Friede, der dich in Bewegung setzt, der dich nicht isoliert, er setzt dich in Bewegung, er bringt dich dazu, auf die anderen zuzugehen, er schafft Gemeinschaft, er stellt Kommunikation her. Der Friede der Welt ist teuer, der Friede Jesu ist unentgeltlich, er ist gratis: er ist eine Gabe des Herrn: der Friede des Herrn. Er ist fruchtbar, er bringt dich immer voran. Ein Beispiel aus dem Evangelium, das mich stets daran denken lässt, wie der Friede der Welt geartet ist, ist jener Mann, der volle Kornspeicher hatte, und auch die Ernte jenes Jahres schien reichen Ertrag zu versprechen, und er dachte: »Ich werde meine Scheunen abreißen und größere bauen; dort werde ich mein ganzes Getreide und meine Vorräte unterbringen. Dann werde ich zu meiner Seele sagen: Seele, nun hast du einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Ruh dich aus, iss und trink und freue dich!« Da sprach Gott zu ihm: »Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern« (vgl. Lk 12,13-21). Es ist ein [welt]immanenter Friede, der dir die Tore des Jenseits nicht öffnen wird. Der Friede des Herrn hingegen ist offen dahin, wo er hingegangen ist, er ist zum Paradies hin offen. Es ist ein fruchtbarer Friede, der sich öffnet und auch andere Menschen mit dir ins Paradies bringt. Ich denke, es hilft uns, ein wenig zu denken: Welcher Art ist mein Friede, wo finde ich Frieden? In den Dingen, im Wohlbefinden, in Reisen – aber jetzt gerade, dieser Tage kann man nicht reisen -, in Besitztümern, in vielen Dingen, oder finde ich den Frieden, der ein Geschenk des Herrn ist? Muss ich für den Frieden zahlen, oder empfange ich ihn unentgeltlich vom Herrn? Wie ist mein Friede geartet? Werde ich wütend, wenn ich etwas nicht habe? Das ist nicht der Friede des Herrn. Das ist eine der Prüfungen. Bin ich ruhig in meinem Frieden, »nicke ich ein«? Dann ist er nicht vom Herrn. Bin ich in Frieden und will es den anderen Menschen vermitteln und etwas voranbringen? Das ist der Friede des Herrn! Bleibt dieser Friede bei mir auch in schlimmen, schwierigen Augenblicken? Dann ist es der Friede des Herrn. Und der Friede des Herrn ist auch für mich fruchtbar, weil er voller Hoffnung ist, weil er auf den Himmel ausgerichtet ist. Gestern – verzeiht, wenn ich diese Dinge anspreche, aber es sind Dinge des Lebens, die mir gut tun – gestern habe ich von einem Priester einen Brief bekommen, von einem guten, einem tüchtigen Priester, und er hat mir gesagt, dass ich wenig über den Himmel spreche, dass ich mehr darüber sprechen sollte. Und er hat recht, er hat recht. Deshalb habe ich heute Folgendes betonen wollen: dass der Friede – der, den uns Jesus schenkt – ein Friede sowohl für jetzt als auch für die Zukunft ist. Es heißt, bereits damit anzufangen, den Himmel zu erleben, mit der Fruchtbarkeit des Himmels. Er ist keine Betäubung. Jener andere Friede hingegen schon: Du betäubst dich mit den Dingen der Welt, und wenn die Dosis des Betäubungsmittel aufhört zu wirken, dann nimmst du eine andere und noch eine und noch eine weitere… Das hingegen [der Friede Jesu] ist ein endgültiger, fruchtbarer und auch ansteckender Friede. Er ist nicht narzisstisch, weil er immer auf den Herrn schaut. Jener andere Friede hingegen schaut auf dich, er ist ein wenig narzisstisch.

Möge der Herr uns diesen Frieden voller Hoffnung schenken, der uns fruchtbar macht, der uns mit den anderen kommunizieren lässt, der Gemeinschaft schafft und der immer auf den definitiven Frieden des Paradieses schaut.